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Hengstgeflüster (German Edition)

Hengstgeflüster (German Edition)

Titel: Hengstgeflüster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexis Levi
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Herz setzte einen verwirrenden Schlag aus. Ja, Natalia war seine Bestimmung. Nichts hatte ihn darauf vorbereitet. Auf diese Süße. Auf das Gefühl der Befreiung. So heftig hatte er sich gewehrt und sich doch so sehr danach gesehnt. Ihre Zungen trafen sich in der Mitte ihrer beiden Münder und begannen den Tanz der Leidenschaft, so viel reifer und doch so zart wie ein frisch geschlüpfter Schmetterling. Seine kurzen Bartstoppeln zerkratzten ihre zarte Haut. Ihre Nerven flatterten. Sie fühlte sich wie ein Teenager. Ach, wie herrlich aufregend. Unter ihren bebenden Händen spürte sie den kräftigen Körper eines Mannes, der sein ganzes Leben lang hart gearbeitet hatte. Er war sehr schlank und sehnig. Sein Bauch war noch immer flach und hart. Sie betrachtete sein gebräuntes, herbes Gesicht und heiße Erregung erfasste sie.
    Chrispin unterbrach ihren berauschenden Kuss und berührte ihr zartes Schlüsselbein. Seine Augen waren ganz dunkel vor Ekstase. Er hauchte ihr einen zarten Kuss in die empfindliche Kuhle ihres Halses. Sie bemerkte sein Bedauern, als er ihr eine gute Nacht wünschte und Natalia hinter ihm die Tür versperrte. Sicherheitshalber natürlich.
     
    Am nächsten Morgen streckte Chrispin ermartert seine Glieder. Noch lange war er wach gelegen und hatte Schäfchen gezählt, um wieder etwas Blut ins Gehirn zu bekommen.
    Was hatte er sich nur dabei gedacht Natalia zu küssen? Er war doch kein gottverdammter Teenager mehr! Die Hitze schoss ihm in die Lenden, als er an ihre weiche Haut und ihren betörend weiblichen Duft dachte. Als er den großen Frühstücksraum betrat, strich Natalia Lori gerade ein Honigbrot.
    „Darf ich heute den Turm von Babel raufgehn´?“, fragte Lori gerade mit schier überschwänglichem Tatendrang, als Chrispin sich näherte. Er brach in lautes Gelächter aus.
    Natalia grinste. „Schätzchen, wir können einen Turm besteigen, doch du wirst mit dem Turm von Pisa vorlieb nehmen müssen.“
    Natalia warf Chrispin ein scheues Lächeln zu, das er wie ein Volltrottel erwiderte. Er konnte einfach nicht anders.
    Natalia besuchte mit Lori den Dom von Pisa und sie gelangten schließlich auch auf den Schiefen Turm. Allerdings mit zwei Stunden Wartezeit, da immer nur zwanzig Personen auf einmal den Turm betreten durften, vermutlich um zu verhindern, dass dieser umkippte.
    Chrispin verweigerte standhaft, sie zu begleiten und deutete dabei mit einer lächerlich schmerzhaften Grimasse auf sein Gipsbein. Dann machte er es sich auf der großen, gepflegten Rasenfläche zwischen dem Dom und dem Turm bequem, auf dem sich auch unzählige andere Menschen aller Herren Länder und Kulturen ausruhten, rauchten und Karten spielten oder einfach nur den Kopf in den Nacken legten um die vorbeiziehenden Wolken zu beobachten.
    Es war ein herrlicher Tag.
    Chrispin lehnte sich zurück und schloss die Augen. Vögelchen zwitscherten und er atmete frische Luft in seine Lungen, als ihn ein unbestimmtes Gefühl der Schwerelosigkeit erfasste. Seine Glieder wurden bleiern und seine Seele schien seinen Körper zu verlassen. Unfähig, die Wirklichkeit wahrzunehmen, sah er die Welt voller schillernder Farben in einem endlosen Regenbogen erstrahlen. Gerade fragte er sich, was wohl diese Mentalreise zu bedeuten hatte, als der Schiefe Turm krachend zusammenbrach. Der Ältere schrie angsterfüllt auf und schoss in die Höhe. Neben ihm eilten fremde Menschen in alle Richtungen davon, um nicht mit dem Verrückten in Berührung zu kommen. Auf dem Boden der Tatsachen angekommen raufte er sich entgeistert die Haare. Mit einem schnellen Blick nach links vergewisserte er sich. Gott sei Dank, dachte er mit rasendem Herzen, der Turm hing immer noch genauso schief da wie zuvor. Es wurde Zeit, dass er wieder nach Hause kam. Das Zusammensein mit dieser weiblichen Versuchung brachte schon die sonderbarsten Halluzinationen mit sich. Er würde noch seinen Verstand verlieren. Er war ein gläubiger Mann, tief verwurzelt mit der Kultur seines Volkes, der Cree Indianer. Besonders die Traumdeutung stellte einen großen Teil ihrer Gefühlswelt dar.
    Träume waren wichtig, sie zeigten den weiteren Gang der Dinge. Als ein Mann voller Gegensätze glaubte er sehr wohl an Botschaften. Auch, wenn dies mit dem Lebensgefühl des Cowboys kaum zu vereinen war. Er wusste, allzu reale Tagträume waren wie das Amen im Gebet. Einzigartig und von großer Aussagekraft. Sein Großvater würde ihm sagen, dass der Zusammensturz des Turms nur den Bruch mit der

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