Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
eingewilligt hatte, ließ ich ihn, Poston und Crockett in einem Motel im Zentrum von L. A. unterbringen.
»Paul, ich brauche ein neues Schätzchen.«
Paul Watkins schilderte, wie Manson ihn losschickte, um neue Mädchen zu rekrutieren. Watkins räumte ein, dass ihm seine Stellung in der Family gefallen habe. Das Problem sei nur gewesen, dass Charlie jedes Mal, wenn er eine mögliche Kandidatin ausgespäht hatte, darauf bestanden hatte, als Erster mit ihr zu schlafen.
»Wieso hat Manson die Mädchen denn nicht selbst aufgegabelt?«, wollte ich wissen.
»Für die meisten war er zu alt«, antwortete der 19-jährige Watkins. »Er hat ihnen Angst gemacht. Außerdem hatte ich den richtigen Dreh raus.« Und Watkins sah besser aus als Charlie.
Auf die Frage, wo er die Mädchen gefunden habe, gab Paul an, dass er manchmal zum Sunset Strip gegangen sei, zu dem es viele Teenies hinzog. Oder er sei die Highways entlanggefahren und habe nach Anhalterinnen Ausschau gehalten. Einmal hatte Charlie unter Mithilfe einer älteren Frau, die sich als Watkins ’ Mutter ausgegeben hatte, sogar dafür gesorgt, dass Watkins sich zum Schein in Los Angeles an einer Highschool einschreiben konnte, um näher an einer guten Quelle zu sitzen.
Watkins beschrieb sogar die Orgien, die im Haus an der Gresham Street und auf der Spahn Ranch stattgefunden hatten. Eine Zeit lang hatte es eine pro Woche gegeben. Sie fingen jedes Mal mit Drogen an – Gras, Peyote, LSD, was eben gerade da war –, die Manson dem individuellen Bedarf entsprechend zuteilte. »Alles geschah nach Charlies Anweisungen«, sagte Paul. Manchmal hatte Charlie getanzt, und alle anderen waren ihm in einer Art Polonaise gefolgt. Wenn er sich dann auszog, hatten es ihm alle anderen gleichgetan. Waren alle nackt, hatten sie sich auf den Boden gelegt, »und dann kam das Spiel, bei dem alle zwölfmal tief ein- und ausatmeten, die Augen schlossen und sich dann aneinanderrieben«, bis »sich am Ende alle berührten«. Charlie hatte die Orgie arrangiert – wer mit wem, in welcher Position. »Er schuf aus dem Ganzen gleichsam eine vollendete Skulptur«, fuhr Watkins fort, »nur nicht aus Ton, sondern aus lebendigen Körpern.« Laut Paul hätten diese Orgien gewöhnlich zum Ziel gehabt, dass alle gleichzeitig zum Orgasmus kamen, doch das sei ihnen nie gelungen.
Manson inszenierte diese Ereignisse oft, wenn er Außenstehende beeindrucken wollte. Waren Gäste da, von denen er sich irgendeinen Nutzen erhoffte, dann sagte er zur Family: »Lasst uns zusammenkommen und diesen Leuten zeigen, wie man Liebe macht.« Wie auch immer jemand darauf reagierte, einen nachhaltigen Eindruck hinterließ das Gesehene allemal. »Es war, als ob der Teufel deine Seele kauft«, sagte Watkins.
Außerdem nutzte Manson diese Gelegenheiten, um »Verklemmungen auszumerzen«. Hatte jemand eine Abneigung gegen eine bestimmte sexuelle Handlung, zwang ihn Manson, genau das zu tun. Geschlechtsverkehr zwischen Frau und Mann, Frau und Frau, Mann und Mann, Cunnilingus, Fellatio, Analverkehr – er ließ keine Einschränkungen oder Hemmungen zu. Ein 13-jähriges Mädchen wurde in die Family aufgenommen, indem Manson mit ihr vor den Augen aller anderen Analverkehr hatte. Manson »blies auch einem Jungen einen«, um den anderen zu zeigen, dass er selbst alle Hemmungen abgeschüttelt hatte.
Charlie benutzte Sex, sagte Paul. Als DeCarlo zum Beispiel kein Interesse mehr daran gezeigt hatte, seine Motorradgang in die Family einzugliedern, hatte Manson den Mädchen befohlen, Danny nicht mehr zu Diensten zu sein.
Die Tatsache, dass Manson sogar über das Sexualleben seiner Anhänger bestimmte, war ein Beweis für das enorme Ausmaß seiner Dominanz. Ich fragte Watkins noch nach anderen Beispielen insbesondere im Hinblick auf andere Angeklagte. Er erinnerte sich, dass Charlie auf der Spahn Ranch einmal zu Sadie gesagt hatte: »Ich hätte gerne eine halbe Kokosnuss, und wenn du dafür bis nach Rio de Janeiro gehen musst.« Sadie sei aufgesprungen und schon fast bei der Tür gewesen, als Charlie gerufen hatte: »Schon gut, vergiss es.«
Es war nur eine Prüfung gewesen. Die Episode zeigte, dass Susan Atkins alles tun würde, worum Charles Manson sie bat.
Wie die anderen so fragte ich auch Watkins nach Mansons Methoden zur Einflussnahme. Von ihm erfuhr ich etwas sehr Interessantes, das die anderen Family-Mitglieder offenbar nicht wussten. Er gab an, dass Manson, wenn er das LSD verteilt hatte, selbst immer geringere Dosen
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