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Helle Barden

Helle Barden

Titel: Helle Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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    Deshalb hielt er es für angemessen, das Beste aus seiner Situation zu machen.
    Er kehrte in eine Welt aus Zahlen zurück, die so komplex waren, daß sie nur vorübergehend Bedeutung hatten. Und der Zeitpunkt des Erfrierens rückte immer näher.
     
    Schnapper erreichte die Fleischergilde kurz nach Knuddel. Die große rote Tür war aufgebrochen worden; hinter der Schwelle saß ein kleiner Fleischer und rieb sich die Nase. »Wohin ist er gegangen?«
    »Er is’ gelaufen. Un’ zwar dorthin.«
    Im großen Saal der Gilde wankte der Meisterfleischer Gerhardt Socke im Kreis. Knuddels Stiefel ruhten auf seiner Brust. Der Zwerg hing an der Weste des Mannes wie ein Segler, der im Sturm laviert. Er schwang die Axt dicht vor Sockes Gesicht.
    »Gib ihn mir, jetzt sofort! Sonst zwinge ich dich, deine eigene Nase zu essen!«
    Einige Fleischerlehrlinge versuchten, nicht im Weg zu sein.
    »Aber…«
    »Widersprich mir nicht! Ich bin ein Wächter!«
    »Aber du…«
    »Ich gebe dir eine letzte Chance: Rück ihn endlich raus!«
    Socke schloß die Augen.
    »Was willst du?«
    Die Zuschauer warteten gespannt.
    »Ah«, sagte Knuddel. »Ahaha. Habe ich das nicht gesagt?«
    »Nein!«
    »Ich bin ziemlich sicher, daß ich dir einen Hinweis gegeben habe.«
    »Das wäre mir bestimmt aufgefallen.«
    »Na schön. Ich brauche den Schlüssel für das Zukunftsschweinlager, wenn du’s unbedingt wissen willst.« Knuddel sprang zu Boden.
    »Warum?«
    Die Axt erschien wieder vor Sockes Nase.
    »War nur eine Frage«, sagte Socke hastig. Verzweiflung zitterte in seiner leisen Stimme.
    »Ein Mann der Wache erfriert dort«, erklärte Knuddel.
     
    Es hatte sich Publikum eingefunden, als es ihnen schließlich gelang, die große Tür zu öffnen. Eisklumpen fielen auf den Boden und brachen klirrend auseinander. Kalte Luft strömte aus dem Gebäude.
    Rauhreif bedeckte den Boden und die vielen Fleischkörper bei ihrer Reise rückwärts durch die Zeit. Er bedeckte auch einen detritusförmigen Haufen in der Mitte des großen Raums.
    Sie trugen ihn nach draußen in den Sonnenschein.
    »Ist es normal, daß in seinen Augen ein solches Licht flackert?« fragte Schnapper.
    »Hörst du mich?« rief Knuddel. »Detritus?«
    Der Troll blinzelte. In der Wärme löste sich das Eis von ihm.
    Er spürte das Ende eines wundervollen Universums aus Zahlen nahen. Die steigende Temperatur wirkte auf seine Gedanken wie ein Flammenwerfer auf Schnee.
    »Sag was!« drängte Knuddel.
    Türme aus Intellekt brachen zusammen, als das Feuer durch Detritus’ Gehirn toste.
    »He, seht euch
das
an«, entfuhr es einem Lehrling.
    Zahlen zierten die Innenwände des Lagers. In den Rauhreif waren Gleichungen gekratzt, die mindestens so komplex wirkten wie neuronale Netze. An einer Stelle der Berechnung hatte der Mathematiker statt Zahlen Buchstaben benutzt. Und dann hatten auch keine Buchstaben mehr genügt: Käfigartige Klammern umschlossen Ausdrücke, die für normale Mathematiker das darstellten, was eine Stadt für eine Landkarte war.
    Die Formeln wurden einfacher, als sie sich dem Ziel näherten, doch ihre Schlichtheit barg eine spartanische, herrliche Komplexität.
    Knuddel starrte sie groß an und wußte: Selbst nach einem hundert Jahre währenden,
intensiven
Studium wäre er nicht imstande, dies zu verstehen.
    In der wärmeren Luft verflüchtigte sich der Rauhreif allmählich.
    Die Gleichungen schrumpften, als sie sich der Stelle näherten, wo der Troll gesessen hatte. Schließlich beschränkten sie sich auf einige wenige Ausdrücke, die schimmerten und wie etwas Lebendiges pulsierten: Mathematik ohne Zahlen, so rein wie Blitze.
    Am Ende der langen Rechnung erkannte Knuddel ein einfaches Symbol: =.
    »Ist gleich was?« fragte er. »Gleich was?«
    Der Rauhreif setzte seine Metamorphose fort und wurde zu Wasser.
    Knuddel kehrte nach draußen zurück. Detritus hockte inzwischen in einer Pfütze, menschliche Zuschauer umringten ihn.
    »Hat jemand von euch eine Decke für ihn?« fragte der Zwerg.
    »Hä?« machte ein dicker Mann. »Wer würde eine Decke noch benutzen, nachdem sie auf einem Troll gelegen hat?«
    »O ja, natürlich, völlig klar«, erwiderte Knuddel. Er sah zu den fünf Löchern in Detritus’ Brustharnisch. Für einen Zwerg befanden sie sich etwa in Kopfhöhe. »Könntest du bitte mal hierherkommen?«
    Der Mann sah zu seinen Freunden, grinste und schlenderte näher.
    »Ich nehme an, du siehst diese Löcher im Brustharnisch, nicht wahr?« fragte

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