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Hell's Kitchen

Hell's Kitchen

Titel: Hell's Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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mager und um die achtzehn. In ihrem von Drogen benebelten Tran bewegten sie sich träge von einem Auto zum anderen, auf hohen Pfennigabsätzen, dank deren ihre Füße im nächtlichen Nebel und den Windstößen vom Hudson River naß und kalt blieben.
    Ein fetter Bursche in einem roten Wagen mit Jersey-
    Kennzeichen und zwei glotzenden Kumpels auf dem Rücksitz nahm beide.
    Unter einer Markise vor dem roten Neonlicht des Spirituosengeschäftes stand ein großer Schwarzer und rauchte eine Zigarette, das Gesicht dabei nach oben gewandt. Er trat in die Dunkelheit zurück und schnipste seine Zigarette fort, als ich ihn bemerkte.
    Ich beschloß, darüber zu schlafen.

5

    Der Samstagmorgen war feucht und dunkelgrau. Als ich auf meiner Couch aufwachte, hatte ich immer noch die Klamotten von gestern an. Das erste, woran ich dachte, war, daß ich um neun Uhr eine Verabredung mit Neglio hatte. Als zweites dachte ich an meinen Kater und die vage Chance, ihn mit Eiern und Frühstücksspeck ein wenig lindern zu können.
    Draußen sah es nach dem ersten Schnee aus. Nachdem ich also geduscht, Kaffee gekocht, ein paar Aspirin geschluckt und anhand des Durchzuges in der Wohnung das Wetter abgeschätzt hatte, entschied ich mich für Levi’s, einen Ragg-Pullover, Wollsocken, Weejuns, eine Seemannsjacke und eine Tweedmütze. Ich war also relativ schick für den Boss. Da ich offiziell meinen freien Tag hatte, beschloß ich, nur meine .38er Special-Dienstwaffe mitzunehmen.
    Nach dem dritten Kaffee wurde mein Kopf allmählich klarer, also ließ ich den Rest in der Kanne auf dem Herd stehen und machte mich auf den Weg die Treppe hinunter. Die alte Mary Rooney, die Dame aus der Wohnung direkt unter meiner, steckte ihren Kopf auf den Flur und fragte: »Wie kommt’s, daß Sie schon so früh auf den Beinen sind, und noch dazu an einem Samstag? Bei Ihnen ist’s doch normalerweise immer schon Mittag, Hock, stimmt’s?« Hinter ihr in der Wohnung hörte ich Adam Smith’s Money World aus dem Fernseher plärren.
    Ich erklärte ihr, daß ich ins Präsidium bestellt worden sei, und dann fragte sie: »Also, wo Sie ja sowieso unterwegs sind, wär’s da zuviel Mühe, unterwegs ein paar Sachen zu besorgen, die eine arme Frau braucht?«
    Sie brauchte immer die gleichen Dinge: Teebeutel von Lipton’s und L&M -Zigaretten. Ansonsten überlebte sie mit Konserven zum Mittag- und Abendessen, wenn es ihr in den Sinn kam, daß sie handfestere Nahrung brauchte. Der koreanische Mini-Markt die Straße runter lieferte ihr alles einmal wöchentlich ins Haus, einschließlich eines Vorrats an Meow Mix und 9-Lives für ihre vierbeinigen Begleiter, deren genaue Zahl ich gar nicht wissen wollte.
    Ich sagte, liebend gern würde ich das für sie erledigen, auch wenn es durchaus nicht so war.
    »Dann hole ich jetzt schnell das Geld, das Sie für meine Sachen brauchen werden«, sagte sie.
    Ich hörte irgendeinem Gerede aus dem Fernseher über Schuldverschreibungen und Futures und Schweinebäuche zu, und Mary Rooney schlurfte zu ihrer Tür zurück.
    »Ich gebe Ihnen fünfzig Cents, der Rest ist für Sie, für Ihre kleinen Mühen«, sagte sie und reichte mir das Geld. »Und nicht vergessen, wenn ich bitten darf. Es sind zwei Päckchen L&M und die rot-gelbe Schachtel Lipton’s mit sechzehn Beuteln drin.«
    Nein, ich würde es nicht vergessen. Aber ich fragte mich schon, welches Jahr wohl in Mary Rooneys Kopf als Gegenwart fixiert war. In welchem Jahr hatten zwei Päckchen Zigaretten und eine Schachtel Teebeutel weniger als einen halben Dollar gekostet? Waren Teebeutel damals überhaupt schon erfunden worden?
    Mary Rooney machte ihre Tür zu und schloß ab. Ich hörte, wie das schwere Stangenriegelschloß einrastete. Dann ging ich runter auf die Straße.
    Der Wind war scharf. Ich stellte den Kragen meiner Seemannsjacke auf, schob die Hände in die schrägen Seitentaschen und marschierte auf das einzige Zeichen von Wärme und Licht im Zwielicht des Morgens zu. Was das helle Fenster des Freßlokals auf der anderen Straßenseite war -Pete Pitsikoulis’ All-Night Eats & World’s Best Coffee.

    Ich drückte die Tür von Pete’s auf, und ein Wirbel warmer, dunstiger Luft wurde nach draußen in die Kälte gesaugt. Ich sah mich nach einem Platz um, wo ich mich niederlassen konnte, was sich als gar nicht so leicht erwies. Das Restaurant war voll mit Taxifahrern, die in den frühen Morgenstunden alle zusätzlichen Fuhren mitgenommen hatten, die sie vor Weihnachten kriegen konnten,

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