Helle Barden
Troll, er bereits Oberobergefreiter, hat eine große Zukunft hinter sich; Schicksal bei ihm steht geschrieben überall wie mit Schrift.«
Mumm verarbeitete diesen Vortrag, während Detritus stolz strahlte.
»Und wo ist Feldwebel Colon?«
»Hier, Hauptmann.«
»Ich brauche einen Brautführer, Fred.«
»Ja, Herr. Ich hole Korporal Karotte. Er überprüft die Dächer…«
»Fred! Ich kenne dich seit mehr als zwanzig Jahren! Du brauchst nur hier zu stehen. Darin bist du
gut,
Fred.«
Karotte näherte sich im Laufschritt.
»Entschuldige bitte, daß ich so spät komme, Hauptmann. Äh. Eigentlich sollte dies eine Überraschung sein…«
»Wie bitte?
Was
sollte eine Überraschung sein?«
Karotte griff in die Tasche. »Nun, Hauptmann… im Namen der Wache, das heißt, im Namen des größten Teils der Wache…«
»Einen Augenblick«, sagte Colon. »Da kommt Seine Exzellenz.«
Klappernde Hufe und rasselndes Zaumzeug kündigten Lord Vetinaris Kutsche an.
Karotte warf einen kurzen Blick in die entsprechende Richtung. Dann sah er noch einmal hin. Sein Blick wanderte nach oben.
Metall glänzte auf dem Dach des Kunstturms.
»Wer ist auf dem Turm, Feldwebel?« fragte Karotte.
»Knuddel, Herr.«
»Oh. Gut.« Er räusperte sich. »Nun, Hauptmann… Wir haben zusammengelegt und…« Er zögerte. »Oberobergefreiter Knuddel?«
»Ja. Auf ihn ist Verlaß.«
Die Kutsche des Patriziers hatte den Hier-gibt’s-alles-Platz fast erreicht. Karotte sah eine dürre, schwarze Gestalt auf dem Rücksitz.
Erneut sah er an der grauen Masse des Turms empor.
Er lief los.
»Was ist denn?« fragte Colon. Mumm setzte sich ebenfalls in Bewegung.
Detritus’ Fingerknöchel knallten auf den Boden, als er sich in die Position eines Trollsprinters brachte.
Und dann spürte es auch Colon: ein seltsames Prickeln, als hätte ihm jemand aufs nackte Gehirn gepustet.
»Oh, Mist«, stöhnte er leise.
Krallen kratzten über das Pflaster.
»Er hat sein Schwert gezogen!«
»Was hast du denn erwartet? Im einen Augenblick wähnt sich der Junge im siebten Himmel, sieht das Leben aus einem ganz neuen Blickwinkel, erkennt, daß es noch schönere Dinge gibt als Spaziergänge. Dann dreht er sich um und sieht… einen Wolf. Du hättest ihm vielleicht einen Hinweis geben sollen, etwa. Um diese Zeit des Monats wachsen mir immer Haare. Du kannst es ihm wohl kaum vorwerfen, daß er überrascht war.«
Gaspode stand auf. »Kommst du nun mit? Oder zwingst du mich, von dir fürchterlich zugerichtet zu werden?«
Lord Vetinari erhob sich, als er einige Wächter sah, die ihm entgegeneilten. Aus diesem Grund traf ihn der erste Schuß in den Oberschenkel und nicht in die Brust.
Dann erreichte Karotte die Tür der Kutsche und warf sich auf den Patrizier. Deshalb traf ihn der nächste Schuß.
Ein goldbrauner Leib schob sich langsam aus der Dunkelheit.
Gaspodes Anspannung ließ nach.
»Ich kann nicht zurück«, sagte Angua. »Ich…«
Sie erstarrte. Ihre Ohren zuckten.
»Was?«
»Er ist verletzt!«
Angua sauste davon.
»He, warte auf mich!« bellte Gaspode. »Dort geht’s in die Schatten!«
Der dritte Schuß riß ein Stück aus Detritus, der gegen die Kutsche prallte und sie umstieß. Dadurch lösten sich mehrere Riemen, und die Pferde galoppierten davon. Der Kutscher verglich seine gegenwärtigen Arbeitsbedingungen mit der Bezahlung. Das Ergebnis ließ ihn in der Menge der Schaulustigen verschwinden.
Mumm warf sich hinter der umgestürzten Kutsche zu Boden. Ein vierter Bleiklumpen prallte von den Kopfsteinen dicht neben seinem Arm ab.
»Detritus?«
»Hauptmann?«
»Wie geht es dir?«
»Ich nässe ein wenig.«
Der fünfte Schuß traf das Kutschenrad über Mumms Kopf, so daß es sich drehte.
»Karotte?«
»Glatt durch die Schulter, Hauptmann.«
Mumm stemmte sich auf den Ellenbogen hoch. »Guten Morgen, Euer Exzellenz«, sagte er und kam sich vor wie ein Irrer. Er sank zurück und holte eine krumme Zigarre hervor. »Hast du Feuer?«
Der Patrizier öffnete die Augen.
»Ah, Hauptmann Mumm. Und was geschieht jetzt?«
Mumm lächelte. Eigentlich komisch, dachte er. Ich fühle mich erst dann richtig lebendig, wenn jemand versucht, mich umzubringen. Dann merke ich, daß der Himmel blau ist. Derzeit kann man ihn beim besten Willen nicht blau nennen – dort oben schweben jede Menge Wolken. Aber ich bemerke sie.
»Wir warten noch einen Schuß ab«, sagte er. »Dann rennen wir los und suchen uns bessere Deckung.«
»Offenbar… verliere
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