Helle Barden
Nase.
»Wuff, wuff«, sagte der Köter gelangweilt. »Wuff, wuff, wuff. Knurr, knurr.«
Er lief in eine Gasse. Angua sah sich kurz um, bevor sie ihm folgte. Die anderen Wächter standen bei Mumm, der sehr still geworden war.
»Hol das Oberhaupt der Assassinen«, sagte er. »Und zwar
sofort
.«
Der junge Assassine versuchte, spöttisch zu lächeln.
»Ha!« erwiderte er. »
Mich
beeindruckt deine Uniform überhaupt nicht.«
Mumm senkte den Kopf, betrachtete seinen verbeulten Brustharnisch und das recht abgenutzte Kettenhemd.
»Ja«, brummte er. »Dies ist keine sehr beeindruckende Uniform. Tut mir leid. Vortreten, Korporal Karotte und Obergefreiter Detritus.«
Der Assassine merkte, wie es plötzlich finster wurde. Irgend etwas blockierte das Sonnenlicht.
»Nun«, erklang Hauptmann Mumms Stimme hinter der Eklipse, »ich schätze,
dies
sind beeindruckende Uniformen, nicht wahr?«
Der Assassine nickte langsam. Die Situation bekam einen ganz neuen Aspekt. Für gewöhnlich hielten sich jenseits der Gildenmauern nie Wächter auf. Warum auch? Und
normale
Wächter waren ohnehin kein Problem. In seiner perfekt geschneiderten, schwarzen Kleidung steckten mindestens achtzehn Vorrichtungen, die das Töten von Personen erleichterten, doch jetzt wurde ihm klar: Obergefreiter Detritus verfügte am Ende seiner Arme über zwei Dinge, die dem gleichen Zweck dienten. Er mußte sie nicht extra hervorholen.
»Ich… äh… gehe jetzt und hole das Gildenoberhaupt, in Ordnung?« fragte er.
Karotte beugte sich vor.
»Das ist
sehr
freundlich von dir«, erwiderte er ernst.
Angua beobachtete den Hund. Und der Hund beobachtete Angua.
Sie ging in die Hocke, als sich das Tier hingebungsvoll am Ohr kratzte.
Mit einem raschen Blick vergewisserte sie sich, daß niemand in der Nähe weilte. Dann bellte sie eine Frage.
»Spar dir die Mühe«, sagte der Hund.
»Du kannst
sprechen
?«
»Ach, das erfordert nicht viel Intelligenz«, lautete die Antwort. »Und man muß auch nicht besonders gescheit sein, um zu erkennen, was
du
bist.«
Panik huschte über Anguas Gesicht.
»Woran zeigt es sich?«
»Am
Geruch,
Teuerste. Hast du denn nichts gelernt? Ich habe dich schon aus einer Entfernung von anderthalb Kilometern gerochen und dachte mir: Oh-ho, jetzt ist eine von
ihnen
in der Wache.«
Angua hob den Zeigefinger.
»Wenn du es jemandem verrätst…«
Der Hund wirkte noch etwas kummervoller als vorher.
»Niemand würde mir zuhören«, sagte er.
»Warum?«
»Weil alle davon überzeugt sind, daß Hunde nicht sprechen können. O ja, die Leute
hören
mich, aber in den meisten Fällen glauben sie, daß es ihre eigenen Gedanken sind.« Der kleine Hund seufzte. »Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede. Ich habe Bücher gelesen. Besser gesagt: gekaut.«
Wieder kratzte er sich am Ohr. »Mir scheint, wir könnten uns gegenseitig helfen…«
»Wie denn?«
»Nun, was hältst du davon, wenn du mir ein Steak besorgst? Mindestens ein Pfund schwer und schön zart. Steaks haben eine sehr positive Wirkung auf mein Gedächtnis. Sie sorgen dafür, daß ich mich an alles erinnere.«
Angua runzelte die Stirn.
»Das Wort ›Erpressung‹ mögen die Leute nicht«, sagte sie.
»Es gibt noch andere Wörter, die sie nicht mögen«, erwiderte der Hund. »Nimm mich zum Beispiel. Ich leide an chronischer Intelligenz. Was kann ein Hund damit anfangen? Habe ich vielleicht darum gebeten? Nein. Ich habe nur ein gemütliches Plätzchen für die Nacht gesucht, zufälligerweise in der Nähe der Unsichtbaren Universität, besser gesagt: unweit des Forschungstraktes für hochenergetische Magie. Niemand wies mich darauf hin, daß dort die Thaumaturgie leckt. Tja, als ich am nächsten Morgen die Augen öffnete, zischte und sprudelte es wie Sekt in meinem Kopf, und ich überraschte mich beim Denken. Oh, hallo, dachte ich, da seid ihr wieder, abstrakte Vorstellungen und intellektuelle Entwicklung… Was kann ich schon damit anfangen, hm? Als es zum letztenmal geschah, lief es darauf hinaus, daß ich die ganze Welt vor irgendwelchen schrecklichen Dingsbumsdingern aus den Kerkerdimensionen retten mußte, und hat mir vielleicht jemand dafür gedankt? ›Liebes Hündchen, möchtest du einen Knochen?‹ Har, har.« Das Tier hob eine abgewetzte Pfote. »Ich heiße Gaspode. Praktisch jede Woche passiert mir so was. Abgesehen davon bin ich ein ganz normaler Hund.«
Angua gab auf, griff nach der von Motten zerfressenen Pfote und schüttelte sie behutsam.
»Mein Name ist Angua.
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