Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
an.
    Knuddel spuckte auf den Boden – sein Speichel brauchte keinen weiten Weg zurückzulegen. Anschließend griff er unter die Jacke und vollbrachte das gleiche Wunder wie ein Zauberkünstler, der ein Kaninchen der Größe 10 aus einem Hut der Größe 5 zieht: Er hielt plötzlich eine geradezu riesige, doppelschneidige Streitaxt in den Händen. Und damit lief er los.
    Als er das jungfräuliche Ziel erreichte, war er kaum mehr als ein Schemen. Es knackte, und einen Sekundenbruchteil später explodierte die Puppe wie ein nuklearer Heuhaufen.
    Die anderen beiden Rekruten traten näher und betrachteten das Ergebnis, während Spreu zu Boden rieselte.
    »Ja, gut«, sagte Angua nach einer Weile. »Aber der Feldwebel sagte, man sollte den Leuten später noch Fragen stellen können.«
    »Er hat nicht darauf hingewiesen, daß die Leute auch in der Lage sein müssen, die Fragen zu beantworten«, erwiderte Knuddel grimmig.
    »Obergefreiter Knuddel, dir abgezogen wird ein Dollar vom Sold wegen Ziel zerstören«, sagte Detritus, der wegen der Langbögen bereits mit elf Dollar in der Kreide stand.
    »›Wenn ihr glaubt, es sei die Mühe wert!‹« wiederholte Knuddel und ließ die Axt unter der Jacke verschwinden. »Und dann das mit den Männern… Speziesist!«
    »Ich glaube, er hat es nicht so gemeint«, spekulierte Angua.
    »Ha, du hast leicht reden«, entgegnete Knuddel.
    »Wieso?«
    »Du bist ein Mensch«, knirschte Detritus.
    Angua war klug genug, darüber einige Sekunden nachzudenken.
    »Ich bin eine Frau«, sagte sie.
    »Wo ist da der Unterschied?«
    »Nun…« Angua beschloß, das Thema zu wechseln. »Ich schlage vor, wir trinken was zusammen.«
    Die kurze Phase von Kameradschaft ging abrupt zu Ende.
    »Ich soll mit einem Troll trinken?«
    »Ich mit einem Zwerg trinken?«
    »Na schön«, sagte Angua. »Wie wär’s, wenn
ihr
beide etwas mit
mir
trinkt?«
    Sie nahm den Helm ab und schüttelte ihr Haar. Weibliche Trolle haben keine Haare; auf ihrem Kopf wachsen höchstens einige Flechten. Und weibliche Zwerge zeichnen sich durch ihre seidenweichen Bärte aus. Aber vielleicht ließ der Anblick von Anguas Haar in Troll und Zwerg eine kosmische Männlichkeit erwachen, die auf gemeinsame Vorfahren zurückging.
    »Bisher hatte ich kaum Gelegenheit, mich in der Stadt umzusehen«, fuhr Angua fort. »Doch ich glaube, es gibt ein geeignetes Lokal in der Schimmerstraße.«
    Das bedeutete, sie mußten den Fluß überqueren. Das bedeutete, zwei von ihnen mußten die Passanten darauf hinweisen, daß sie
nicht
mit mindestens einem der anderen beiden zusammen waren. Das bedeutete, daß sie sich immer wieder argwöhnisch umsahen.

Dadurch bemerkte Knuddel den Zwerg im Wasser.
    Wenn man die Brühe »Wasser« nennen durfte.
    Wenn man noch von einem »Zwerg« sprechen konnte.
    Sie starrten darauf hinab.
    »Das aussehen wie der Zwerg, der Waffen in der Rauhreifstraße herstellt«, sagte Detritus schließlich.
    »Bjorn Hammerhock?« fragte Knuddel.
    »Ja, so er heißen.«
    »Es sieht ein
bißchen
danach aus«, meinte Knuddel. Seine Stimme klang kühl, fast monoton. »Aber nicht
genau

    »Wie meinst du das?« erkundigte sich Angua.
    »Herr Hammerhock hatte kein so großes Loch in der Brust«, antwortete Knuddel.
     
    Schläft er nie? dachte Mumm. Ruht der Kerl nie aus? Gibt es hier nirgendwo ein Zimmer, in dem ein schwarzes Nachthemd hängt?
    Er klopfte an die Tür des Rechteckigen Büros.
    »Ah, Hauptmann«, sagte der Patrizier und sah von einigen Unterlagen auf. »Du hast dich beeilt. Sehr lobenswert.«
    »Wie bitte?«
    »Meine Nachricht hat dich doch erreicht, oder?«
    »Nein, Herr. Ich war… beschäftigt.«
    »Ach. Und womit, wenn ich fragen darf?«
    »Es geschah ein Mord, Herr. Das Opfer ist Herr Hammerhock, eine wichtige Persönlichkeit der hiesigen Zwergengemeinschaft. Man brachte ihn mit einer… speziellen Waffe um und warf ihn dann in den Fluß. Wir haben ihn vor kurzer Zeit aus dem… äh… Wasser geholt, und ich wollte seiner Frau Bescheid geben. Sie wohnt in der Sirupstraße, glaube ich. Und da ich hier vorbeikam…«
    »Ein sehr bedauerlicher Zwischenfall.«
    »Insbesondere für Herrn Hammerhock«, sagte Mumm.
    Der Patrizier lehnte sich zurück und musterte den Hauptmann.
    »Auf welche Weise kam er ums Leben?«
    »Ich weiß es nicht genau. Nie zuvor habe ich etwas Derartiges gesehen. Er hatte ein großes Loch in der Brust. Wie dem auch sei: Ich werde herausfinden, was passiert ist.«
    »Hmm. Habe ich erwähnt, daß ich heute

Weitere Kostenlose Bücher