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Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt

Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt

Titel: Helmut Schmidt - Der letzte Raucher seinen Bewunderern erklärt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herder
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an die atmosphärische Schwüle im Herbst 1977, als nach der Entführung von Hanns Martin Schleyer vielerorts Polizei patrouillierte. Die Bundesregierung hatte eine Nachrichtensperre verhängt, dennoch wurde jede neue Ausgabe von Radio- und Fernsehnachrichten gebannt verfolgt. Die Babyboomer waren zu jung für ein eigenes Urteil über die Ereignisse, doch sie spürten, dass es sich um Ereignisse von historischer Tragweite handelte.
    Die bewegten siebziger Jahre und besonders die Erfahrung des Terror-Herbstes 1977 machten die Babyboomer zu einer politisch interessierten Generation. Dieses Interesse wurde noch vertieft und mündete bei den älteren Babyboomern sogar in politisches Handeln, als eine sogenannte Friedensbewegung gegen den NATO-Doppelbeschluss mobilmachte. Auch bei dieser Auseinandersetzung war Helmut Schmidt bekanntlich die Schlüsselfigur. Die Babyboomer haben die politischen „Urgesteine“ dieses Landes, einen Herbert Wehner, Franz Josef Strauß oder Helmut Schmidt, noch selbst erlebt. Die Babyboomer sind die letzte politische Generation in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Das spielt bei der Verklärung der alten und der Entfremdung von der neuen Bundesrepublik, von der noch zu reden ist, eine wichtige Rolle.
    In der deutschen Politik, wo die Führungspersönlichkeiten traditionell etwas älter sind als die von Wirtschaft und Gesellschaft, sind Bundespräsident Christian Wulff und der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel die ersten prominenten Babyboomer.
    Auf die Babyboomer folgte, vom Jahrgang 1965 an, die „Generation Golf “ – benannt nach dem VW-Modell, das Frauen und Männer dieser Generation nach Erwerb des Führerscheins von ihren Eltern geschenkt bekamen. Die Generation Golf wurde mitBundeskanzler Helmut Kohl groß und erlebte gefühlte 200 Jahre keinen anderen Regierungschef. Wer 1982 zum Beispiel acht Jahre jung war, musste 24 oder 25 Jahre alt werden, um einen neuen Kanzler zu erleben. Helmut Schmidt ist dieser Generation als scharf artikulierender, somit aktiver Ruheständler bekannt. Sie mochten Schmidts Reden und Schreiben wahrgenommen haben. Ihre politische Sozialisation fällt allerdings in die Zeit, als Helmut Schmidt „erst einmal weg“ war.
    Auch die Generation Golf ist in der Politik mit Karl-Theodor zu Guttenberg auffällig vertreten.
    Mithilfe von Interview- und Buchprojekten fand Helmut Schmidt Anschluss an diese und noch spätere Jahrgänge. Die „Zeit“ sammelt bisweilen die Fragen junger Leute und bittet ihn, darauf zu antworten. Das erste „Zeit“-Gespräch von Helmut Schmidt und Giovanni di Lorenzo nach dem Tod von Loki Schmidt galt Fragen von „Zeit“-Leserinnen und -Lesern.
    Zum Beispiel wollte Stephan Liedtke, 25, von Helmut Schmidt wissen, ob er Bob Dylan möge. „Kann ich nicht beurteilen“, lautet die lakonische Antwort. Weniger gepflegt hätte der Befragte sagen können: Keine Ahnung, wer Bob Dylan ist. Charlotte Bothe, 33, mailte dem Altkanzler die Frage, ob Männer anders denken als Frauen. „Mit einigen wenigen Ausnahmen ist die Antwort: Ja.“ An welche Ausnahmen der alte Herr dachte, hätte man schon gern erfahren …
    Über die Frage von Sabine Schelsky, 33: „Was werden wir eines fernen Tages nur ohne Sie machen?“, schweigt Helmut Schmidt lange.
    „Das müsst ihr selber wissen.“
    Eine wichtige Brücke zur neuen Generation baute auch das schon erwähnte Buchprojekt „Hand aufs Herz“, für das Sandra Maischberger ein Gespräch zwischen jungen Leuten und Helmut Schmidt moderierte. Auch dieser Titel wurde ein Bestseller – und bestimmt nicht nur von den typischen älteren Schmidt-Lesern gekauft.
    Ohnehin ist der Dialog zwischen Giovanni di Lorenzo und Helmut Schmidt ein Dialog zwischen Generationen. HelmutSchmidt ist 92 Jahre alt, Giovanni di Lorenzo, Jahrgang 1959, gehört zu den Babyboomern. Ein älterer Interviewer würde vermutlich weniger frech fragen.
    Junge Leute kennen nicht die Details von Helmut Schmidts langem Leben, auch nicht die Bilanz von Licht und Schatten seiner Kanzlerschaft. Sie finden Helmut Schmidt als Typ gut. Sie schätzen an ihm, dass er Klartext spricht. Er vermeidet das gängig und schal gewordene, Worthülsen-getränkte, Sprechblasen-gespickte Politikerdeutsch, das die politische Klasse in Berlin virtuos pflegt. Junge Leute stehen auf eine „klare Ansage“ à la Helmut Schmidt. Ihnen imponiert, dass Helmut Schmidt sein Ding macht – etwa indem er ungeniert raucht.
    Unter jungen Leuten ist Helmut Schmidt

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