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Hell's Kitchen

Hell's Kitchen

Titel: Hell's Kitchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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erheblich geringer waren, als es in einem Land mit einer so hohen Meinung von sich selbst akzeptabel sein dürfte. Aber wenn dieses Baby tatsächlich den Tag seiner Geburt überlebte, würde es aufwachsen und sehr schnell lernen, was gespielt wurde - und dieses Leben zu Recht hassen. Und dann können wir sicher sein, daß noch viele blutende Wände kommen werden.
    Ich schenkte mir Macallan nach.
    Und dann stand ich auf, zog den Gürtel meines Bademantels enger und ging durch die Türen und den Ankleideraum hinaus in die dezent beleuchtete Bibliothek.
    Inzwischen war meine linke Hand wieder kräftig genug, um das schwere Trinkglas zu halten. Mit der rechten Hand berührte ich die Rücken von Watermans gigantischer Büchersammlung, oder doch wenigstens einen Teil davon...
    ... so wie meine Mutter mir beigebracht hatte, Bücher in die Hand zu nehmen und sie zu berühren, wann immer ich dazu Gelegenheit hatte, selbst solche Bücher, die ein kleiner Junge kaum verstand, selbst solche Bücher, die zu lesen ich nie erwachsen oder reif genug werden mochte. »Liebe es, wie ein Buch unter deiner Nase riecht, Neil, und liebe es, wie sich der Einband in deinen Händen anfühlt, und, ja, mach weiter und mach dir die Finger schmutzig an dem Staub, der sich auf einem Buch niederlassen wird. « Wir hatten nur wenig Geld für Bücher, daher erzählte sie mir von ihnen, soviel sie konnte, auch wenn sie ein Buch nur von der Berührung her kannte...
    Und so berührte ich viele der Schätze, die jetzt um mich herum auf Regalen lagen. Ich ging die gesamte Länge einer Wand entlang, ließ meine Finger über die Bücher gleiten und fragte mich, ob Father Love das Seelenheil seiner Gläubigen wohl wirklich so sehr am Herzen lag wie meiner Mutter das meine. Hatte er je die Kinder seiner Kirche eingeladen, in diesen großen, stillen, magischen Raum zu kommen, um die Bücher herunterzunehmen und zu lernen, sie zu lieben?
    Ich nahm Boswells London Journal von einem Regal, und Leslie Marchands Byron-Biographie, und Frank Budgens Erinnerungen an James Joyce. Und ich entdeckte eine Ausgabe von Ford Madox Fords Great Trade Route in ausgezeichnetem Zustand. Und eine Sammlung englischer Huldigungen an Proust, laut Vorsatzblatt 1923 herausgegeben von Thomas Seltzer. Ich fand sie zwischen zwei Buchstützen aus Jade in der Gestalt chinesischer Palasthunde. Und ich fand auch eine signierte Ausgabe von Wyndam Lewis’ Apes of God. Und auf einem stolzen Regal die gesammelten Werke von James Baldwin.
    Dann wanderte mein Blick über die niedrigeren Regalböden, die von dem Sessel aus leicht zu erreichen waren, auf dem ich saß. Und dort standen Anäis Nins Delta der Venus und Henry Millers Sexus und einige weitere Beispiele stilvoller erotischer Literatur neben unbedeutenderen Titeln des Genres.
    Eine Stimme hinter mir unterbrach mein Studium von Father Loves literarischen Vorlieben.
    »Sie sind ein belesener Mann, Detective Hockaday?«
    Es war Roy, und er schien nicht weniger überrascht, einen Cop mit einem Buch auf dem Schoß zu sehen, wie ich es gewesen war, die Werke von Anonymus und den anderen auf Father Loves Regal zu finden. Roy hatte die Bibliothek lautlos betreten, oder vielleicht hatte ich ihn auch einfach nicht gehört, so versunken wie ich in die große Bandbreite von Watermans literarischen Vorlieben gewesen war. Jetzt stand er mit einer Papier-Einkaufstüte in der Hand neben mir. Er gab mir die Tüte und erwartete, daß ich aufstand, mich anzog und verschwand. Aber ich blieb sitzen, wo ich war.
    »Ein Detective, ein guter Detective, muß ein belesener Mann sein«, sagte ich. »Die besten Schriften handeln von Entdeckung, und man kann sehen, wie ein Ding das andere verbessert.«
    Roy sagte nichts. Das Schweigen war ihm nicht unangenehm, aber er war ungeduldig mit mir, so schien es wenigstens. Deshalb fand ich natürlich, daß ich mir Zeit lassen sollte.
    »Außerdem«, fuhr ich fort, »finde ich es immer äußerst aufschlußreich, einen Blick auf die Art von Büchern zu werfen, mit denen ein Mann sich umgibt, falls überhaupt. Es ist genauso aufschlußreich wie zu erfahren, was er zum Dinner ißt oder was er gern trinkt oder was er an seinen Frauen mag.«
    Roy ignorierte einfach alles, was ich gesagt hatte, deutete auf die ungeöffnete Tüte auf meinem Schoß und erklärte mit monotoner Stimme: »Da sind Ihre Sachen, gewaschen und gereinigt. So gut es bei der gebotenen Eile eben ging.«
    Als er sah, daß ich es durchaus nicht eilig hatte,

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