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Hengstgeflüster (German Edition)

Hengstgeflüster (German Edition)

Titel: Hengstgeflüster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Levi
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und schneller auf dem inneren Hinterfuß wendete und dann wie von Geiserhand zum Stillstand kam. Ein Raunen ging durch die Reihen zahlreicher Zuschauer und Pferdekenner. Wer war diese Könnerin der hohen Kunst des Westernreitens? Sie kam aus dem Nichts, völlig unangekündigt. Wo hatte sie die letzten Jahre bloß gesteckt?
    Das gewaltige, ungewöhnlich gezeichnete Tier versetzte sein gesamtes Gewicht auf seine Hinterhand. Die Muskeln dort traten hart hervor, optisch unterstützt durch das geölte Fell. Mit unbändiger, aber kontrollierter Kraft erhob sich seine Vorderhand und der Hengst startete in einen immer schneller werdenden, zum Schluss hin rasanten Galopp. Wie festgenagelt saß seine Reiterin im Sattel. Plötzlich bremste er stark ab, wendete in einer perfekten Drehung auf seiner Hinterhand, vollführte eine punktgenaue Wendung – scheinbar allein und doch zu zweit.
    Wäre man dort unten, wäre man ein Teil dieses eingespielten Teams Mensch und Pferd würde man wissen, dass die beiden in permanenter Zwiesprache waren: Mental, als auch durch nicht wahrnehmbare Hilfengebung. Sie kannten sich so gut, ja, kannten die Reaktionen des anderen blind. Sie hatten sich ein Leben lang gesucht und schlussendlich gefunden.
    Ein Uneingeweihter, ja, ein schier bedauernswerter Mensch, welcher noch nie mit diesen wunderbaren Tieren ernsthaft gearbeitet hatte - niemand, der sich nicht einmal im Leben solch einem erhabenen und stolzen Tier geöffnet hatte, ihm seine Seele und sein Leben anvertraut hatte, würde das je begreifen. Erst diese scheinbar gottgegebene Verbundenheit ließ einen Menschen derart aus sich herauswachsen, an seine Grenzen gehen und die Liebe erfahren. Reine Liebe. Pures Leben. Vollkommenes Vertrauen und erweitertes Bewusstsein. Wie bedauerlich doch jene Menschen waren, die sich dieses Wunders nicht würdig erwiesen. Liebe und Vollkommenheit. So einfach war die Sache. So klar und zweifellos.
     
    Hinter der Bühne, im Zuschauerraum der Crew, stand ein kleines Grüppchen von Leuten. Gebannt starrten sie auf den Hengst und seine Reiterin.
    Ein Mädchen kaute nervös an ihren Fingernägeln. Sie war ein bezaubernder Anblick. Hübsch und von der Sonne geküsst stand sie da, hoch aufgerichtet und selbstbewusst, kaum wieder zu erkennen. An ihrer Hand hielt das Mädchen einen Mann. Über seinen himmelblauen Augen lag ein besorgter Schatten und er war kreidebleich in seinem attraktiv-herben Gesicht. Er quetschte der Kleinen fast die Hand ab.
    „Dad“, seufzte Lori und befreite sich aus seiner schmerzhaften Umklammerung, „sie macht das schon.“
    „Um Bell mach ich mir auch keine so großen Sorgen, aber um Tango“, sagte Chris gepresst und ließ das Duo dabei nicht aus den Augen.
    „Sie vertraut Tango“, meinte Lori ohne Zweifel, „deshalb wird er sich auch benehmen.“
    „Oh, madonna mia….“ Wie ein Blitz wieselte die agile Nona mit einem Tablett dampfender Kaffeebecher heran. „No, no“, jammerte sie und rang die Hände, „ich werde es versäumen. Mein Mädchen mit ihrem Diavolo.“
    Sie verteilte Kaffee. Lori bekam einen Becher Kakao.
    „Bekomme ich etwa keinen?“, schnarrte eine kratzige Stimme von der linken hinteren Ecke des Raumes. Karlee hatte sich vor der kleinen Leinwand niedergelassen und verfolgte von dort aus Bells Darbietung.
    „Zuerst schleppt ihr mich in dieses ewig stinkende Nest hier, dann hockt ihr mich irgendwo ab und keiner kümmert sich mehr um mich“, murrte sie, ein klein wenig beleidigt. Eine Frau, die es ein Leben lang gewohnt war, im Mittelpunkt zu stehen. Doch keiner ließ sich mehr von ihr täuschen. Sie wussten, Karlee Karsson war eine durch und durch anständige Person – auf ihre sehr individuelle Art und Weise. Man durfte eben nicht zimperlich sein im Umgang mit ihr. Karlee wartete genauso fiebernd - das würde sie jedoch niemals zugeben – auf die Entscheidung des Preisrichters.
    Die Signora hielt ihr einen Becher entgegen und erinnerte sie mahnend. „Karlee, du hast dich selber hierher eingeflogen. Wir haben dir ja gesagt, du sollst zu Hause bleiben.“
    Karlee schnaubte. „Und den ganzen Spaß hier versäumen? Niemals!“
    Nona lächelte liebevoll.
    „Außerdem“, sagte Karlee als müsse sie sich rechtfertigen, „hat Chris gemeint, ich solle mitkommen, damit Bell nicht die ganze Zeit mit ihm streitet, sondern mit mir“, endete sie mit stolzgefärbter Brust.
    Die Signora schüttelte den Kopf. Aus dieser vielschichtigen Frau wurde man nie so richtig schlau.

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