Hell's Kitchen
voll, okay?«
»Okay, Howie. Vielleicht sehen wir uns noch mal.«
»Nicht, wenn ich was dagegen tun kann.«
»Oh, bei Mord und Immobilien in Manhattan kann man nie wissen.«
Griffiths’ Hängebacken bebten noch ein bißchen mehr, und ohne ein weiteres Wort zu sagen, verließ er den Raum, allerdings hörte ich, wie er sich nebenan bei Aiello beschwerte. Und ich hörte auch Aiellos Antwort: »Sehen Sie gottverdammt zu, daß Sie aus meinen Augen verschwinden!«
Ich wollte selbst schon gehen, als ich zufälligerweise den ersten Gegenstand in Buddy-Os Wohnung erspähte, der mir etwas anderes sagte, als daß er allein lebte, ein jämmerliches Leben führte, nie irgendwas zu Papier brachte, nichts besaß, das zu stehlen sich lohnte, und daß seine Wohnung nichts anderes war als ein Ort, um trocken zu bleiben. Was ich sah, war eine orangefarbene Karte, ungefähr acht mal fünf Zentimeter groß. Visitenkartengröße. Sie lag zusammen mit der übrigen Schweinerei auf dem Boden unter Buddy-Os Bett, im wesentlichen ein Dickicht aus Socken und Schuhen und Unterwäsche und Bierdosen und Wollmäusen.
Am oberen Ende der Karte stand in großen schwarzen Lettern:
FÄLLT MANNA VOM HIMMEL?
DIE CHANCE!!!
Dann, darunter, eine in zierlicher Kursivschrift abgefaßte Botschaft:
Verschaffen Sie sich Ihr persönliches Vermögen, jetzt und hier! Ich bin der richtige Mann, der Ihnen sagt, wie!
Ich warf noch einen Blick unter Buddy-Os Bett, fand aber bis auf die letzten drei aufeinanderfolgenden und abgegriffenen Ausgaben von >Big Bazooms< nichts zusätzlich Aufschlußreiches. Ansonsten nur noch mehr Socken und Staub, ein paar alte Streichholzheftchen und jede Menge erfolgloser Wettscheine.
Auf der orangefarbenen Karte stand auch eine Telefonnummer mit einer Vorwahl im Norden der Stadt. Ich schob sie in meine Tasche, verabschiedete mich von Aiello und seiner Crew und machte mich auf den Heimweg.
4
Das Abendessen bestand aus einem Hunan Flower Steak, dazu gebackene Klöße, ein Nudelgericht in Sesamsoße und zwei Mon-Lei- Bieren. Judy, meine Ex, hat früher immer gesagt, dies sei einer meiner ekelhaftesten Charakterzüge: die Fähigkeit zu essen, kurz nachdem ich etwas überall verspritzt gesehen hatte, das mal ein Mensch gewesen war.
Tja, dann war’s eben so. Buddy-O war nebenan ermordet worden, und daran konnte ich auch nichts mehr ändern. Das Essen und das Bier halfen.
Ich saß auf einem grünen Seidenbrokatsessel, den ich günstig in einem Goodwill-Laden erstanden hatte, und balancierte das Essen auf dem Schoß. Der Sessel hatte unten Fransen und war mit Gänsefedern gefüllt. Ich hatte ihn mir unter all den anderen Sesseln, die kein Mensch mehr wollte, ausgesucht, weil er wie etwas aussah, das in New Yorks goldener Zeit vielleicht den Salon eines vornehmen Bordells unten in Chelsea oder Greenwich Village geziert hatte. Das half mir, der Tatsache ins Auge zu blicken, daß es November war und daß ich wieder in einer zugigen Mietskaserne in Hell’s Kitchen wohnte. Allein.
Ich dachte daran, den Holy Redeemer zu suchen, um mal zu sehen, was er vielleicht über Ereignisse wußte, die zu dem vorzeitigen Tod von Buddy-O geführt hatten. Und ich sah mir King’s Row, meinen Lieblings-Ronald-Reagan-Film, in der Glotze an. Der Film, in dem er in zwei Teile zerschnitten wird.
Bis auf das bläuliche Glühen der Philco -Bildröhre und eine weiße Lichtpfütze von der Leselampe über meiner Schulter war es dunkel in der Wohnung. Das gefiel mir. Ich wußte, wo mein Kram war; und außer Büchern und Kleidern und gerade soviel Küche, wie erforderlich war, um ein Chili und Kaffee zu machen, und einem Sideboard für den Philco und meinen Johnnie Walker Red besaß ich nicht viel. Daher bestand auch kein dringendes Bedürfnis, etwas davon sehen zu müssen.
Mein häusliches Leben wäre durch gelegentlichen Damenbesuch sicher etwas freundlicher gewesen, aber mein Leben ist nicht direkt reich an Frauen. Und dies nicht allein, weil ich es mir so ausgesucht hätte. Gerne würde ich eine gewisse Legende über alleinstehende männliche Cops in New York glauben, auch daß sie praktisch unentwegt von Frauen umschwärmt würden. Ich habe schon viele hundert Male gehört, wie diese Legende von einsamen, alleinstehenden männlichen Cops verbreitet wurde, die sich harten Stoff und Bier in einsamen Cop-Bars hinter die Binde kippen - den übelsten Folterkammern des Herzens, denen man wahrscheinlich je begegnet.
Die einzige Frau, die ich tatsächlich
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