Hell's Kitchen
besonders angebracht hielte, die Religion zu verspotten. Wahrscheinlich hat sie damit nicht ganz unrecht, dachte ich.
»Jedenfalls«, sagte die Krankenschwester, »können wir heute nacht nur soviel sagen, daß er sich in einem kritischen Zustand befindet.«
»Ich vermute, so kritisch wie es nur sein kann.«
»Ja, vermute ich auch.«
Es folgte wieder Knistern, und dann war das Gespräch beendet.
Als nächstes rief ich den jungen Waterman an. Mit dem üblichen Ergebnis.
Dann reservierte ich einen Tisch in einem Restaurant Uptown, in dem ein Wiener Schnitzel scallops vienesse genannt wird. Ich dachte mir, Mona würde es sicher gut gefallen.
Was auch so war.
Als wir aus dem Taxi stiegen und unter einer langen roten Markise zur Tür gingen, drückte Mona meinen Arm und spielte mit ihren weichen Lippen an meinem Ohr und flüsterte: »Mr. Hockaday, was kann das alles bedeuten? Woher wußtest du, daß ich Rosen liebe und Abendessen in Lokalen, die Markisen zur Straße haben?«
»Ich bin einfühlsam, trotzdem protzig. Was soll ich sagen?«
»Bring mich nicht zum Lachen.«
»Ich bringe die Leute nicht sehr oft zum Lachen. Da kannst du jeden in der Stadt fragen. Sie werden lachen.«
Was genau das war, was Mona dann machte. Ich spürte ihren kühlen, lachenden Atem auf meinem Hals und wußte, daß ich stürzen konnte, und zwar hart, wenn ich nicht sehr vorsichtig war.
Im Restaurant gefiel es mir, wie sie ihren Luchsmantel von den Schultern in die nervösen Hände des Oberkellners gleiten ließ. Mir gefiel auch, was sie darunter trug - etwas Schwarzes und Glänzendes, das an den richtigen Stellen das Licht einfing.
Wir folgten dem Oberkellner und seinen knackenden Lackschuhen durch das Restaurant, ein tiefliegendes Quadrat von Tischen und Leuchtern und Champagnerkübeln. Wir hatten einen Tisch in einer guten Ecke, und er quoll über von violetten Blumen und Kristall und schwerem Silber und genug Leinen für einen Fallschirm. Genausogut hätten wir mitten im Raum sitzen können, so wie die Leute uns anstarrten, hauptsächlich allerdings Mona. Sie genoß die Aufmerksamkeit, und ich hatte das Gefühl, daß sie hier und da die Blicke einiger Typen erwiderte, die ihr vielleicht in ihrer Karriere weitergeholfen hatten. Sie musterte auch ein paar Ehefrauen, von denen sie soviel gehört hatte.
Und ich dachte über meine Antwort an Inspector Neglio nach, wenn er sich über die Rechnung dieses Ladens hier beschwerte, die auf meiner Spesenabrechnung auftauchen würde. Ich beschloß, ihn daran zu erinnern, daß er an einen Ort in Urlaub gefahren war, wo es keine Telefone gab, und daß dies genaugenommen ein klarer Verstoß gegen die Vorschriften bezüglich der dienstfreien Zeit hoher Polizeibeamter war.
Ich hörte, wie der Oberkellner seine Hacken zusammenschlug. Es klang, als trüge er Kastagnetten statt Schuhe. »Sehr gutt , Sir«, sagte er zu mir, obwohl ich mich nicht erinnerte, irgend etwas zu ihm gesagt zu haben.
Dann kam der Sommelier, und auch er knallte die Hacken zusammen. Mona sagte, sie würde bei Club Soda bleiben, vielen Dank. Ich schickte ihn trotzdem los, irgendwas Rotes und Kostspieliges zu holen, und er sagte: »Sehr gutt.«
Ich fragte Mona: »Gefällt’s dir?«
»O ja, sehr. Aber ich kann mir nicht so recht vorstellen,
Hock, daß dieses Restaurant und du besonders gut zusammenpassen. Kommst du oft her?«
Es war Judys Lieblingsrestaurant gewesen, doch das sagte ich ihr nicht. Meine Frau putzte sich abends gern heraus, und ihren Geschmack, was Restaurants betraf, hätte man roya-listisch nennen können.
»Oft genug, um allmählich zu vermuten, daß Hans und Fritz und ihre Stepschuhe irgendwas mit dem Dritten Reich zu tun hatten.«
»Ich habe dir doch verboten, mich zum Lachen zu bringen«, sagte Mona. Dann beugte sie sich vor und berührte meinen Arm, und ich hörte einen Kellner seufzen. »Ich freue mich, dich in dieser Umgebung zu sehen, Hock. Ich bin so daran gewöhnt, dich immer nur in Pennerklamotten zu sehen.
Aber sieh dich jetzt nur an! Entweder hast du eine Frau mit Geschmack, die dich ausnahmsweise mal gut angezogen hat, oder du willst mit aller Gewalt befördert werden.«
»Gegen etwas mehr Geld hätte ich nichts einzuwenden.«
»Gut für dich«, sagte sie. »Dann kannst du dir auch leisten, die Ladies öfter zu sehen. Wir sind große Esser und Trinker, mußt du wissen.«
Ihre Bemerkung ließ mich instinktiv eine Hand in meine Jackentasche schieben, um mich zu vergewissern, daß ich
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