Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
Sprichwort »Die blasseste Tinte ist besser als das beste Gedächtnis« wollte ich die Geschworenen dazu animieren, sich detaillierte Notizen zu machen, die ihnen bei ihren Beratungen von Nutzen sein könnten.
Ich schloss mit der Bemerkung, dass wir zuversichtlich seien, dass sie, die Laienrichter, sowohl bezüglich der Angeklagten als auch in Hinblick auf das Volk des Bundesstaates Kalifornien den fairen und unparteilichen Prozess gewährleisten würden, den beide verdienten.
Kanarek hatte mich in meinem Eröffnungsplädoyer neunmal mit Einsprüchen unterbrochen, die allesamt abgewiesen wurden. Als ich zum Ende kam, stellte er den Antrag, das gesamte Plädoyer zu streichen oder zumindest die Ungültigkeit des Prozesses wegen schwerer Verfahrensverstöße feststellen zu lassen. Older wies beide Anträge ab. Fitzgerald erklärte der Presse, meine Bemerkungen seien »skurril und beleidigend«, und nannte das Helter-Skelter-Motiv »eine wahrhaft lächerliche Theorie«.
Ich ging davon aus, dass Paul dies in seinem Schlussplädoyer nicht mehr sagen würde.
Die Verteidigung erklärte, ihre Eröffnungsplädoyers nach Abschluss der Beweisaufnahme der Anklage halten zu wollen, und so riefen wir unseren ersten Zeugen, Colonel Paul Tate, auf.
In militärisch aufrechter Haltung trat Sharons Vater in den Zeugenstand und wurde vereidigt. Der 46-Jährige mit dem gepflegten Bart sah jünger aus. Bevor er den Gerichtssaal betrat, war er gründlich durchsucht worden, da das Gerücht ging, er habe geschworen, Manson umzubringen. Obwohl er nur einen kurzen Blick auf die Angeklagten warf und keine merklichen Reaktionen zeigte, ließen ihn die Gerichtsdiener während seiner Anwesenheit im Saal keinen Moment aus den Augen.
Unsere Zeugenvernehmung war kurz. Colonel Tate schilderte seine letzte Begegnung mit Sharon und identifizierte Fotos von seiner Tochter, von Miss Folger, Frykowsky, Sebring und dem Haus am Cielo Drive.
Wilfred Parent, der Colonel Tate in den Zeugenstand folgte, hatte einen Zusammenbruch und weinte, als er ein Foto seines Sohnes Steven sah.
Winifred Chapman, die Haushälterin von Tate, war die Nächste. Ich befragte sie eingehend zu ihrer Putzaktion der zwei Türen. Anschließend ließ ich, um den Geschworenen eine chronologische Abfolge der Geschehnisse zu vermitteln, die Zeugin erzählen, was passiert war, bis sie am Nachmittag des 8. August 1969 das Haus verlassen hatte. Ich wollte sie später noch einmal aufrufen und bitten, ihre Entdeckungen am darauffolgenden Morgen zu beschreiben.
Im Kreuzverhör betonte Fitzgerald, dass sie das Putzen der Tür in Sharons Schlafzimmer erst Monate nach den Morden erwähnt hatte und auch dann nicht gegenüber der Kripo, sondern mir gegenüber.
Hier zeigte sich bereits ein Vorgehen, das uns weiterhin begleiten sollte. Da ich jeden der Zeugen nicht nur einmal, sondern mehrfach befragt hatte, war ich an reichlich Informationen gelangt, die frühere polizeiliche Vernehmungen nicht erbracht hatten. Zwar stammte die Idee ursprünglich von Fitzgerald, doch Kanarek sollte sie so weit fortführen, dass das Ganze zumindest in seinen Augen zu einer ausgewachsenen Verschwörung heranreifte, die Bugliosi angezettelt hatte, um den Beklagten die Morde anzuhängen.
Kanarek stellte Mrs. Chapman nur eine einzige Frage, allerdings eine gute. Ob sie den Angeklagten Charles Manson bis zu ihrem Erscheinen vor Gericht je gesehen habe. Sie verneinte.
Obwohl er erst kürzlich geheiratet und seine Frau nicht gern allein lassen wollte, war William Garretson von seinem Wohnsitz in Lancaster, Ohio, zu dem er nach seiner Entlassung durch die Polizei L. A. zurückgekehrt war, hierhergeflogen. Der ehemalige Hausmeister machte einen ehrlichen, wenn auch ziemlich schüchternen Eindruck. Auch wenn ich beabsichtigte, sowohl Officer Whisenhunt als auch Officer Wolfer aufzurufen – der eine sollte die Lautstärkeeinstellung an Garretsons Stereoanlage auf vier bis fünf bezeugen, der andere die durchgeführten Geräuschtests beschreiben –, so befragte ich doch auch Garretson detailliert nach den Ereignissen in der Mordnacht. Ich hatte den Eindruck, dass die Geschworenen ihm glaubten, dass er keine Schüsse oder Schreie gehört hatte.
Ich fragte Garretson: »Auf welcher Lautstärke stand Ihre Stereoanlage?«
A: »Normal … nicht besonders laut.«
Dies war in meinen Augen der beste Beweis dafür, dass Garretson die Wahrheit sprach. Denn wäre seine Aussage, er habe nichts gehört, eine Lüge gewesen, so
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