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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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siehst du, Hauptmann?«
    »Die Stadt Ankh-Morpork, Herr«, erwiderte Mumm und achtete darauf, daß sein Gesicht ausdruckslos blieb.
    »An was denkst du dabei, Hauptmann?«
    Mumm kratzte sich am Kopf. Wenn der Patrizier unbedingt ein Spiel mit ihm spielen wollte…
    »Nun, Herr, als ich noch ein Kind war, hatten wir eine Kuh, und eines Tages wurde sie krank, und ich sollte den Stall in Ordnung bringen…«
    »
Ich
denke dabei an eine Uhr«, sagte der Patrizier. »Große Räder, kleine Räder. Alles tickt. Die kleinen Räder drehen sich, die großen ebenfalls. Sie drehen sich alle unterschiedlich schnell. Der Apparat funktioniert. Darauf kommt’s an. Denn wenn er plötzlich defekt wird…«
    Abrupt drehte er sich um und kehrte mit raubtierartigem Gang zum Schreibtisch zurück.
    »Manchmal gerät das eine oder andere Sandkorn zwischen die Räder, dann drehen sie sich nicht mehr richtig. Ein Sandkorn genügt.«
    Vetinari sah auf und bedachte Mumm mit einem kühlen Lächeln.
    »Das lasse ich nicht zu.«
    Mumm starrte an die Wand.
    »Wenn ich mich recht entsinne, habe ich dich aufgefordert, gewisse Dinge zu vergessen, Hauptmann.«
    »Herr.«
    »Was soll ich mit dir anfangen?«
    »Ich weiß es nicht, Herr.«
    Mumm blickte weiterhin zur Wand. Er wünschte sich, Karotte wäre zugegen. Der Junge mochte einfach und simpel sein, doch ab und zu bemerkte er gerade dadurch Dinge, die andere Leute übersahen. Außerdem übten seine einfachen, simplen Ideen einen großen Reiz aus. Zum Beispiel das mit den Polizisten. Während sie einmal in der Straße der Geringen Götter patrouillierten, hatte Karotte gefragt: »Weißt du, woher das Wort Polizist stammt, Hauptmann?« Mumm verneinte, worauf Karotte erläuterte: »Früher gebrauchte man das Wort ›Polis‹ für ›Stadt‹, und daher bedeutet ›Polizist‹ in etwa ›Mann der Stadt‹. Nur wenige Leute wissen das. Darüber hinaus beschreibt der Begriff auch das angemessene Verhalten einer Person, die
in
einer Stadt lebt. Mit anderen Worten: Ein Polizist sollte höflich und zuvorkommend sein.«
    Mann der Stadt… Karotte steckte voller solcher Informationen. Zum Beispiel hatte Mumm immer geglaubt, daß die Wächter Uniformen trugen, damit die Bürger die Wächter erkannten. Doch in Wirklichkeit wurden die Wächter
von den Uniformen getragen.
Wenn jemand die entsprechende Kleidung überstreifte, so
wurde er jemand anders –
ein Polizist.
    In seiner Freizeit las Karotte Bücher. Das fiel ihm nicht unbedingt leicht. Hätte man ihm den Zeigefinger abgeschnitten, wäre er in echte Schwierigkeiten geraten. Er las langsam, aber
ständig.
Und an seinen freien Tagen wanderte er durch die Stadt.
    »Hauptmann?«
    Mumm blinzelte.
    »Herr?«
    »Du hast keine Ahnung von dem empfindlichen Gleichgewicht der Dinge in Ankh-Morpork. Die Sache mit den Assassinen und dem Zwerg und dem Clown… Du hörst sofort auf zu ermitteln.«
    »Nein, Herr. Unmöglich.«
    »Gib mir deine Dienstmarke.«
    Eigentlich hatte Mumm nie richtig darüber nachgedacht. Die Marke war ein Teil von ihm geworden, etwas, das man einfach hatte und dem man kaum Beachtung schenkte.
    »Meine Dienstmarke?«
    »Und dein Schwert.«
    Langsam löste Mumm den Schwertgürtel. Seine Finger fühlten sich wie Bananen an – noch dazu wie Bananen, die ihm gar nicht gehörten.
    »Und die Dienstmarke?«
    »Äh. Nein. Die behalte ich.«
    »Und warum?«
    »Weil es meine Dienstmarke ist.«
    »Du ziehst dich ohnehin bald in den Ruhestand zurück. Wenn du heiratest.«
    »Ja.«
    Ihre Blicke trafen sich.
    »Wieviel bedeutet sie dir?«
    Mumm zögerte und suchte vergeblich nach den richtigen Worten. Er hatte immer eine Dienstmarke besessen; er wußte gar nicht, ob er ohne sie zurechtkam.
    »Na schön«, sagte Lord Vetinari schließlich. »Wenn ich mich recht entsinne, findet deine Hochzeit morgen mittag statt.« Seine langen Finger griffen nach der Einladungskarte mit Goldrand auf dem Schreibtisch. »Ja. Behalt die Dienstmarke. Ich erlaube dir, dich ehrenvoll in den Ruhestand zurückzuziehen. Doch das Schwert behalte ich. Außerdem wird die Tagwache bald im Wachhaus eintreffen, um deine Leute zu entwaffnen. Die Nachtwache wird hiermit aufgelöst, Hauptmann Mumm. Vielleicht darf sie irgendwann in den Dienst zurückkehren, unter dem Befehl eines anderen Kommandanten – wenn und wann ich es für richtig halte. Bis dahin sind deine Männer beurlaubt.«
    »Du willst die Tagwache schicken? Einen Haufen von…«
    »Was hast du gesagt?«
    »Nichts, Herr.«
    »Und

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