Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
beschädigt worden, dass der Schaden in manchen Fällen vielleicht irreparabel sein mag. Ich hoffe es nicht, doch es ist durchaus möglich.«
Leslie Van Houten, argumentierte er vehement, sei resozialisierbar. Man solle sie untersuchen und nicht töten. »Ich bitte Sie nicht, ihr zu vergeben, auch wenn Vergebung eine gottgegebene Tugend ist. Ich bitte Sie vielmehr darum, ihr die Chance zur Sühne zu geben. Sie verdient es zu leben. Was sie getan hat, war nicht die Tat der wahren Leslie. Möge die Leslie von heute sterben – und das wird sie auch, langsam und vielleicht auch unter Schmerzen. Und lassen Sie die Leslie, die sie einmal war, am Leben.«
An keiner Stelle in seinem Plädoyer, das nun folgte, behauptete Paul Fitzgerald auch nur indirekt, dass Manson für das, was Patricia Krenwinkel geschehen war, verantwortlich sei.
»Patricia Krenwinkel ist 23 Jahre alt«, bemerkte Fitzgerald. »Sie hat bei 365 Tagen pro Jahr in 23 Jahren ungefähr 8400 Tage und in etwa 200.000 Stunden gelebt.
Die fraglichen Verbrechen haben im Vergleich mit der gesamten Lebensspanne aber höchstens drei Stunden ausgemacht.
Soll sie nur für diese drei von den ganzen 200.000 Stunden verurteilt werden?«
Kurz bevor das Gericht am 23. März zusammentrat, ging ich zum Wasserspender hinüber. Aus der nahe gelegenen Arrestzelle rief mir Manson ziemlich laut zu: »Falls ich die Todesstrafe bekomme, wird es eine Menge Blutvergießen geben. Denn ich werde das nicht hinnehmen.«
Der Gerichtsdiener und Steve Kay hörten die Bemerkung ebenfalls. Kay stürmte augenblicklich aus dem Gerichtssaal und gab sie an die Presse weiter. Als ich davon erfuhr, bat ich die Reporter, sie nicht abzudrucken. Der Herald Examiner erklärte sich jedoch nicht dazu bereit und brachte die Meldung mit einer fetten Überschrift:
»Mansons Todesdrohung:
Terrorwarnung
bei Todesurteil«.
Zuvor jedoch hatte Richter Older, als er von dem Vorfall erfuhr, bereits beschlossen, nicht erst bis zum Ende der Plädoyers zu warten, sondern die Geschworenen augenblicklich zu isolieren.
In meinem Schlussplädoyer wies ich die Argumente der Verteidigung Punkt für Punkt zurück. So hatte die Gegenseite etwa behauptet, dass Linda ihre Geschichte den Tonbändern von Susan Atkins entnommen habe. Wieso, fragte ich, sollte Linda sich diese Bänder anhören, wenn sie doch in beiden Nächten anwesend war?
Kanarek hatte den Geschworenen vorgeworfen, dass sie sich zu Mördern machen würden, falls sie die Todesurteile fällten. Dies war ein äußerst schwerwiegender Vorwurf. Er belegte seinen Angriff mit dem fünften Gebot: »Du sollst nicht töten.«
Um dies zu entkräften, verwies ich die Geschworenen darauf, dass die meisten Bibelexegeten und Theologen den Originalwortlaut so verstünden: »Du sollst nicht morden«, so stünde es auch in der New English Bibel von 1970.
Die Zehn Gebote, fuhr ich fort, stünden im zweiten Buch Mose in Kapitel 20. Was Kanarek unerwähnt gelassen habe, sei die Tatsache, dass bereits das nächste Kapitel die Todesstrafe autorisiere. Im dritten Buch Mose 21, Vers 12 heißt es: »Wer einen Menschen so schlägt, dass er stirbt, wird mit dem Tod bestraft«, während im Vers 14 desselben Kapitels nachzulesen ist: »Hat einer vorsätzlich gehandelt und seinen Mitbürger aus dem Hinterhalt umgebracht, sollst du ihn von meinem Altar wegholen, damit er stirbt.«
Kanarek hatte behauptet, dass es keinen Machteinfluss gegeben habe. Ergänzend zu sämtlichen Beweisen, die wir im Schuldfindungsverfahren erbracht hatten, bemerkte ich jetzt in der Strafmaßverhandlung an, »die Tatsache, dass Atkins, Krenwinkel und Van Houten die Rolle des Opferlamms übernommen und ihre Beteiligung an diesen Morden zugegeben haben, um anschließend hier im Zeugenstand zu lügen und zu behaupten, Manson sei nicht beteiligt gewesen, beweist schon für sich genommen, wie sehr sie unter Mansons Machteinfluss stehen …« Was nun die übrigen Zeugen der Family wie Squeaky, Sandy und andere betrifft, »so klangen sie im Zeugenstand alle wie eine Schallplatte, die an einer Stelle hängen geblieben ist. Sie alle denken dasselbe, sie verwenden dieselbe Sprache, jede Aussage war nahezu die Kopie der anderen. Sie sind nach wie vor Charles Mansons unterwürfige dienstbare Geister. Sie sind seine ausgeixten Sklaven.«
Im Folgenden behandelte ich das Nachahmermotiv. Ich wollte es vollkommen aus der Welt schaffen, ohne mich jedoch zu lange damit aufzuhalten und ihm dadurch unnötiges Gewicht zu
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