Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
setzte daher eine Verlegungsanordnung auf, die von Richter William Keene unterzeichnet wurde, und noch am selben Abend wurde Susan Atkins in Begleitung zweier Hilfssheriffs zu Caballeros Kanzlei gebracht, wo dieser und sein Partner Paul Caruso sie befragten und das Gespräch auf Band aufzeichneten.
Der Mitschnitt sollte laut Caballero zweierlei Zwecken dienen. Denn falls er sich dazu entschließen sollte, auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren, würde er ihn für die Psychiater brauchen. Und wenn wir weiterhin an einem Deal festhielten, würde er uns erlauben, das Band anzuhören, bevor wir unsere Anklage vor das Große Geschworenengericht brächten.
2. Dezember 1969
Kaum hatte ich das Büro erreicht, rief die Kripo L. A. an. Nachdem sich Linda Kasabian gerade eben in Concord, New Hampshire, freiwillig der Polizei gestellt hatte, waren nunmehr alle fünf Verdächtigen in Gewahrsam. Ihrer Mutter zufolge hatte Linda zugegeben, mit zum Tate-Haus gefahren zu sein, jedoch bestritt sie, irgendetwas mit den Morden zu tun zu haben. Wie es aussah, würde sie sich nicht gegen eine Auslieferung wehren.
In Texas war inzwischen eine etwas andere Entscheidung gefallen.
McKinney lag keine 50 Kilometer nördlich von Dallas und nur wenige Kilometer von Farmersville entfernt, wo Charles Watson aufgewachsen und zur Schule gegangen war. Der Kriegsheld und Schauspieler Audie Murphy stammte auch aus Farmersville. Jetzt hatten die Leute dort einen weiteren Prominenten.
Als Sartuchi und Nielsen in McKinney eintrafen, hatten die neuesten Nachrichten den Ort schon erreicht. Die Zeitungen in Texas beschrieben Watson als einen Einserschüler an der Highschool, ein Football-, Basketball- und Läuferass und einen Sportler, der im niedrigen Hürdenlauf immer noch den Rekord im ganzen Bundesstaat hielt. Die meisten Bewohner brachten ungläubiges Entsetzen zum Ausdruck. »Charles war immer der nette Junge von nebenan«, sagte einer. »Das können nur die Drogen gewesen sein«, erklärte ein Onkel Reportern. »Am College hat er damit angefangen, und damit gingen die Probleme los.« Der Schulleiter der Farmersville High School wurde mit der Bemerkung zitiert: »Da bekommt man ja Angst, seine Kinder noch auf das College zu schicken.«
Auf Anweisung von Watsons Anwalt Bill Boyd durften die Beamten aus Los Angeles nicht mit seinem Mandanten sprechen. Sheriff Montgomery gestattete ihnen nicht einmal, ihm Fingerabdrücke abzunehmen. Sartuchi und Nielsen sahen Watson trotzdem – zufällig allerdings. Während sie mit dem Sheriff sprachen, kam dieser nämlich auf dem Weg zum Besucherraum im Treppenhaus an ihnen vorbei. Wie sie später berichteten, war er gut gekleidet, frisch rasiert und trug kurzes statt langes Haar. Er schien gesund zu sein und sah wie »ein adretter College-Junge« aus.
In McKinney erhielten die Ermittler die Bestätigung dafür, dass Watson 1967 nach Kalifornien gegangen und erst im November 1969, also lange nach den Morden, zurückgekehrt war.
Wieder zurück in Los Angeles, gaben Sartuchi und Nielsen ihrer Überzeugung Ausdruck, dass vonseiten der Behörden in McKinney mit wenig Kooperationsbereitschaft zu rechnen sei. Dabei ging es nicht nur um Verwandtschaftsbeziehungen; irgendwie war die Angelegenheit Teil bundesstaatlicher Zwistigkeiten geworden.
»Wenig Kooperationsbereitschaft« sollte sich später als große Untertreibung erweisen.
Alle möglichen Reporter versuchten nun, die bisherigen Aufenthaltsorte der herumziehenden Family zu ermitteln und jene Mitglieder zu interviewen, die nicht in Haft saßen. Ich bat Gail, die Zeitungen aufzubewahren, da sich die Interviews später vielleicht als nützlich erweisen konnten. Obwohl gegen ihn immer noch keine Anklage wegen der Morde erhoben worden war, stand Charles Manson jetzt im Zentrum der Aufmerksamkeit. Sandy: »Als ich ihn das erste Mal singen hörte, erschien er mir wie ein Engel …« Squeaky: »Er hatte eine starke magische Anziehungskraft. Aber er war wie ein Chamäleon. Jedes Mal, wenn ich ihn sah, war er irgendwie anders. Er kam mir alterslos vor …«
Es erschienen auch Interviews mit den Bekannten und Angehörigen der Tatverdächtigen. Joseph Krenwinkel berichtete, wie seine Tochter Patricia 1967 ihre Wohnung am Manhattan Beach, ihren Job und ihren Wagen aufgegeben habe, ohne den letzten Gehaltsscheck abzuholen, nur um sich Manson anzuschließen. »Ich bin davon überzeugt, dass er eine Art Hypnotiseur ist.«
Nicht nur Krenwinkel äußerte sich in diese
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