Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
Monate in Anspruch nahm, feuerte ihn sein eigener Mandant genervt. Anderthalb Jahre nach Kanareks Eintritt in das Verfahren waren die Geschworenen immer noch nicht ausgewählt und noch kein einziger Zeuge aufgerufen worden.
Im Strafverfahren gegen Bronson meinte der Richter des Revisionsgerichts, Raymond Roberts, zu Kanarek: »Ich setze alles daran, dass Mr. Bronson Ihnen zum Trotz einen fairen Prozess bekommt. Ich habe noch nie solch dumme, unüberlegte Fragen an Zeugen gehört. Werden Sie pro Wort oder auf Stundenbasis bezahlt, dass Sie dem Gericht derart die Zeit stehlen? Sie sind der schlimmste Quertreiber, der mir je untergekommen ist.«
In Abwesenheit der Geschworenen beschrieb Richter Roberts Kanareks Modus Operandi folgendermaßen: »Er verbringt endlose Zeit damit, die Zeugen im Kreuzverhör nach den winzigsten, unwichtigsten Details zu fragen; er kommt, ohne die zeitliche Abfolge der Ereignisse zu berücksichtigen, ständig vom Hölzchen aufs Stöckchen, bis alle im Gericht völlig die Orientierung verloren haben und die Geschworenen, die Zeugen und der Richter nur noch vollkommen frustriert sind.«
Nach Einsicht des Verhandlungsprotokolls fand das Berufungsgericht die Bemerkungen des Richters nicht abträglich, sondern durch die Prozessunterlagen gerechtfertigt.
»Stell dir nur vor, Vince«, scherzte Aaron, »Irving Kanarek im Prozess zu haben, das hätte uns gerade noch gefehlt. Dann würden wir zehn Jahre im Gericht bleiben.«
Am nächsten Tag erklärte Ronald Hughes einem Reporter, er werde möglicherweise »den Anwalt I. A. Kanarek aus Van Nuy bitten, Mansons Verteidigung zu übernehmen«. Er erwähnte auch, dass er und Manson sich Montagabend im Bezirksgefängnis mit Kanarek beraten hätten.
Ohne dass es sich dabei um ein Wunder handelte, war der Black Panther, den Manson im Juli 1969 erschossen hatte, wiederauferstanden – nur dass er kein Panther, sondern ein ganz gewöhnlicher »ehemaliger Drogendealer« war. Auch wenn Manson und die Family ihn für tot hielten und die Freunde des Mannes sie darin bestärkt hatten, so hatte er in Wahrheit überlebt. Er hieß Bernard Crowe, war jedoch eher unter seinem anschaulichen Spitznamen Lotsapoppa bekannt. Unsere lang andauernde Suche nach Crowe fand ein Ende, als mich ein alter Bekannter, Ed Tolmas, Crowes Anwalt, anrief. Er sagte, er habe erfahren, dass wir nach seinem Klienten suchten, und arrangierte für mich ein Treffen mit Crowe.
Nachdem Manson und T. J. die Wohnung in Hollywood, in der es zu der Schießerei gekommen war, verlassen hatten, hatte Crowe, der sich tot gestellt hatte, seine Freunde gebeten, einen Krankenwagen zu rufen. Das hatten sie auch getan und waren dann verschwunden. Bei seiner polizeilichen Vernehmung im Krankenhaus hatte Crowe angegeben, dass er nicht wisse, wer auf ihn geschossen habe oder warum. Fast wäre er nicht durchgekommen, 18 Tage lang schwebte er in Lebensgefahr. Die Kugel steckte immer noch in seinem Körper nahe an seinem Rückgrat.
Ich interessierte mich aus zweierlei Gründen für Crowe. Zum einen bewies der Vorfall, dass Charles Manson sehr wohl dazu fähig war, jemanden eigenhändig zu töten. Obwohl ich wusste, dass mir dies beim Prozess, wenn es um die Schuldfrage ging, nichts nützen würde, hoffte ich darauf, dass ich es anbringen konnte, wenn es um die Festlegung des Strafmaßes ging, wenn auch andere Verbrechen Berücksichtigung fanden. Zum anderen handelte es sich der Beschreibung nach bei der Waffe, mit der Manson auf Crowe geschossen hatte, offenbar um denselben Longhorn-Revolver Kaliber .22, den etwas mehr als einen Monat später Tex bei den Tate-Morden benutzen sollte. Falls die Kugel aus Crowes Körper geholt werden und mit denjenigen verglichen werden konnte, die bei den Schießübungen abgefeuert worden waren, dann konnten wir vielleicht nachweisen, dass Manson die Tate-Mordwaffe verwendet hatte.
Sergeant Bill Lee vom Erkennungsdienst war allerdings hinsichtlich der Kugel wenig optimistisch. Er erklärte mir, dass ein Vergleich zwar nicht unmöglich sei, aber schwierig werden könnte, da die Kugel seit über neun Monaten im Körper des Mannes stecke und aller Wahrscheinlichkeit nach Säuren die Furchenmuster erheblich angegriffen hätten. Danach sprach ich mit mehreren Chirurgen: Ihrer Einschätzung nach konnten sie die Kugel durchaus entfernen, doch die Operation war riskant.
Ich informierte daraufhin Crowe davon und erzählte ihm, dass wir gerne die Kugel hätten und dafür sorgen würden,
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