Hendrikje, vorübergehend erschossen
und golden um ihr schmales Handgelenk schmiegt.
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»Am nächsten Tag hatte ich Geburtstag, ich wurde 34, Quersumme 7, und ich dachte noch: Das kann ja heiter werden.«
»Das war der Tag nach Ihrem Sturz vom Bügelbrett?«, fragt die Palmenberg in der nächsten Sitzung.
»Das war der Tag nach meinem Selbstmordversuch, genau. Ich hatte ein schwarzblaues Auge von dem Sturz auf den Fuß des Bügelbretts,
und ein paar Schrammen im Gesicht, also, ich sah ganz schön verprügelt aus. Als ich ins Café kam und Goebbels mich so sah,
hat sie mich gleich wieder heimgeschickt: So könnte sie mich nicht auf die Gäste loslassen. Und als ich gerade das Café verlassen
wollte, da kam Holger mir entgegen, der wollte mich besuchen, weil er wusste, dass es mein Geburtstag war. Er hat sich erschrocken,
weil ich halt so aussah, wie ich aussah, und ging mit mir in ein anderes Café, und da hab ich ihm alles erzählt, was so passiert
war, und dass ich in der Nacht versucht hatte, mich umzubringen. Holger jedenfalls war ziemlich mitgenommen, als er das hörte,
und sagte: ›Ja, aber das ist ja fürchterlich!‹ Und ich nickte und sagte: ›Ja, Holger, das ist es.‹ Dann fragte Holger mich:
›Ja, aber warum hast du mich denn nicht angerufen?‹ Er war über Weihnachten und Silvester zu Hause bei seinen Eltern in der
Lüneburger Heide gewesen und hatte angefangen
›Väter und Söhne‹
neu zu übersetzen, wieder ohne Auftrag, einfach so, und da wäre es für ihn ein |65| Leichtes gewesen, sagte er, mal schnell nach Hamburg zu kommen, wenn er gewusst hätte, wie schlecht es mir ging. Na ja, irgendwie
hatte ich daran gar nicht gedacht. Jedenfalls entschuldigte er sich, gleich wieder loszumüssen, denn er hatte einen Termin
bei einem Verlag, der sich plötzlich nun doch für seine Neuübersetzung von
›Krieg und Frieden‹
interessierte, aber er versprach, am Abend wieder zu kommen. Das tat er auch, und er hatte die anderen alle zusammengetrommelt,
also Lisa und Ernst, aber der musste natürlich Sophie mitbringen. Ich war sowieso gerade am Kochen, und also hab ich alle
reingelassen und dachte noch, das ist jetzt aber schon nett von Ernst, dass er zu meinem Geburtstag kommt, dann stimmt das
also, als er gesagt hat, er wär mein Kumpel, und dass er Sophie mitbringt, na ja, das würde er früher oder später eh tun,
also dann, warum nicht früher. Und Lisa war auch mitgekommen, vielleicht hatte ihr ja Dieter erzählt, dass nichts gelaufen
war zwischen uns. Jedenfalls hatte Holger allen bereits erzählt, was passiert war. Trotzdem fragte mich Sophie ganz erschrocken,
wer mich denn so zugerichtet hätte, mein schwarzblaues Auge und so. Und ich hab gesagt: ›Na, ich hab doch versucht, mich umzubringen.‹
Lisa legte ihr Pelzcape ab und seufzte: ›In deiner Situation ist das gar keine schlechte Idee.‹ Und sie wirkte überhaupt sehr
erschöpft. Aber Sophie, zart besaitet wie immer, machte einen auf entsetzt und fragte mit aller erdenklichen Erschütterung
in der Stimme: ›Wieso
das
denn?‹ Und ich sagte: ›Na, das hat euch doch Holger schon erzählt, weil halt alles schief geht!‹ Und Ernst pflichtete mir
bei und sagte zu Sophie: ›Wie du siehst, hat nicht mal das geklappt!‹ Und da nickte Sophie sehr einsichtig.
Warum es nicht geklappt hätte, wollte Ernst jetzt wissen, und ich hab gesagt: ›Na, weil der Stek, den ich gebaut hatte und
der sich durch Zugkraft zuziehen sollte, sich durch |66| Zugkraft gelöst hat.‹ Ernst nickte nur, und ausgerechnet Sophie fing nun an, mir gute Ratschläge zu geben. Sie sagte, ich
soll mein Schicksal nicht verdammen, sondern als
Chance
begreifen, und ich dachte: Jetzt knallt sie durch. Und ich sollte mein Karma nicht mit schlechten Gedanken beflecken, sondern
mir eine gute Fee vorstellen, die mir drei Wünsche freistellt, und dann soll ich die Wünsche klar und deutlich formulieren.
Ich dachte, Sophie hat keine Ahnung, aber bitte, drei Wünsche kann sie haben.
›Heilige Scheiße, Sophie‹, hab ich zu ihr gesagt, ›ich will einfach nur genug Zeit haben, meine Bilder zu malen, irgendwo,
wo die Miete bezahlt ist und wo
mir
mal jemand das Essen serviert und wo ein Freund auf mich wartet.‹ Lisa schüttelte abschätzig den Kopf und sagte: ›Du hast
aber auch hohe Ansprüche.‹ Da hat tatsächlich Ernst eingegriffen und gesagt: ›Jetzt komm, Lisa, sie hat’s echt nicht leicht.
Oma tot, Bilder verbrannt, Offenbarungseid, Freund weg –
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