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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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verlassen, bevor Hauptmann Mumm zum Pseudopolisplatz zurückkehrte. Er stapfte die Treppe zu seinem Büro hoch, setzte sich dort auf einen knarrenden Stuhl und starrte an die Wand.
    Er
wollte
die Nachtwache verlassen. Kein Zweifel.
    Konnte man so etwas vielleicht Leben nennen? Nein,
Leben
gewiß nicht.
    Zu nachtschlafender Zeit arbeiten. Nie sicher sein, wie die Gesetze in einer so pragmatischen Stadt am nächsten Tag beschaffen waren. Kein nennenswertes Privatleben. Schlechtes Essen, das man hinunterschlingen mußte, wenn sich eine Gelegenheit dazu bot. Er hatte sich sogar dazu hinreißen lassen, Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin Schnappers Würstchen-in-Brötchen zu probieren. Es schien entweder zu regnen oder sehr heiß zu sein. Freunde gab es keine, abgesehen von den Kollegen – sie waren die einzigen Personen, die in derselben Welt lebten.
    Und in einigen Tagen sollte sich alles ändern. Dann saß Mumm, wie es Feldwebel Colon ausgedrückt hatte, »an der Futterkrippe«. Dann brauchte er nur noch seine Mahlzeiten einzunehmen und den Dienern Anweisungen zu geben.
    Manchmal erinnerte er sich an den alten Feldwebel Keppel. Er hatte die Wache kommandiert, als Mumm Rekrut gewesen war. Kurze Zeit später zog er sich in den Ruhestand zurück. Damals legten sie alle zusammen und kauften ihm eine jener billigen Uhren, die ein paar Jahre lang gingen – bis sich der Dämon darin in Luft auflöste.
    Eine dämliche Idee, dachte Mumm schwermütig und starrte weiterhin an die Wand. Jemand verläßt den aktiven Dienst, gibt Marke, Sanduhr und Glocke zurück… Und was schenkt man ihm? Eine Uhr.
    Am nächsten Tag kam Keppel trotzdem zur Arbeit, mit der Uhr, um die Neuen in alles einzuweihen. Und um einige liegengebliebene Dinge zu erledigen, haha. Um den jungen Kerlen zu zeigen, wie man Schwierigkeiten mied, haha. Einen Monat später brachte er die Kohle, fegte, machte Botengänge und half beim Schreiben der Berichte. Fünf Jahre später war er immer noch da. Und auch nach sechs Jahren, als ein Wächter besonders früh eintraf und ihn auf dem Boden fand…
    Es stellte sich heraus, daß niemand –
niemand
– wußte, wo er wohnte, oder ob es eine Frau Keppel gab. Mumm erinnerte sich: Sie legten erneut zusammen, um ihn zu beerdigen. Und bei der Bestattung waren nur Wächter zugegen…
    Das schien bei Bestattungen von Wächtern immer der Fall zu sein.
    Inzwischen hatte sich die Situation natürlich verändert. Feldwebel Colon war seit vielen Jahren glücklich verheiratet – vielleicht deswegen, weil sich die Kontakte zwischen Ehemann und Gattin auf ein Minimum beschränkten: Wegen ihres unterschiedlichen Berufslebens begegneten sie sich nur selten, meistens an der Haustür. Aber Frau Colon hinterließ ihrem Mann anständige Mahlzeiten in der Küche, und sicher verbarg sich noch mehr hinter der Beziehung. Sie hatten Kinder, was darauf hindeutete, daß sie nicht immer imstande gewesen waren, sich aus dem Weg zu gehen. Der junge Karotte mußte die Frauen mit einem Stock abwehren. Und Korporal Nobbs… vermutlich arrangierte er sich irgendwie. Es hieß, er hätte den Körper eines Fünfundzwanzigjährigen; allerdings wußte niemand, wo er ihn versteckte.
    Nun, jeder hatte jemanden, bei Nobbs vielleicht gegen den Willen der betreffenden Personen.
    Und Hauptmann Mumm? Wie sieht’s bei dir aus? Liegt dir wirklich etwas an ihr? Denk mal nicht an Liebe, denn das ist ein riskantes Wort für Leute über Vierzig. Hast du vielleicht Angst, allein als Greis zu sterben und aus Mitleid begraben zu werden, von jungen Burschen, die dich nur als alten Knacker kannten, als jemanden, der Kaffee holte und über den man hinter seinem Rücken dumme Witze riß?
    Das wollte Mumm vermeiden. Und jetzt bot ihm das Schicksal ein Märchen an.
    Er hatte natürlich gewußt, daß Lady Käsedick reich war. Doch es war eine Überraschung für ihn gewesen, von Herrn Tagscheu zu einem Gespräch geladen zu werden.
    Herr Tagscheu fungierte seit langer Zeit als Familienanwalt der Käsedicks. Schon seit Jahrhunderten. Er war ein Vampir.
    Mumm mochte keine Vampire. Im nüchternen Zustand neigten Zwerge dazu, die Gesetze zu achten, und selbst Trolle machten kaum Schwierigkeiten, solange man sie im Auge behielt. Doch Untote weckten profundes Unbehagen in Mumm. Gegen das Prinzip »Leben und leben lassen« hatte er nichts einzuwenden, aber in diesem besonderen Fall gab es da logische Probleme…
    Herr Tageschau erwies sich als sehr dünn und sehr blaß. Er brauchte eine halbe

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