Hello Kitty muss sterben
leid werden. Stattdessen wurde er süchtig danach.
Das wurde mir bewusst, wenn er mich an den Wochenenden mitnahm, nachdem ich Doreens Arbeit erledigt hatte. Wir besuchten Bars, tranken Fünfzehn-Dollar-Drinks und machten Ausfahrten durchs Nuttenland.
»Wie geht’s Doreen?«
»Immer noch am Leben und erteilt mir Aufträge.«
»Wie schade. Du könntest deinen Kumpel viel öfter begleiten und noch mehr Spaß haben.«
»Noch mehr Spaß?«
Sean sagte nichts. Wir fuhren an etlichen Frauen in mini Miniröcken und Plateau-fick-mich-Schuhen vorbei. Sie lachten uns höhnisch zu und winkten mit den Armen.
»Ich mach’s auch mit Pärchen, Süßer!«, rief uns eine nach.
Ich drehte mich zu Sean, der den Blick wie ein braver Fahrer auf die Straße gerichtet hielt. Dachte immer an die Sicherheit der anderen, dieser Sean.
»Hast du das gehört? Die klingt nach deiner Art von Spaß.«
»Nee.«
»Warum denn nicht?«
»Die Letzte ist schwarz gewesen. Vor zwei Tagen.«
»Vor zwei Tagen?«
»Ja, sorry, Fi. Konnte nicht warten, bis du mit von der Partie bist.«
»Und die hier ist nicht gut?«
»Sie ist auch schwarz. Entwickle nie einen zu deutlichen Typ oder ein Muster. Das verkürzt nur die eigene Karriere.«
Alles klar.
Also fuhren wir noch eine Weile herum, bis Sean eine Rothaarige in einem schwarzen Lederrock, mit pinkfarbenem Boaschal und gewaltiger Haarspray-Hochfrisur entdeckte. Sie fluchte einem Wagen hinterher, der sie nicht mitnehmen wollte. »Fahr nach Hause und nuckel an den Titten deiner Mama!«, schrie sie, wobei sie ihre großen Brüste schüttelte.
»Also das ist genau mein Typ Mädchen, Fi.«
»Rothaarig?«
»Fies und gemein.«
Sean fuhr direkt vor ihr an den Bordstein, doch bevor er das Beifahrerfenster herunterließ, sagte er: »Keine Sorge, Fi. Ich setz dich beim Big Four ab. Wartest du dort auf mich?«
»Was hast du vor?«
»Keine Sorge, Fi. Vertrau mir. Heute Abend lassen wir die Sau raus.«
Die Frau bückte sich und spähte durch das heruntergelassene Fenster zu uns herein, wobei sie mich mit einem unfreundlichen Blick bedachte. Ich achtete nicht auf sie, sondern starrte unverwandt geradeaus.
»Tut mir leid, Leute. Ich mach’s nicht mit Pärchen.« Sie wickelte sich ihren Kaugummi um den Finger, bevor sie ihn zurück in den Mund steckte.
»Nee, die hier setze ich gleich ab. Wie würde es dir gefallen, eine Nacht im Mark Hopkins Hotel zu verbringen?«
»Mark Hopkins?«
»Ja, steig ein.«
Und das tat sie.
Sean setzte mich einen Block von der Bar entfernt ab und zwinkerte, als ich die Tür zuschlug. Die Nutte lachte mir höhnisch von der Rückbank zu. Mir war unbehaglich zumute, besonders, weil Sean mich als Prostituierte ausgegeben hatte.
Ich fragte mich, was Sean vorhatte. Das Mädchen an einen Ort wie das Mark Hopkins zu bringen, wo der Portier oder Hotelpage sich an die beiden erinnern würde. Riskant, dumm, es passte gar nicht zu Sean.
Ich sah ihnen nach. Ich sah ihnen nach, wie der Wagen direkt am Mark Hopkins vorbeifuhr und einen Hügel hi nunter in Richtung Bucht verschwand. Die roten Rück lichter seines Mercedes blitzten wie dämonische Augen aus einem Film auf.
Ich war mir nicht so sicher, ob diese Frau ihr Schicksal verdient hatte. Sie wollte bloß für ihren Lebensunterhalt sorgen. Es war ihr Körper, ihr Leben, ihre Berufswahl. In Kalifornien gilt: Wenn du es hast, dann stell es zur Schau, vermarkte es, verkauf es. Alles an den Höchstbietenden. Man frage nur einmal die Leute in Hollywood. Das ist Westküsten-Kultur.
Ich hegte den Verdacht, dass es Sean mittlerweile gleichgültig war. Ob jemand es verdient hatte oder nicht. Inzwischen machte er es wegen des Nervenkitzels. Ich betete, dass er nicht abglitt, alle Vorsicht in den Wind schlug, sich völlig der Dunkelheit anheimgab. Denn das würde ihn direkt ins Staatsgefängnis San Quentin bringen.
Ich ging ins Big Four und setzte mich an einen kleinen Tisch. Ich holte mein Handy heraus und ließ es vor mir liegen.
»Was darf ich Ihnen bringen?«, fragte eine Kellnerin mit russischem Akzent.
»Ein Glas Riesling, bitte.«
Und ein Glas Cabernet Sauvignon.
Etwa anderthalb Stunden später rief Sean an. Ich zuckte zusammen, als mein Handy aufblinkte und zu vibrieren begann.
»Bist du jemals nachts segeln gewesen?«
»Geht man überhaupt nachts segeln, Sean?«
»Ich hol dich gleich ab.«
Er legte auf, ohne meine Antwort abzuwarten.
Nachts auf dem Wasser zu sein, hatte für mich etwas Gespenstisches und
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