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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mir hergezogen. Drei Tage brauchte ich, um mich durch
    das Leinen zu kauen. Na los. Droh mir ruhig.«
    »Bitte?« fragte Karotte.
    Gaspode kratzte sich am Ohr.
    »Vielleicht könnte ich ihrer Fährte folgen«, räumte er ein. »Mit dem
    richtigen Ansporn.«
    Er wackelte erwartungsvol mit den Ohren.
    »Wenn du sie findest, erfül e ich dir jeden Wunsch«, sagte Karotte.
    »Oh, ich verstehe. Wenn. Ja. Schön und gut, das Wenn. Aber wie wär’s mit einem Vorschuß? Sieh dir nur diese Pfoten an. Sie sind völlig abgenutzt. Und diese Nase hier riecht nicht von al ein. Sie ist ein Präzisionsinstrument.«
    »Wenn du nicht sofort mit der Suche beginnst, sorge ich persönlich da-
    für, daß du…« Karotte zögerte. Noch nie in seinem Leben war er grau-
    sam zu einem Tier gewesen.
    »… überlasse ich die Angelegenheit Korporal Nobbs«, beendete er den
    Satz.
    »Das nenne ich den richtigen Ansporn«, kommentierte Gaspode bitter.
    Er drückte seine schrumpelige Schnauze an den Boden. Das war ei-
    gentlich gar nicht nötig; Anguas Geruch hing wie ein Regenbogen in der
    Luft.
    »Du kannst wirklich sprechen?« fragte Karotte.
    Gaspode rollte mit den Augen.
    »Natürlich nicht«, antwortete er.

    Die Gestalt erreichte das Ende des Turms.
    Überal in der Stadt brannten Lampen und Kerzen. Zehntausend klei-
    ne, an den Boden gebundene Sterne erstreckten sich tief unten, und er

    konnte jeden einzelnen von ihnen auslöschen. Er hatte die Macht eines
    Gottes.
    Es war erstaunlich, wie viele Geräusche man hier oben hören konnte.
    Auch dadurch fühlte man sich wie ein Gott. Er vernahm das Bel en von
    Hunden und sogar die Stimmen von Menschen. Gelegentlich übertönte
    eine die anderen und reckte sich dem Nachthimmel entgegen.
    Dies war Macht. Jene andere Macht, die ihm dort unten gehörte, die es ihm erlaubte, Anweisungen zu erteilen… Sie gehörte in die Sphäre der
    Menschen. Diese Macht war etwas anderes. Sie gebührte den Göttern.
    Er hob das Gfähr, schob ein Schußmagazin in die Halterung und zielte
    auf verschiedene Lichter. Er wählte sie ganz nach Belieben aus.
    Er hätte nicht zulassen sol en, daß das Gfähr die Bettlerin erschoß. Der
    Plan verlangte etwas ganz anderes. Gildenoberhäupter – so sah es die
    Strategie des armen kleinen Edward vor. Zuerst die Gildenoberhäupter.
    Man nehme der Stadt die Anführer und stürze sie dadurch ins Chaos. Im
    Anschluß daran wende man sich an den ahnungslosen jungen Mann und
    sage zu ihm: Regiere – das Schicksal hat dich dazu bestimmt.
    Diese Denkweise war eine alte Krankheit. Man bekam sie von Kronen und törichten Geschichten. Man glaubte – ha! – an irgendeine Gabe, die
    für das Amt des Königs qualifizierte. Zum Beispiel die Sache mit dem
    Schwert und dem Stein. Lächerlich! Das Gfähr war viel magischer.
    Er legte sich hin, strich zärtlich über das Gfähr und wartete.

    Ein neuer Tag begann.
    »Ich nie nichts getan«, sagte Kohlenfresse im Schlaf und drehte sich
    auf die andere Seite.
    Detritus schlug ihn mit der Keule.
    »Aufgestanden, Soldaten! Nicht dauernd liegen auf faulem Stein! Es
    sein ein weiterer herrlicher Tag in der Wache! Obergefreiter Kohlenfres-
    se, auf die Beine mit dir, du schrecklicher kleiner Mann!«
    Zwanzig Minuten später inspizierte ein müder Feldwebel Colon die
    Truppe. Zusammengesunken hockten die Wächter auf den Sitzbänken,
    nur Oberobergefreiter Detritus saß kerzengerade, in eine Aura aus offi-
    zieller und erwartungsvoller Hilfsbereitschaft gehüllt.

    »In Ordnung, Männer«, begann Colon. »Ihr…«
    »Ihr Männer jetzt gut zuhören!« donnerte Detritus.
    »Danke, Oberobergefreiter Detritus«, sagte Colon und seufzte inner-
    lich. »Hauptmann Mumm heiratet heute, und wir nehmen als Ehrenwa-
    che an der Zeremonie teil. Das war früher immer so, wenn ein Wächter
    heiratete. Ich möchte also, daß Helme und Brustharnische blitzsauber
    sind. Al es sol hübsch glänzen. Nirgends darf auch nur der kleinste
    Schmutzfleck zu sehen sein… Wo ist Korporal Nobbs?«
    Mit einem Boing pral te die salutierende Hand des Oberobergefreiten Detritus von seinem neuen Helm ab.
    »Schon seit Stunden verschwunden sein!« berichtete er.
    Colon rollte mit den Augen.
    »Einige von euch sol en heute… Wo ist Obergefreite Angua?«
    Boing. »Seit gestern abend niemand mehr sie gesehen hat.«
    »Na schön. Wir haben die Nacht überstanden; irgendwie bringen wir
    auch den Tag rum. Korporal Karotte meinte, wir sol ten einen guten
    Eindruck machen.«
    Boing.

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