[Henderson_Charles]_Todesfalle-Die_wahre_Geschicht(Bookos.org)
(National Rifle Association), anderen, schon früher ausgeschiedenen Scharfschützen und Angehörigen und Freunden von Teilnehmern, die gerade an der Linie standen, hoch oben auf den Tribünen saßen. Und unter denen, die zusammen mit den höchsten Vertretern der NRA in der Mitte der vordersten Reihe saßen, befand sich auch General Wallace M. Greene Jr., der Kommandeur des Marine Corps.
Ehe die Schützen an der Linie ihre Position einnahmen, hatte Greene das Team des Marine Corps aufgesucht und Hathcock und Sanchez die Hand geschüttelt. »Gehen Sie hin und gewinnen Sie«, sagte er zu dem jungen Corporal und dem Sergeant. »196000 Marines zählen auf Sie.«
Von ganz oben auf der offenen Zuschauertribüne sah Land zu, wie Hathcock Eintragungen in seine Schießkladde machte, an seinem Gewehr entlangvisierte und wieder schrieb. Blaskapellen schmetterten patriotische Marschmusik. Verkaufsstände und Schaubuden rundeten die Jahrmarktatmosphäre ab. Pressefotografen, Reporter und Fernsehteams schwärmten um die vorderste Linie herum, während die Schützen sich anschickten, ihre geduckte Schießhaltung einzunehmen. Land sagte laut zu den umsitzenden Marines: »Ich möchte nur wissen, ob er den Knoten spürt?«
Der Knoten, wie Teilnehmer an Vergleichsschießen es nennen, ist die Verkrampfung, die sich in der Kehle des Scharfschützen aufbaut, wenn der Druck des Wettbewerbs übermächtig wird.
Als Hathcock begann, an der Schützenstandlinie seine Waffe zusammenzubauen, spürte er den Knoten. Die Anspannung war auch schuld an diesem Schmerz in der Magengrube, einem Gefühl, mit dem er auch tags zuvor zu kämpfen gehabt hatte, als er im National Match den Sieg um drei Punkte verfehlte. In diesem Wettbewerb hatte er beim Schießen mit seinem Dienstgewehr auf 200 und 300 Yard (ca. 183-274 m) in Schnell- und Einzelfeuerwettbewerben auf 12-Zoll-ScheibenZentren (ca. 30 cm) und im Einzelfeuerwettbewerb auf 600 Yard (ca. 548 m) auf 12-Zoll-Scheibenzentren gegen Tausende von anderen Scharfschützen eine Silbermedaille gewonnen. Und dabei konnte in den letzten Runden ein Punkt zwischen zwanzig Schützen den Ausschlag geben. Er schaute in seine Kladde und begann sich auf die Anforderungen des heutigen Tages zu konzentrieren. Schließlich war er so vertieft, daß er General Greene und seine 196000 Marines vergessen hatte.
Hathcock blickte die Schießbahn entlang. Zwanzig rote Wimpel säumten in Abständen von hundert Yard (ca. 91 m) die Seiten der Bahn und kräuselten sich im Wind, der quer zur Schußrichtung blies. Hathcock atmete kräftig aus und blickte wieder in seine Kladde mit den Eintragungen aus dem Training und aus der Halbfinalrunde. Er beugte sich über seinen linken Ellbogen, hob das Auge an die hintere Öffnung eines neben ihm auf einem niedrigen Ständer angebrachten Beobachtungsfernrohrs und sah sich die Mirage * an. Die durch sein Fernrohr konzentrierten Schichten von Hitzewellen tanzten und wogten von der linken Seite seines Blickfelds zur rechten, ebenso dem Druck des Windes ausgesetzt, wie es seine Patrone sein würde. »Ich werde vierzehn Strich nach links gehen«, sagte er sich und berechnete dann, wie stark der Wind in einer Flaute sein würde. »Am besten, ich beobachte die Flagge, und wenn sie fällt, schieße ich.«
Er legte sein Gewehr beiseite, drehte den Einstellknopf an der Seite des Zielfernrohrs und zählte mit, wie oft es klickte. Nachdem er die Veränderung in seine Kladde eingetragen
* Luftspiegelung oder Hitzeflimmern, an dem man Stärke und Richtung des Windes erkennen kann. Anm. d. Ü.
hatte, überprüfte er die Lederschlinge und vergewisserte sich, daß sie auf die richtige Länge eingestellt war und genau an der Stelle um seinen Oberarm lag, wo er sie beim Schießen immer trug. Als der Riemen eine Halbschlaufe um seinen Unterarm bildete, schob er seine linke, von einem dicken ledernen Schießhandschuh geschützte Hand am Griffschutz des Gewehrschafts nach oben und drückte sie fest gegen den drehbaren Ring, an dem die Schlinge befestigt war.
Langsam verlagerte Hathcock sein Gewicht auf den linken Ellbogen und begann, den Gewehrkolben fest gegen seine rechte Schulter zu drücken. »Fest muß er sitzen. Nichts darf verrutschen - nicht hier.« Als die Schlinge sich straffte und dehnte, um sich dem festen Druck des Gewehrs an seiner Schulter anzupassen, schnitt ihm der Riemen schmerzhaft in den Oberarm und schnürte ihm in der linken Hand und in den Fingern das Blut ab. Er betrachtete die
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