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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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mittlerweile den Spieß aus der Seite gezogen. Markidis steht über sie gebeugt und fummelt an ihr herum. Ich ergreife ihre Handtasche und leere den Inhalt auf den Schminktisch. Lippenstift, Puderdose, Wimperntusche. Alles Dinge, die sie heute noch benutzt hat. Keiner wird sie jetzt mehr abschminken, mit der ganzen Maskerade wird sie ins Grab fahren. Ein Päckchen billiger Zigaretten und ein sündhaft teures silbernes Feuerzeug der Marke Dupont. Ein Schlüsselbund mit ihrem Autoschlüssel und offensichtlich ihren Wohnungsschlüsseln. Und ihre Brieftasche. Darin befinden sich drei Fünftausendernoten, vier einzelne Tausender, eine Kontokarte der Greek National Bank und eine Diners-Club-Karte. Auf der Fotografie ihres Personalausweises sieht sie nicht älter aus als fünfzehn, mit langen Haaren und einem strengen Blick. Ich schaue mir das Geburtsdatum an. Vierzig war sie, und man sah es ihr absolut nicht an. Ich behalte die Schlüssel und lege die anderen Gegenstände wieder in die Handtasche zurück, damit sich die Spurensicherung ihrer annimmt.
    Markidis hat die Untersuchung beendet und kommt auf mich zu. Er ist kleingewachsen, kahlköpfig, trägt dicke Brillengläser und seit zwanzig Jahren denselben Anzug. Entweder macht er ihn niemals schmutzig, oder er bringt es fertig, ihn immer nur am Sonntag in die Reinigung zu tragen. Sein Gesichtsausdruck ist der eines getretenen Hundes, ob das vom Beruf oder vom Zusammenleben mit seiner Frau kommt, weiß ich nicht. Wie auch immer, mir geht er gewaltig auf den Keks.
    »Ich kann einfach keine Leichen mehr sehen«, sagt er. »Es gibt Tage, da sehe ich gleich drei oder vier auf einmal. Ich hätte Mikrobiologe werden sollen.«
    »Bin ich vielleicht schuld daran, daß Sie sich statt für Urinproben für Leichen entschieden haben?« meine ich zu ihm. »Machen Sie schnell, damit ich mich wenigstens noch ein Stündchen aufs Ohr legen kann.«
    »Die Metallstange ist unterhalb der linken Brustkorbhälfte eingedrungen, in einem Winkel von ungefähr fünfzehn Grad. Sie hat das Herz durchstoßen und ist in Schulterhöhe auf dem Rücken wieder herausgekommen. Der Mörder stand hinter ihr.«
    »Warum hinter ihr?«
    »Von vorne hätte er die Stange nicht mit solcher Wucht hineinstoßen können, ohne den Stuhl umzuwerfen. Sehen Sie, ungefähr so muß es gewesen sein.« Er bringt einen Scheinwerferständer. Er hält ihn mit beiden Händen, ein wenig oberhalb der Mitte. Er stellt sich hinter dem Stuhl in Position. Er hebt die Metallstange an und stößt mit Wucht nach unten. »Er muß großgewachsen und kräftig sein.«
    »Woraus schließen Sie das?«
    »Wäre der Täter kleiner, so hätte der Ständer den Körper entweder weiter oben getroffen, oder er hätte gar nicht ganz eindringen können. Die Stange hätte beim Herabsausen einfach zuviel an Wucht verloren.«
    Er wirkt zwar wie ein miesepetriger Nörgler und ein armes Schwein, aber sein Handwerk versteht er. »Können Sie mir den Zeitpunkt sagen?«
    »Vor zwei bis drei Stunden. Der Tod ist auf keinen Fall vor mehr als drei, aber auch nicht vor weniger als zwei Stunden eingetreten. Vielleicht kann ich im Obduktionsbefund Genaueres sagen.«
    Er geht grußlos hinaus. »Herr Kommissar«, sagt Sotiris, den ich in der Zwischenzeit herbeordert hatte, »draußen wartet eine Schar Journalisten, die Sie sprechen wollen. Herr Sperantzas, der Moderator des Nachtjournals, beschwert sich, weil Sie ihn warten lassen.«
    »Ist mir doch scheißegal! Ich will zuerst denjenigen sprechen, der die Tote gefunden hat.«
    »Es ist eine junge Frau aus dem Aufnahmeteam.«
    »Bring sie her!«
    Wie ist es möglich, daß der Mörder sich von hinten der Karajorgi mit einem langen Eisenspieß in der Hand nähern konnte, ohne daß sie es im Spiegel bemerkte? Sie hat ihn gesehen, doch sie dachte an nichts Böses, weil sie ihn kannte. Der Täter muß ein Bekannter von ihr sein. Folglich suchen wir einen hochgewachsenen, kräftig gebauten Bekannten von Janna Karajorgi, der sich zum Zeitpunkt der Tat im Sender aufhielt.
    Die farb- und ausdruckslose junge Frau, die hereintritt, ist kaum älter als zweiundzwanzig. Sie ist eins fünfzig groß, wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellt. Sie trägt Jeans, ein Hemd und Stiefel. Sie steht noch immer unter Schock, und ihre Augen sind rotgeweint und verschwollen. Sotiris stellt sie vor mich hin und hält sie an einem Arm fest, als bestünde Fluchtgefahr. Wie ein waschechter Bulle. Anstatt ihr einen Stuhl anzubieten, damit sie zu

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