Hell's Angels (German Edition)
angetan, sein Verhältnis zu den Instanzen von Recht und Anstand zu verbessern, aber er widmete sich dieser Verbindung dennoch, und zwar mit großer Begeisterung.
Ich lernte Kesey eines Nachmittags im August in den
Studios von KQED kennen, dem Bildungsfernsehsender von San Francisco. In einem Lokal in der Nähe tranken wir ein paar Bier miteinander, aber ich musste früh weg, weil ich Frenchy noch eine Platte mit brasilianischer Percussionmusik im Box Shop vorbeibringen wollte. Kesey schlug vor mitzukommen, und als wir dort eintrafen, kam er bei den vier oder fünf Angels, die um diese Uhrzeit noch bei der Arbeit waren, blendend an. Nach etlichen Stunden gemeinschaftlichen Essens und Trinkens und dem symbolischen gemeinsamen Grasgenuss lud Kesey das ganze Frisco-Chapter für das Wochenende darauf zu einer Party nach La Honda ein. Mit seinen Merry Pranksters besaß er dort ein zweieinhalb Hektar großes Grundstück mit einem tiefen Bach zwischen dem Haus und dem Highway, und in dem Haus wimmelte es immer von den wildesten Gestalten.
Wie der Zufall wollte, wurden an diesem Freitag neun Anklagen wegen Marihuanabesitzes gegen Leute aus Keseys Umgebung fallen gelassen; das fand in den Samstagszeitungen gebührend Beachtung, die in La Honda ungefähr zu dem Zeitpunkt ausgeliefert wurden, als Kesey an seinem Tor ein Schild anbrachte, auf dem geschrieben stand: DIE MERRY PRANKSTERS BEGRÜSSEN DIE HELL’S ANGELS. Das in Rot, Weiß und Blau gehaltene Schild war fünf Meter breit und einen Meter hoch. Das kam nicht gut an in der Nachbarschaft. Als ich am Nachmittag dort eintraf, standen auf dem Highway vor Keseys Grundstück fünf Streifenwagen des Sheriffs von Mateo County. Gut zehn Angels waren bereits anwesend und hinter dem Tor in Sicherheit. Zwanzig weitere waren angeblich noch unterwegs. Da braute sich schön was zusammen.
Ich hatte meine Frau und meinen kleinen Sohn dabei,
und wir wollten runter an den Strand und dort eine Kleinigkeit essen, ehe wir uns dann unter die anderen Partygäste mischen würden. Einige Meilen die Straße hinab hielt ich in San Gregorio, einem kleinen Ort fast ohne Einwohner, der den umliegenden Farmen als eine Art Zentrum dient, bei einem Gemischtwarenladen. Hinten im Geschäft, in den Abteilungen für Werkzeug, Saatgut und Pferdegeschirr, war wenig los, aber vorne an der Bar ging es laut und gereizt zu. Die Leute waren gar nicht froh über das, was sich da ein Stück die Straße hinauf tat. »Dieser verdammte Drogensüchtige«, sagte ein Farmer mittleren Alters. »Erst ist es Marihana, und jetzt sind es die Hell’s Angels. Herrgott noch mal, der ist doch wirklich eine Schande für die ganze Gemeinde!«
»Beatniks!«, sagte ein anderer. »Ein Dreckspack ist das.«
Man sprach darüber, sich aus dem Laden Axtstiele zu holen, »und dann gehen wir hin und räumen da mal gründlich auf«. Aber dann sagte jemand, die Polizei sei bereits zur Stelle. »Diesmal stecken sie die hinter Gitter, jeden einzelnen von denen ...« Und so wurden dann schließlich doch keine Axtstiele ausgeteilt.
Bei Einbruch der Dunkelheit war Keseys Enklave erfüllt von Menschen, Musik und bunten Lichtern. Die Polizei ergänzte das Ganze mit einem hübschen Touch, indem sie ihre Wagen am Highway abstellte und die Blaulichter anließ – rote und orange Lichtblitze erhellten die Bäume und die steile Böschung an der Straße. In diesem Frühjahr hatte die Polizei auf Keseys Grundstück eine Razzia veranstaltet, an der siebzehn Beamte und ein halbes Dutzend Hunde teilgenommen hatten, angeführt von Willie Wong, einem berüchtigten Drogenfahnder der Bundespolizei. Kesey und zwölf seiner Freunde wurden
wegen Marihuanabesitzes festgenommen, aber die meisten Anklagen mussten wegen einiger formaler Fehler im Durchsuchungsbefehl wieder fallen gelassen werden. Kurz nach der Razzia wurde Agent Wong aus dem Bezirk wegversetzt; und die örtliche Polizei unternahm keine weiteren Versuche mehr, auf das Gelände vorzudringen. Sie begnügte sich damit, auf dem Highway jenseits des Bachs auf der Lauer zu liegen und jeden zu überprüfen, der kam und ging. Die Deputys des örtlichen Sheriffs hielten einen steten Strom von College-Professoren, Obdachlosen, Anwälten, Studenten, Psychologen und Hippies an und befragten sie alle. Die Polizei konnte nicht viel tun, außer per Funk zu überprüfen, ob jemand einer Vorladung wegen eines Verkehrsvergehens nicht nachgekommen war, aber das taten sie mit absoluter Unermüdlichkeit. Hin und
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