Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hell's Angels (German Edition)

Hell's Angels (German Edition)

Titel: Hell's Angels (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
Vom Netzwerk:
Marihuana haben, können es sich leisten, es in großen Pfeifen oder Bongs zu rauchen. Und wer ernsthafte kommerzielle Interessen mit diesem Zeug verfolgt, raucht es ohnehin meist nur selten und allenfalls hinter verschlossener Tür. Ein Faible für Dope ist in einer profitorientierten Gesellschaft nicht Teil der Erfolgsformel. Wenn Horatio Alger in der Nähe eines Hanffelds aufgewachsen wäre, wäre seine Lebensgeschichte womöglich ganz anders verlaufen. Er hätte von der Stütze gelebt und die meiste Zeit nur in der Gegend herumgestanden und Dinge angelächelt, und Vorhaltungen seiner Freunde und Gönner hätte er mit den Worten abgewehrt: »Nerv hier nicht rum, Mann. Das verstehst du halt nicht.« 41
    Die Angels legen Wert auf die Feststellung, dass ihrem Club kein einziger Drogensüchtiger angehört, und nach der juristischen und medizinischen Auslegung des Begriffs trifft das auch zu. Süchtige haben einen Fokus; das körperliche Bedürfnis nach dem Stoff, von dem sie abhängig sind, zwingt sie, selektiv vorzugehen. Die Angels aber haben keinerlei Fokus. Sie werfen Drogen ein, als wären sie Verhungernde, die plötzlich an einem kalten Büfett stehen. Sie nehmen alles, was ihnen in die Finger
kommt, und wenn daraus ein schreckliches Delirium resultiert, dann ist dem halt so.
    Sie rauchen derart offen Marihuana, dass man nicht recht versteht, warum sie deswegen nicht alle im Gefängnis sitzen. Die diese Droge betreffenden Gesetze in Kalifornien zählen zu den primitivsten Manifestationen amerikanischer Politik. Bei der zweiten Verurteilung wegen Besitz eines einzigen Joints – oder auch nur eines Zehntel-Joints  – wandert man für mindestens zwei Jahre hinter Gitter. Bei der dritten Verurteilung wegen Marihuanabesitzes liegt die Mindeststrafe bei fünf Jahren. Diese Strafmaße sind gesetzlich festgelegt, und etwaige von einem Richter festgestellte milderne Umstände ändern nichts daran.
    Von den Risiken einmal abgesehen, gleicht die Marihuanasituation in Kalifornien der Schnapssituation in den USA der Zwanzigerjahre. Dope und Gras sind allgegenwärtig; tausende Menschen rauchen es so beiläufig, wie sie Aspirin nehmen. Aber die Illegalität hat einen Kult geschaffen, einen Pot-Untergrund, dessen Anhänger gezwungen sind, wie Spione herumzuschleichen und sich in dunklen Räumen zu treffen, um dort ihr verbotenes Vergnügen von einer ängstlich zitternden Hand zur anderen weiterzureichen. Viele werden allein schon von dem Risiko high. Nur wenige können sich »antörnen«, ohne ein äußerst sonderbares Ritual daraus zu machen, und zu denen, die das können, zählen die Hell’s Angels – denn die machen das schon so lange, dass sie den geheimnisvollen Nimbus nicht mehr mit der wahren Wirkung verwechseln. Marihuana scheint eine entspannende Wirkung auf sie zu haben, sonst weiter nichts. Sie nennen es Weed oder Dope und meiden Hipster-Begriffe wie Gras oder Pot . Für die meisten ist es eine Selbstverständlichkeit,
so wie Bier oder Wein. Wenn das Zeug greifbar ist, rauchen sie es, aber sie geben nur selten Geld dafür aus. Wenn sie für Kicks bezahlen müssen, ziehen sie wirksameren Stoff vor.
    In Bass Lake waren es Pillen. Als ich am Samstag kurz nach Einbruch der Dunkelheit am Lagerfeuer stand und mich mit einigen Angels über die Ausschreitungen in Laconia unterhielt, kam jemand mit einer großen Plastiktüte und verteilte ihren Inhalt. Als er bei mir ankam, streckte ich die Hand aus und bekam etwa dreißig kleine weiße Tabletten. Für einen Moment verstummte das Gespräch, während die Outlaws ihre Ration schluckten und die Pillen mit Bier hinunterspülten. Ich fragte, was das sei, und jemand neben mir sagte: »Bennies, Mann. Schön schlucken, die halten dich wach.« Ich fragte ihn, wie viel Milligramm das seien, aber er wusste es nicht. »Nimm einfach zehn Stück«, riet er mir. »Und wenn das nicht reicht, nimmst du noch mehr.«
    Ich nickte und schluckte zwei. Sie sahen jeweils nach ungefähr fünf Milligramm aus, was genug Benzedrin gewesen wäre, um die meisten Leute stundenlang wach zu halten und brabbeln zu lassen. Nach zehn Pillen oder fünfzig Milligramm hätte jeder außer einem absoluten Pillenfreak mit Symptomen eines akuten Delirium tremens ins Krankenhaus gemusst. Später versicherten mir mehrere Angels, bei den Bennies habe es sich tatsächlich um »Fünfer« gehandelt – dafür hätten sie zumindest bezahlt. Sie nannten mir nie ihren Großhandelspreis, boten aber einmal an, mir so

Weitere Kostenlose Bücher