Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
die Kreditkarte überprüft und festgestellt hatten, dass sie gestohlen war. Im Festnahmeprotokoll der Polizei San Fernando stand, sie hätten einen »Lieferwagen, Baujahr 1052, Marke Ford, Kennzeichen K70683 gefahren«.
Dank der guten Arbeit der LaBianca-Ermittler, die diese zwei Indizien ausgegraben hatten, konnten wir jetzt eindeutig beweisen, dass Manson am Freitag, dem 8. August 1969, wieder auf der Spahn Ranch gewesen war.
Zwar befanden sich sowohl der Strafzettel als auch das Festnahmeprotokoll in den Akten, die im Rahmen der Offenlegungspflicht auch der Verteidigung ausgehändigt worden waren, doch das galt genauso für Hunderte andere Dokumente. Ich hoffte, dass die Anwälte die entscheidende Übereinstimmung übersehen würden: die Beschreibung des Fahrzeugs mit gleichem Kennzeichen.
Falls Manson auf eine Alibiverteidigung setzen sollte und ich beweisen konnte, dass dieses Alibi frei erfunden war, wäre dies ein aussagekräftiger Beweis für seine Schuld.
Natürlich gab es auch andere Beweise, aus denen eindeutig hervorging, dass Manson an diesem Tag auf der Spahn Ranch gewesen war. Unabhängig von den Aussagen Schrams, DeCarlos und anderer berichtete Linda Kasabian, dass Manson ihnen, als die Family an diesem Nachmittag zusammengekommen war, von seinem Besuch in Big Sur erzählt und gesagt hatte, die Leute dort »haben sie wirklich nicht mehr alle, die sind alle nur auf ihrem kleinen Egotrip« und »auf seinen Trip kämen sie ganz bestimmt nicht mit«.
Kurz darauf hatte Manson verkündet: »Helter Skelter ist gekommen.«
Alles kleine Puzzleteile, die auf den ersten Blick vielleicht nebensächlich erschienen. Doch wenn man sie mühsam aufgespürt und zusammengesetzt hatte, dann ergaben sie am Ende eine Anklage im Namen des Volkes. Und mit fast jeder Befragung wurde unsere Beweislage besser.
Ich verbrachte viele Stunden mit der Vernehmung von Stephanie Schram, die zusammen mit Kitty Lutesinger nur wenige Stunden vor der Razzia im Oktober 1969 von der Spahn Ranch geflüchtet und vom bewaffneten Clem verfolgt worden war. Was wäre wohl mit den beiden Mädchen passiert, wenn die Polizei die Razzia nur einen Tag später angesetzt hätte oder Clem nur ein bisschen schneller gewesen wäre?
Anders als Kitty hatte Stephanie jeden Kontakt mit der Family abgebrochen. Wir hatten ihre derzeitige Anschrift zwar vor der Verteidigung geheim gehalten, doch Squeaky und Gipsy spürten sie dennoch bei ihrer Arbeit in einer Hundepflegeschule auf. »Charlie möchte, dass du zurückkommst«, richteten sie ihr aus. Stephanie antwortete: »Nein danke.« Wenn man bedachte, wie viel sie wusste, war ihre dezidierte Zurückweisung sehr mutig.
Von Stephanie erfuhr ich auch, dass Manson auf der Barker Ranch eine Art »Mordschulung« durchgeführt hatte. Dazu hatte er jedem Mädchen ein Messer ausgehändigt und erklärt, wie sie den »Schweinen die Kehle aufschlitzen« sollten, indem sie ihnen den Kopf an den Haaren nach hinten rissen und die Klinge von Ohr zu Ohr zogen – wobei er Stephanie als verängstigtes Demonstrationsmodell benutzte. Außerdem sollten sie ihnen mit dem Messer »entweder in die Ohren oder die Augen stechen und die Schneide dann so oft wie möglich hin- und herbewegen, um möglichst viel Schaden anzurichten « . Und es sollte noch blutrünstiger werden: Falls die Polizeischweine in die Wüste kämen, sagte Manson, dann sollten sie die Mistkerle töten, in kleine Stücke schneiden, ihre Köpfe kochen und die Schädel mit den Uniformen auf Pflöcke spießen, um andere abzuschrecken. 64
Stephanie hatte der Kripo L. A. erzählt, dass Manson die Nächte von Freitag, dem 8. August, und Samstag, dem 9. August, mit ihr verbracht hatte. Als ich sie danach fragte, erfuhr ich, dass Manson sie am 8. August nach dem Abendessen auf der Spahn Ranch zum Wohnwagen mitgenommen und ihr gesagt hatte, sie solle sich schlafen legen, er komme auch bald. Doch dann hatte sie ihn erst kurz vor Morgengrauen am nächsten Morgen wiedergesehen, als er sie geweckt und mit zum Devil’s Canyon genommen hatte, dem Camp, das auf der anderen Seite der Straße zur Ranch lag.
Über diese Nacht des 9. August sagte Stephanie: »Als es dunkel wurde, ging er und kam erst entweder irgendwann in der Nacht oder früh am Morgen zurück.«
Falls Manson plante, sich von Stephanie Schram ein Alibi geben zu lassen, waren wir bestens gewappnet.
Am 19. März stellte Hollopeter, Mansons Pflichtverteidiger, zwei Anträge: Es sollte ein psychiatrisches
Weitere Kostenlose Bücher