Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
gehört. Als er in Haight-Ashbury lebte, so Charlie, hatte er eines Tages einen »magic mushroom«-(Psilocybin-)Trip. Er lag auf einem Bett, das sich jedoch in ein Kreuz verwandelte, und spürte die Nägel in Füßen und Händen und das Schwert in seiner Seite. Als er nach unten blickte, sah er zu Füßen des Kreuzes Maria Magdalena (Mary Brunner), die weinte, doch er sagte: »Mir fehlt nichts, Mary.« Er hatte dagegen angekämpft, doch dann hatte er sich in den Tod gefügt. Und im selben Moment konnte er plötzlich alles gleichzeitig durch die Augen aller Menschen sehen, in diesem Moment wurde er zur ganzen Menschheit.
Anhand solcher Hinweise bereitete es seinen Anhängern wenig Mühe, seine Identität zu erraten.
Eine Sache interessierte mich noch besonders. Denn bis zu seiner Verhaftung im County Mendocino am 28. Juli 1967 58 hatte Charlie immer seinen richtigen Namen Charles Milles Manson benutzt. Von da an nannte er sich jedoch Charles Willis Manson. Auf meine Frage, ob Manson je etwas über seinen Namen gesagt habe, antworteten sowohl Crockett als auch Poston, dass sie gehört hatten, wie Manson – sehr langsam – erklärt habe, dass er »Charles ’ Will Is Man’s Son heiße, was bedeuten solle, dass sein Wille der des Menschensohnes sei.
Zwar hatte Susan Atkins bei ihren Gesprächen mit Virginia Graham Charlies Nachnamen betont, doch bis jetzt war mir noch nie wirklich bewusst geworden, wie bedeutungsschwer dieser Name war. Man Son. Für die Rolle des unendlichen Wesens, als das er sich sah, passte er perfekt.
Und Charlie ging sogar noch einen Schritt weiter, meinte Poston. Manson behauptete, die Mitglieder der Family seien Reinkarnationen der ersten Christen, die Römer dagegen in der Gestalt des Establishments wiedergekehrt.
Jetzt sei es aber an der Zeit, erklärte er seinen engsten Vertrauten, dass die Römer ihrerseits gekreuzigt würden.
Wie konnte Manson jemanden derart »programmieren«, fragte ich Brooks.
Es gebe verschiedene Methoden, sagte Poston. Bei einer jungen Frau fing es gewöhnlich mit Sex an. So überzeugte Charlie ein unscheinbares Mädchen zum Beispiel davon, dass sie schön sei. Oder wenn ein Mädchen einen Vaterkomplex hatte, dann riet er ihr, sich vorzustellen, er sei ihr Vater. (Bei Susan Atkins hatte er beide Tricks angewandt.) Wenn er den Eindruck hatte, dass die Frau nach einer Führergestalt suchte, dann redete er ihr ein, er sei Christus. Manson hatte eine Gabe, die Schwachstellen von Menschen aufzuspüren und für sich auszunutzen. Wenn ein Mann zum ersten Mal in die Gruppe kam, lud er ihn normalerweise zu einem LSD-Trip ein, angeblich »um sein Bewusstsein zu erweitern«. War er dann in einem sehr empfänglichen Zustand, redete er über Liebe, darüber, dass er sich ihr überlassen müsse, dass man nur dann in allem aufgehen könne, wenn man nicht mehr als individuelles Ego existiere.
Wie zuvor Jakobson fragte ich auch Poston nach den Quellen für Mansons Philosophie. Scientology, die Bibel und die Beatles. Das waren die einzigen Vorlagen, von denen er wusste.
Ein seltsames Triumvirat. Inzwischen vermutete ich jedoch, dass es noch mindestens einen vierten Einfluss gab. Die alten Zeitschriften, die ich auf der Barker Ranch gefunden hatte, Greggs Bemerkung, wonach Manson behauptete, Nietzsche gelesen zu haben, sein Hinweis, er glaube an eine Herrenrasse, und eine verblüffende Anzahl von Parallelen zwischen Manson und dem Führer des » Dritten Reichs « brachten mich dazu, Poston zu fragen: »Hat Manson je etwas über Hitler gesagt?«
Postons Antwort fiel so knapp wie erschreckend aus.
A: »Er hat gesagt, Hitler sei ein Mann, der wissend war und das Karma der Juden ausgeglichen hat.«
Ich vernahm Crockett und Poston fast zwei ganze Tage und erhielt eine Fülle von teilweise sehr belastenden Informationen. So hatte Manson Poston einmal nahegelegt, ein Messer zu nehmen, nach Soshone zu fahren und den Sheriff umzubringen. Bei dieser ersten Probe für seine wiedererlangte Unabhängigkeit hatte Poston sich geweigert, auch nur darüber nachzudenken.
Bevor Crockett und Poston nach Soshone zurückkehrten, teilte ich ihnen mit, dass ich mit Juan Flynn und Paul Watkins sprechen wolle. Sie waren sich nicht sicher, ob Juan mit mir reden würde – dieser große Cowboy aus Panama sei ein eigenwilliger Kauz –, doch sie glaubten, dass Paul vielleicht kommen würde. Da er Manson nicht länger Mädchen beschaffen musste, hatte er ja Zeit.
Nachdem Watkins in die Befragung
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