Hello Kitty muss sterben
werde.«
Eine Sekunde später wurde mir bewusst, dass ich mich zu einem dritten Date mit Don hatte breitschlagen lassen. Und dieses Mal in seinem neuen Haus.
Ich brauchte mehr als eine Packung Flunies. Ich brauchte ein Snickers.
KAPITEL 16
Prozessanwälte wiederholen manchmal wieder und wieder dieselbe Frage, ohne auf die Entgegnung zu achten, weil sie versuchen, einem die Antwort zu entlocken, die sie hören wollen. Es ist eine alte Kreuzverhörtaktik, bei der man versucht, den Zeugen mürbe zu machen. Bei Gericht nennen Richter und Anwälte es ›dem Zeugen zusetzen‹. Und die Gegenseite kann Einspruch erheben. Denn die Frage ist bereits gestellt und beantwortet worden.
Fahren Sie fort, Herr Anwalt.
Leider gelten die kalifornischen Prozessregeln nicht bei chinesischen Familienmahlzeiten. Oder bei chinesischen Eltern, die darauf erpicht sind, ihren Nachwuchs zu verheiraten.
Sonntagabend holten meine Eltern mich im Büro ab. Sie hatten Angst, ich könnte mich heimlich davonstehlen. Genau das hatte ich vorgehabt. Ihr überraschendes Eintreffen machte meine Fluchtpläne zunichte. Also landete ich im Familienwagen auf dem Weg nach San Bruno, mit einem Snickers in der Handtasche.
Nur für den Fall aller Fälle.
»Rein und wieder raus. Ich bleibe keine Minute länger, Dad.«
»Sei nicht unverschämt, Fiona.«
Denn Hello Kitty ist niemals unverschämt.
»Dad, ich bin nicht unverschämt. Ich sage dir nur geradeheraus, was ich beschlossen habe. Ich werde Don nicht heiraten. Und ein Abendessen wird daran nichts ändern.«
»Sieh dir nur zuerst einmal sein Haus an.«
In der Welt von Jane Austen funktioniert das tatsächlich. Lizzie Bennet wird erst bewusst, wie sehr sie in Mr Darcy verliebt ist, als sie sieht, wie imposant Pemberley ist. Beim Anblick seines großen Besitzes wird ihr auf einmal klar, wie stark sie ihn liebt. Und keine Sekunde früher. Schon komisch, die Liebe. Selbst zu Jane Austens Zeiten.
Doch im Gegensatz zu Lizzie verdiene ich mir meinen Lebensunterhalt. Ich rackere mich für Jack Betner ab, damit ich niemanden wie Don heiraten muss, um drei Mahlzeiten und ein Dach über dem Kopf zu haben. Wahrscheinlich verdiene ich mehr als Don. Und das Erbe einer Familie wird hier in Amerika nicht nur in männlicher Linie weitergegeben.
Gott segne Amerika. Ganz Amerika, selbst San Bruno. Weniger Macht dem Penis.
San Bruno ist ein Vorort in Buchtnähe mit etwa vierzigtausend Einwohnern. Zu den Highlights der Stadt zählen der San Francisco International Airport, der Golden Gate National Cemetery und Tausende ein- und zweistöckiger Häuser. Don hatte ein zweistöckiges, mit Stuck verziertes Haus, bei dem das Erdgeschoss in eine Garage umgewandelt worden war. Eine Parkgelegenheit zu finden, wäre also niemals ein Problem für den Herrn und die Herrin des Hauses. Doch es war nicht Pemberley.
»Was meinst du, Fiona?«, fragte Dons Vater.
»Es ist ein sehr nettes Haus«, erwiderte ich tonlos.
»Warte, bis du es von innen siehst.«
Hurra.
Das Innere von Dons neuem Haus verdankte seine Ausstattung Home Depot und IKEA , nicht Ethan Allen. Das Ergebnis war amerikanischer Vorstadtchic mit einem Hauch altes Asien inklusive eines Altars, der Dons Ahnen geweiht war. Schwarz-Weiß-Fotografien seines Urgroßvaters und Großvaters standen in vergoldeten Rahmen auf dem Kaminsims, zusammen mit Räuchergefäßen und Obsttellern. Orangen, Äpfel, Bananen, Birnen. Das essen die Geister chinesischer Ahnen. Und den Rauch aus den Räucherfässern.
Bon appétit.
Ein Satz freier Gewichte und eine Flachbank zum Bankdrücken standen in einer Ecke des Wohnzimmers. Eine Gewichtstange lehnte an der Wand und wirkte deplatziert in dem ansonsten völlig durchschnittlichen Raum.
»Wer stemmt denn Gewichte?«, fragte ich.
»Ich«, erwiderte Don.
Ich starrte seine wabbeligen Arme an, Arme, die wie Götterspeise zitterten und wackelten, sobald er sie bewegte. Wenn Don Gewichte stemmte, dann war ich Meisterbodybuilderin.
»Na ja, ich fange gerade erst an«, räumte Don verlegen ein.
Tatsächlich.
»Ich will gut aussehen, weißt du, für das alles«, fuhr er fort.
Für unsere Hochzeit.
Ich machte den Mund auf, bereit, Don zum millionsten Mal zu widersprechen, doch mein Vater ergriff als Erster das Wort.
»Es ist wichtig, fit zu bleiben, Don. Du solltest Fiona hier ermuntern, Sport zu treiben. Sie hockt den ganzen Tag nur vor dem Computer rum. Nicht gut für sie. Sie muss auch etwas für ihr Aussehen tun«, sagte mein
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