Hellas Channel
Manchmal Wochen … Manchmal Monate … Und da sie ihre Kinder sonst nirgendwo in Pflege lassen können, nehme ich sie bis zu ihrer Rückkehr in meine Obhut.«
Auf dem Tischchen im Wohnzimmer steht ein Telefonapparat. Ich rufe Thanassis an. »Schick umgehend eine Polizeibeamtin in die Koumanoudi-Straße 34 in Gysi. Dritte Etage. Und setz dich mit dem Sozialamt in Verbindung. Sie sollen gleich eine Säuglingsschwester zur selben Adresse losschicken. Mach schnell, es ist dringend.«
»Was hat das zu bedeuten?« fragt mich die Dourou, als ich auflege.
»Das heißt, daß Sie und die junge Frau mit mir in das Polizeipräsidium fahren werden.«
»Sie nehmen mich fest? Unter welcher Anklage denn?« Jedes Mal, wenn Gefahr im Verzug ist, findet sie zu ihrer kaltschnäuzigen Gelassenheit zurück.
»Vorläufig möchte ich Ihnen einige Fragen stellen. Alles weitere wird sich später entscheiden.«
Ich würde gerne vor Freude hüpfen, doch die Dourou ist ein gewieftes Frauenzimmer, und so halte ich mich zurück, um meinen Triumph nicht zu verraten. Besser, ich lasse sie im ungewissen schmoren.
»Setzen Sie sich«, sage ich zur Dourou. »Sobald die Polizeibeamtin mit der Säuglingsschwester eintrifft, machen wir uns auf den Weg.«
Sie zögert einen Augenblick. Dann entschließt sie sich, sich ganz locker zu geben. Wir sitzen wortlos in den beiden Sesseln, während die Kleinkinder zu unseren Füßen spielen. Immer wieder kommt ein Kind auf die Dourou zu und zeigt ihr sein Spielzeug. Sie streichelt es und spricht auf es ein. Und als zwischen zwei Kindern ein Streit ausbricht, nimmt sie das eine in den Arm, um es zu beruhigen. Ich bin von der Zärtlichkeit beeindruckt, die sie den Kindern entgegenbringt. Mir gegenüber stehen zwei Männer der Sondereinheit. Sie haben ihre Maschinengewehre diskret zur Seite sinken lassen. Sobald sie zurückkehren, werden sie mich in der ganzen Abteilung zum Narren erklären, weil ich auszog, um mit der Sondereinheit für Verbrechensbekämpfung Säuglinge festzunehmen.
Nach einer halben Stunde trifft die Polizeibeamtin zusammen mit der Säuglingsschwester ein. Während ich der ersten Anweisungen gebe, klärt die Dourou die Säuglingsschwester über das Wichtigste auf. Wann sie die Kinder füttern soll, wann sie den Säuglingen die Flasche geben soll, und sie zeigt ihr, wo sie was findet.
»Gehen wir«, sage ich zu ihr, als wir fertig sind, und rufe den Mann der Sondereinheit herbei, der die junge Frau in der Küche in Gewahrsam hält.
Die junge Frau blickt mit den Augen eines gefangenen Tieres um sich.
»Hab keine Angst, es ist nichts«, sagt die Dourou auf griechisch zu ihr, doch das scheint sie nicht zu überzeugen.
Als wir auf den Fahrstuhl warten, reißt sich die junge Frau unerwartet aus dem Griff des Mannes der Sondereinheit los und hetzt auf die Treppe zu. Der Mann wird ihrer auf der dritten Stufe habhaft und bringt sie zurück.
Auf den Balkonen und an den Fenstern der umliegenden Wohnhäuser drängen sich Trauben von Schaulustigen. Eine Horde Reporter und Kameraleute versperrt den Zugang zum Wohnhaus. Sobald sie mich erblicken, stürzen sie sich auf mich und strecken ihre Mikrofone wie Hellebarden in die Luft. Alle reden sie gleichzeitig, und ich kann ihre Fragen nicht verstehen.
»Kein Kommentar«, sage ich leichthin zu allen und gehe auf den Kleinbus zu, den die Männer des Stoßtrupps bis vor die Tür gefahren haben. Die Reporter laufen hinter mir her und lassen von ihren Fragen nicht ab, doch ich würdige sie weder eines Blickes noch einer Antwort.
Ich schubse die Dourou mit der jungen Frau in den Kleinbus, und wir machen uns auf den Weg ins Präsidium.
36
R ücken Sie schon raus damit! Wie kommen Sie zu den Kindern?«
»Sie wollen wissen, wie Kindergärten an Kinder kommen? Die Eltern melden sie üblicherweise an.«
»Und wo sind die Eltern?«
»Jetzt erkläre ich es Ihnen schon zum dritten Mal. Sie halten sich im Ausland auf.«
»Namen, Adressen, Telefonnummern, damit wir uns mit ihnen in Verbindung setzen können.«
»Wenn ich Ihnen doch sage, daß sie sich im Ausland aufhalten. Sie werden niemanden antreffen.«
Wir befinden uns in dem Büro, wo unsere Verhöre stattfinden. Eleni Dourou sitzt kerzengerade auf einem Stuhl am Kopfende des Tisches. Ihre Hände liegen ineinandergefaltet auf dem Holztisch, und sie blickt uns unerschütterlich, fast herausfordernd an. Rechts von ihr sitze ich, und mir gegenüber sitzt Gikas. Es handelt sich um eines der seltenen Male,
Weitere Kostenlose Bücher