Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
sein Fachgebiet waren Drogenfälle. Er merkte sofort, dass es der jungen Frau äußerst schlecht ging, und so fuhr er sie schnellstens in das Queen’s Medical Center, wo man bei ihr eine akute, durch Drogen ausgelöste Psychose diagnostizierte. Der Arzt, der sie untersuchte, erfuhr zwar ihren Namen und ihre Adresse in Los Angeles, doch alles andere ergab wenig Sinn: Ihrer Krankenakte zufolge »sagte die Patientin: ›Rufen Sie Mr. Bogliogi an und sagen Sie ihm, dass ich heute nicht im Sharon-Tate-Prozess aussagen kann. ‹ «
Nach ihrer notfallmedizinischen Versorgung rief das Krankenhaus die Polizei und Barbaras Eltern an. Ihr Vater flog daraufhin nach Hawaii und konnte sie schon am nächsten Tag nach Los Angeles mitnehmen.
Als ich den ersten lückenhaften Bericht von diesem Vorfall erhielt, erklärte ich der Kripo L. A., dass die Verantwortlichen wegen versuchten Mordes festgenommen werden müssten.
Da Barbara Zeugin im Fall Tate war, wurden die Tate-Ermittler Calkins und McGann mit den Nachforschungen betraut.
11. bis 17. September 1970
Obwohl Danny DeCarlo, wie ich wusste, vor Manson Angst hatte, gelang es dem Motorradfahrer recht gut, das im Zeugenstand zu verbergen. Als Charlie und die Mädchen »Donkey Dan« anlächelten, grinste er zurück.
Zunächst befürchtete ich, dass DeCarlo wie zuvor im Beausoleil-Prozess seine Antworten relativieren könnte, doch schon nach wenigen Minuten machte ich mir weniger Sorgen um DeCarlo als vielmehr um Older. Als ich versuchte, mithilfe von DeCarlo das Verhältnis zwischen Manson und Watson anschaulich zu machen, gab Older wiederholt den Einsprüchen der Verteidigung statt. Dasselbe passierte, als es um Mansons Reden beim Abendessen ging, in denen er seine Philosophie über Schwarze und Weiße dargelegt hatte.
Im Richterzimmer machte Older zwei Bemerkungen, die mich vollkommen vor den Kopf stießen. Er fragte: »Wieso ist es wichtig, ob Manson der Anführer war oder nicht?« Und er verlangte einen Beweis für die Bedeutung von Helter Skelter. Es war, als ob Older bis jetzt beim Prozess nicht anwesend gewesen wäre.
Mein Erstaunen über seine Haltung kam in meiner Antwort zum Ausdruck: »Die Beweiserheblichkeit liegt darin, dass er immer gesagt hat, er wolle die Schwarzen gegen die Weißen aufwiegeln. Natürlich ist das nichts weiter als das Motiv für diese Morde. Mehr ist da nicht dran. Darüber hinaus ist es kaum von Interesse.«
Außerdem merkte ich an: »Die Anklage geht davon aus, dass Mr. Manson diese Morde angeordnet hat. Seine Philosophie hat zu diesen Morden geführt. Das Motiv für diese Morde bestand darin, Helter Skelter entfachen zu wollen. Ich halte das für entscheidend und wichtig für das Verfahren.«
Das hohe Gericht: »Ich lege Ihnen, Mr. Bugliosi, nahe, sich in der Mittagspause darüber Gedanken zu machen, wie beweiskräftig das ist, was Sie vorzutragen gedenken. Mir ist klar, dass dies zum Teil durch einen Zeugen und zum Teil durch einen anderen erbracht wird. Das ist nicht ungewöhnlich. Aber bis jetzt kann ich noch keine Verbindung zwischen Mr. Mansons Vorstellungen bezüglich Schwarzen und Weißen und irgendeinem Motiv erkennen.«
In der Mittagspause machte ich mich ans Werk. Falls es mir nicht gelingen sollte, Mansons Machtstellung gegenüber den anderen Angeklagten zu offenbaren, würde ich die Geschworenen nicht davon überzeugen können, dass sie auf seinen Befehl hin getötet hatten. Und wenn Older mich daran hinderte, mithilfe von DeCarlo Mansons Vorstellungen von einem schwarz-weißen Rassenkrieg deutlich zu machen – meine wichtigsten Zeugen zu diesem Punkt, Jakobson, Poston und Watkins, sollten erst noch aufgerufen werden –, dann stand uns das Wasser bis zum Hals.
Als ich ins Richterzimmer zurückkehrte, hatte ich mich mit Grundsatzentscheidungen gewappnet, die sowohl die Zulässigkeit als auch die Erheblichkeit der Zeugenaussage belegten. Doch selbst mit einem langen und leidenschaftlichen Appell konnte ich Older offenbar nicht überzeugen. So verstand er beispielsweise immer noch nicht, inwieweit Watsons Unterwürfigkeit gegenüber Manson erheblich war oder wieso ich mithilfe von DeCarlo deutlich zu machen versuchte, dass Tex eine eher leichtlebige, ziemlich schwache Persönlichkeit war. Erheblich war dies deshalb, weil die Geschworenen für den Fall, dass ich nicht beides nachweisen konnte, annehmen konnten, dass nicht Manson, sondern Watson die Morde angeordnet hatte.
Bugliosi: »Ich glaube, das Gericht kann die
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