Hengstgeflüster (German Edition)
zwischen Hafenarbeiter und Waschweib einpendeln würde“, wurde diese nun von der resoluten Nona zurechtgewiesen, „anstatt uns mit dem Slang eines Zuhälters zu beehren.“
Karlee fauchte beleidigt, sagte aber dann nichts mehr.
„Also mein Junge, du kannst mir alles erzählen…!“ Nona beugte sich nach vor und fasste, wie bei einem katholischen Bibelkreis, die Hände der beiden Männer, sodass Karlee beinah erwartete, über Nonas Haupt einen Heiligenschein zu entdecken.
Ricky druckste herum.
„Nun mach schon“, herrschte Karlee, welcher nach und nach ihr ohnehin sehr dünner Geduldsfaden riss.
„Ich hab´ da ein paar Aufträge angenommen….“
Alle Augenpaare waren auf Ricky gerichtet, der sich merklich schwer tat bei seiner Enthüllung. „Alles harmloses Zeugs … und schon irre lange her“, versuchte er, sich rauszureden.
„Wer es glaubt wird selig“, wetterte Karlee voller Überzeugung.
„Wer sind sie eigentlich, ein wandelnder Lügendetektor?“, murrte Ricky.
„Diavolo“, flüsterte Nona.
Karlee verdrehte die Augen.
„Also, ich hab da ein paar Aufträge angenommen, nichts besonderes, aber ich brauchte das Geld.“
Lens raufte sich seine blonde Wallemähne.
„Und dann hab´ ich lange Zeit nichts von denen gehört, aber vor einer Woche kamen einige Handlanger und verlangten, dass ich in ihrem Auftrag die Brände lege….“ Verzweiflung mischte sich in Rickys Stimme. „Schau mich nicht so an, Nona, bitte…“, bemerkte er ihren enttäuschten Blick, „ich hab mich geweigert und jetzt hab´ ich sie am Hals. Finstere Typen, die mir was antun wollen, weil ich mehr weiß, als mir lieb´ ist.“
„Ich glaube, wir haben sie abgehängt“, schloss Lens.
„Ihr glaubt…?“, wisperte die Signora.
„Naja, es wäre möglich, dass sie uns bereits auf den Fersen sind“, meinte Ricky kleinlaut.
Heiliger Herrgott im Himmel! Nun war Karlee diejenige, die sich bekreuzigte.
In der Zwischenzeit war es dunkel geworden in Lucca. Nona fühlte sich unwohl, sie hatte ein ganz komisches Gefühl. Eine Vorahnung. Verstohlen musterte sie Karlee, die im Schein des Lagerfeuers saß und noch älter ausschaute, als sie in Wirklichkeit war.
„Hast du nichts Besseres zu tun, als mich anzustarren?“, attackierte Karlee die Signora.
„Nun ja, mir ist gerade klar geworden, dass, wenn wir heute sterben“, damit meinte Nona die Sache mit der Mafia, „du eine der letzten Menschen bist, die ich zu Gesicht bekomme.“ Gerade wollte sie die Arme heben…
„Hör endlich auf, dich zu bekreuzigen, Herrgott noch mal!“
Missmutig schaute die Signora zu Karlee … und … Nein! Was sah sie denn da? War das etwa ein verletzter Ausdruck?
Sie konnte sich ja täuschen, da dieser gleich wieder verschwunden war. Ersetzt durch Gehässigkeit.
„Warum bist du so?“ Nona konnte den Vorwurf in ihrer Stimme nicht verbergen.
„Was geht dich das an?“, konterte Karlee mit einer Gegenfrage.
„Du willst meinem Jungen wehtun.“ Damit meinte sie Chris. Sie sah Karlee nun herausfordernd in die Augen. Das werde ich niemals - nie und nimmer - zulassen, bedeutete dieser Blick.
Karlee wusste es. Sie machte sich nichts daraus. Die Leute glaubten sowieso alle das Schlimmste von ihr, wieso sollte sie ihnen diese Illusion zerstören? Es war wirklich leichter für ihr ungezügeltes Temperament, den Miesmuffel zu spielen.
„Ja, das willst du jedermann weismachen“, entgegnete die Signora dann und ließ Karlee dabei nicht aus den Augen.
Diese kniff erstaunt den Mund zusammen.
„Aber, weißt du was? Das nehme ich dir nicht ab!“, sagte Nona überzeugt. „Willst du wissen, was ich glaube?“
Eine ungemütliche Pause entstand.
Da Karlee nichts erwiderte, sprach Nona einfach weiter: „Ich glaube, du langweilst dich…“, Nona atmete tief durch, „und vor allem glaube ich, dass du einsam bist….“
„Wie wär’s, wenn du den zwei Turteltäubchen dort drüben ein Schlaflied singst?“ Karlee schüttelte sich angeekelt.
„Warum bist du nach Buti gekommen?“ Nona ließ nicht locker.
„Wenn du so weitermachst“, knurrte Mrs. Miesepeter, „wäre es mir lieber, die Mafia würde heute noch auftauchen.“
„So einfach wirst du nicht davonkommen…“, prophezeite eine gespenstische Signora und nun war Karlee es, welcher der kalte Schweiß auf der Stirn stand.
In Lucca war die Nacht hereingebrochen. Von der Flammenhölle war hier nichts zu spüren, doch Nona fand keine Ruhe. Die Ungewissheit über die
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