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Hello Kitty muss sterben

Hello Kitty muss sterben

Titel: Hello Kitty muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Choi
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Schlimmeres.
    Ich rief Thomas zurück.
    »Sieh mal, ich hab keine Zeit für diesen Scheiß. Ich gehe.«
    »Nein, es tut mir so leid. Ich habe gerade eben eine Parklücke gefunden. Ich komme in diesem Moment ins Kino gelaufen.«
    Und da war er.
    Thomas. Ein Meter fünfundsiebzig. Hemd mit Kragen. Lederbomberjacke. Khakihosen von GAP . Schwarze Lederschuhe.
    »Es tut mir so leid, Fiona.« Er umarmte mich ungestüm, nach CK One riechend.
    »Tja, der Film ist zur Hälfte vorbei. Und ich habe Hunger. Ich will etwas essen.«
    »Ähm, ich hab schon gegessen. Ich habe keinen allzu großen Hunger.«
    Ja, klar. Der geizige Mistkerl wollte wahrscheinlich einfach nicht fürs Essen bezahlen.
    »Tja, ich will etwas essen.«
    »Oh, okay. Was willst du denn?«
    »Ich will Japanisch. Gehen wir ins Sanraku.«
    »Du magst Japanisch? Warum gehen wir nicht nach Ja pantown? Ja, hast du Lust auf Karaoke?«
    Karaoke.
    Was wörtlich so viel wie »unmusikalisch« bedeutet. Erfunden von Daisuke Inoue als »völlig neue Art und Weise für Leute zu lernen, einander zu tolerieren«. Weil man unmusikalisch, betrunken oder tot sein muss, um es auszuhalten. Und nicht die eigenen Freunde für ihre Teilnahme umzubringen. Eine moderne Lehrmethode für Toleranz.
    Aber es ist die Wahldroge junger Asiaten auf der ganzen Welt. Es ist das Mah-Jongg für alle, die nicht älter als vierzig sind. Aus Leibeskräften in einer engen, fensterlosen Kabine vor einem grellen Fernsehschirm Songs falsch zu singen, ange trieben einzig und allein vom Alkohol. Asiaten nennen es Unterhaltung.
    Ich nenne es die Antwort des zwanzigsten Jahrhunderts auf die Folterbank. Eine Hightech-Variante von Fingernägeln, die eine Schultafel hinunterkratzen.
    Und es führte dazu, dass ich Thomas auf »völlig neue Art und Weise« sah, als er Songs von ABBA ins Mikrofon grölte, direkt neben meinem Ohr.
    »See that girl, watch that scene, dig in the dancing queen …«
    Thomas legte mir den Arm um die Schulter und trank noch einen Schluck Bier.
    »Komm schon, Fiona. Sing mit«, sagte er und schob mir das Mikrofon vors Gesicht.
    Mein Magen knurrte. Wir hatten uns doch nichts zu essen besorgt. Ich leide an Hypoglykämie. Folglich habe ich immer Müsliriegel von Nature Valley in meiner Handtasche. Apfel und Zimt Crisp. Rosine und Mandel. Dem Herrn sei Dank für Müsliriegel.
    »You are the dancing queen, young and sweet, only seventeen …«
    Bei Dates fragen sich die meisten Leute, wie der andere nackt aussieht. Wie ihre Brüste aussehen. Wie groß sein Penis ist. Ob er gut im Bett ist. Ob sie auf Analsex steht. Ob er schnarcht. Und wie viele Dates man brauchen würde, um sie flachzulegen.
    Ich hingegen fragte mich, wie Thomas wohl sterben würde. Und wie er als Leiche aussähe. Die Leute sehen immer anders aus, wenn sie tot sind. Sie sehen nicht so aus, wie wenn sie gerade den Text von »Eternal Flame« vor sich hin grölen.
    Ich wünschte, Sean wäre da.
    Und dann wurde mir klar, dass er es war. In Form von zwei weißen Tabletten.
    Thomas machte eine Pause, während er darauf wartete, dass der nächste Song geladen wurde. Er kippte noch mehr Tsingtao Bier in sich hinein.
    »Die ganze Sache mit dem Verabreden ist neu für mich, Fiona. Ich habe eigentlich noch keine richtigen Dates gehabt.«
    »Wirklich? Du machst Witze. Wie alt bist du?«
    »Ich bin fünfunddreißig.«
    »Was zur Hölle …?«
    »Sorry, ist das eigenartig?«
    »Nein, Mann, das ist unheimlich. Gruselig. Was ist los mit dir?«
    »Ach, na ja, ich hab mich einfach sehr auf meine Karriere konzentriert. Ich war an der UC Bookaley.« UC Berkeley. UC Bookaley ausgesprochen von kleinen alten chinesischen Damen, die nur ein paar Wörter Englisch sprachen. Nicht von einem Absolventen der UC Berkeley.
    »Thomas, bist du hier geboren worden?«
    »O ja, ich bin in San Jose zur Welt gekommen.«
    Der asiatische Grand Central. Kein Wunder. Ein in Amerika geborener Chinese mit kantonesischem Akzent.
    »Du bist Informatiker, stimmt’s?«
    »Nun, ich habe meinen Abschluss in Informatik gemacht, aber ich bin Projektmanager in einer Hightechfirma in Menlo Park.«
    »Du hast also noch nie eine Freundin gehabt?«
    »Nein, ich war einmal mit einem Mädchen in der Highschool verabredet. Aber das war zum Abschlussball.«
    Heilige Scheiße.
    Die Vorstellung von Mr Happy und meiner Flasche Lidocain kam mir auf einmal nicht mehr ganz so absurd vor. Hier war jemand, der in einer Höhle gelebt hatte, einer Silicon-Valley-Höhle.
    »Warum hast du keine

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