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Hellas Channel

Hellas Channel

Titel: Hellas Channel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Hexenschuß massieren. Nicht, daß ich unbedingt darauf brenne, mit ihr zu schlafen, doch irgendwie muß sie sich dafür erkenntlich zeigen, daß ich ihr die Fünfunddreißigtausend für die Stiefel gegeben habe. Und daß ich ihr diesen modischen Egotrip ermögliche. Meine Großzügigkeit muß belohnt werden. Meine Hand klettert höher, erreicht den Gummi ihres Slips und zieht ihn herunter. Sie geht ein wenig in die Knie, um mir entgegenzukommen, doch dann streckt sie die Beine wieder durch und schließt sie, da sie um meine Vorliebe weiß, meine Handfläche zwischen ihre Schenkel zu schieben, sie zu öffnen und dann in sie einzudringen.
    Mittendrin verliere ich die Lust und will einfach weggehen, wie man in der Pause einen langweiligen Film vorzeitig verläßt. Adrianis Stöhnen und ihre Schreie machen die Sache nur noch schlimmer. Jedes zweite Mal spielt mir das Luder einen Orgasmus vor und glaubt, daß ich nichts merke. Würde ich sie jedes Mal dafür auf die Anklagebank setzen, hätte man ihr als notorischer Betrügerin schon lebenslänglich aufgebrummt. Ich wundere mich, sooft ich Katerina ansehe, wie uns aus einem vorgespielten Orgasmus ein solches Kind erwachsen konnte.
    Sobald ich komme, hören Adrianis Seufzer schlagartig auf. Sie springt auf und geht aus dem Schlafzimmer. Sie weiß nicht, daß ich genau daran merke, ob sie sich verstellt oder nicht. Wenn wir nach dem Höhepunkt noch zusammen im Bett liegenbleiben und sie nach Atem ringt, heißt das, sie hatte einen Orgasmus. Wenn sie gleich ins Badezimmer rennt und sich wäscht, als hätte ich den Tripper, dann hat sie sich verstellt.
    Ich schlage gerade den Liddell-Scott auf, als das Telefon im Wohnzimmer läutet. Das ist auch eine von Adrianis Schrullen. Sie ist dagegen, eine Telefonleitung ins Schlafzimmer zu legen, weil sie in der Nacht nicht durch dringende Anrufe aufgeschreckt werden will. Also haste ich jeweils schlaftrunken ins Wohnzimmer, und weil ich befürchten muß, das blöde Ding zu überhören, schlafe ich meistens schlecht.
    Das Telefon hat bereits zehnmal geklingelt, als ich endlich den Hörer abnehme.
    »Hallo«, sage ich außer Atem.
    »Fahren Sie sofort zum Hellas Channel «, höre ich Gikas’ Stimme vom anderen Ende. »Ich möchte, daß Sie höchstpersönlich hinfahren und keinen anderen schicken.«
    »Ist was passiert?« frage ich wie ein Idiot, wo doch klar ist, daß es sich um etwas Ernstes handelt, wenn man mich persönlich hinbeordert.
    »Janna Karajorgi wurde tot aufgefunden.« Ich stehe wie zur Salzsäule erstarrt. Unfähig, auch nur ein Wort über die Lippen zu bringen. »Morgen um Punkt neun erwarte ich Sie in meinem Büro zur Berichterstattung in allen Einzelheiten. Bevor Sie Ihr Croissant essen.« Letzteres betont er, um mir anzudeuten, daß seinem wachsamen Auge nichts entgeht.
    Ich höre das Knacken in der Leitung, doch ich bleibe mit dem Hörer in der Hand stehen.

9
    I ch finde sie vor dem Schminkspiegel sitzend vor. Ihre Augen richten sich jedoch nicht auf den Spiegel. Ihr Körper ist zurückgelehnt, ihr Kopf hängt im Nacken, und ihr Blick ist steil nach oben gewendet. Als wäre sie getötet worden, als sie ihren Körper dehnte und räkelte, um sich für die Sendung aufzulockern. Ihre Arme baumeln leblos herunter. Sie trägt ein petrolfarbenes Kleid mit goldenen Knöpfen, und ein Seidentuch ist um ihren Hals geschlungen. Zum ersten Mal sehe ich sie in einem Kleid, und ich blicke sie forschend an. Ich frage mich, was ihr wohl besser stand: Kleid oder Hose. Als ob das jetzt noch irgendeine Bedeutung hätte. Sie ist frisch geschminkt: Wimperntusche, Rouge auf den Wangen und auf den Lippen rostrote Schminke, die an die Farbe eines fauligen Apfels erinnert. Oder an die Farbe getrockneten Blutes, das als letzter Überrest eines üppigen Gelages auf dem Grillspieß klebenbleibt. Es gibt keinerlei Spuren von Gewaltanwendung in ihrem Gesicht, auch das Makeup ist perfekt geblieben. Sie hatte sich augenscheinlich auf ihren Auftritt im Nachtjournal um Mitternacht vorbereitet. Was verwundert, denn Live-Reportagen werden üblicherweise in den Abendnachrichten um acht Uhr dreißig gesendet. Um zwölf werden bloß die alten Meldungen wiedergekäut. Der Metallspieß war von vorne in ihren Körper eingedrungen, unter dem linken Lungenflügel. Und als er wieder aus ihrem Rücken hinausstieß, nagelte er sie an ihrem Stuhl fest. Die Szene erinnert ein wenig an die Zweikämpfe mittelalterlicher Ritter, die einander mit ihren Speeren

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