Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
herzustellen?«
    »Das Ziehen des Laufs erfordert erhebliches technisches Geschick. Die Ladevorrichtung für das Geschoßmagazin muß gut ausbalanciert sein, und das Ende des Laufs…« Leonard sah den Ausdruck auf dem Gesicht des Patriziers und zuckte mit den Schultern. »Nur ein sehr cleverer Bursche wäre imstande, ein zweites Exemplar zu bauen.«
    »In dieser Stadt wimmelt’s von cleveren Burschen«, sagte Lord Vetinari. »Damit meine ich nicht nur Menschen, sondern auch Zwerge und all die anderen.«
    »Das tut mir alles sehr leid.«
    »Die Leute denken nie nach.«
    »In der Tat.«
    Der Patrizier lehnte sich zurück und sah zu den Fenstern empor.
    »Sie eröffnen einen Dreimal Glücklichen Fischimbiß an der Stelle, wo sich einst die Mauern des alten Tempels in der Unheilsstraße erhoben. Und welchen Zeitpunkt wählen die Idioten? Den Abend der Wintersonnenwende. Und zufälligerweise auch noch bei Vollmond.«
    »Tja, so sind die Leute eben.«
    »Ich habe nie herausgefunden, was mit Herrn Hong passiert ist.«
    »Armer Kerl.«
    »Und dann die Zauberer. Pfuschen dauernd herum. Nehmen sich nie Zeit, gründlich nachzudenken, bevor sie nach einem Streifen der Realität greifen und versuchsweise daran ziehen.«
    »Schockierend.«
    »Und die Alchimisten. Ihre Vorstellung von Bürgerpflicht ist es, Dinge zu mischen und abzuwarten, was passiert.«
    »Die Explosionen höre ich selbst hier unten.«
    »Und dann kommt jemand wie du…«
    »Es tut mir schrecklich leid.«
    Lord Vetinari drehte das Modell der Flugmaschine hin und her.
    »Du träumst vom Fliegen«, sagte er.
    »O ja. Dann wären die Menschen wirklich frei. In der Luft, wo es keine Grenzen gibt. Es könnte keinen Krieg mehr geben, weil der Himmel endlos ist. Wenn wir die Möglichkeit hätten, aufzusteigen und zu fliegen, fänden wir wahres Glück.«
    Vetinari drehte den kleinen Apparat noch immer in seinen Händen.
    »Ja«, sagte er leise. »Vielleicht stimmt das.«
    »Ich hab’s mit einem Aufziehmechanismus versucht, aber das funktionierte nicht.«
    »Oh.«
    »Wie sehr man sie auch spannt: Die Kraft von Federn ist begrenzt.«
    »O ja«, erwiderte der Patrizier. »Ich verstehe. Wenn man eine Feder in der einen Richtung aufzieht, setzt sie ihre Kraft in der anderen frei. Und manchmal muß man die Feder fester als sonst aufziehen, wodurch man riskiert, daß sie bricht.«
    Vetinaris Gesichtsausdruck veränderte sich.
    »Meine Güte«, sagte er.
    »Bitte?« fragte Leonard.
    »Er hat nicht an die Wand geklopft. Vielleicht bin ich diesmal zu weit gegangen.«
     
    Detritus saß im Fleischlager und dampfte. Er verspürte Appetit, aber nicht nach etwas Eßbarem, sondern nach neuen Dingen, über die es nachzudenken lohnte. Mit sinkender Temperatur nahm die Effizienz seines Gehirns immer mehr zu. Und es brauchte Dinge, mit denen es sich beschäftigen konnte.
    Er berechnete die Anzahl der Ziegelsteine in der nächsten Mauer und wechselte dabei mehrmals die Basis des Zahlsystems: zwei, zehn und schließlich sechzehn. Die Zahlen formten sich von ganz allein und marschierten stolz an seinem inneren Auge vorbei. Detritus entdeckte Division und Multiplikation. Er erfand für sich persönlich die Algebra, die ihn ein oder zwei Minuten lang ablenkte. Dann lichtete sich der Nebel aus Zahlen, und als er den Blick hob, offenbarten sich ihm die funkelnden, fernen Berge des Infinitesimalkalküls.
    Trolle lebten in hohen, felsigen und vor allem
kalten
Regionen. Ihre Siliziumgehirne waren an niedrige Temperaturen gewöhnt. Tief unten im Flachland war es immer warm, und dadurch wurden sie… dumm. Es brachen keineswegs dumme Trolle nach Ankh-Morpork auf, im Gegenteil: Solche Entscheidungen reiften in den klügeren Exemplaren. Doch die Stadt
machte
sie dumm.
    Detritus galt selbst nach den Maßstäben der Trolle in Ankh-Morpork als debil. Eine Laune der Evolution hatte sein Gehirn für den Einsatz bei einer Temperatur vorgesehen, die in der Stadt nicht einmal während eines besonders kalten Winters herrschte.
    Jetzt war die Idealtemperatur für Detritus’ Hirn fast erreicht. Leider hatte die Evolution vergessen, den Rest seines Körpers entsprechend anzupassen: Während Detritus immer schneller und besser dachte, näherte sich ihm der Tod.
    Ein Teil seines Bewußtseins befaßte sich mit diesem Problem. Seine Rettung war sehr wahrscheinlich. Was bedeutete, daß man ihn von diesem Ort fortbrachte. Was bedeutete, daß er wieder dumm wurde. Das war so sicher wie 10 -3 (M e /M p )α 6 α G

Weitere Kostenlose Bücher