Henker-Beichte
geschaffen.
Von dem schwarzen Chrysler und den beiden Afrikanern hatte ich bisher nichts gesehen. Sie waren und blieben verschwunden, als hätte sie der Erdboden verschluckt.
Da dies nicht der Fall war, ging ich davon aus, daß sie Alet-les-Bains längst erreicht hatten. Einmal kam uns ein Wagen entgegen, in dem zwei Männer saßen. Ich hatte zwar nur einen flüchtigen Blick auf das Fahrzeug werfen können, glaubte aber, die beiden erkannt zu haben. Sie gehörten zu der Gruppe der Templer, die der Abbé um sich versammelt hatte. Ich überlegte und kam zu dem Schluß, daß sie mich möglicherweise suchten. Sie würden Pech haben. Wenn sie mich nicht fanden, konnten sie sich ihre eigenen Gedanken machen.
Als ich nach rechts schaute, fiel mir die Felskette auf, die sich wie ein mächtiger Block aus der Landschaft abhob und eine gewisse Ähnlichkeit mit manchen Stellen in den Dolomiten aufwies. Die Felsen kannte ich, denn dort befand sich auch die Kathedrale der Angst, die schmale Schlucht zwischen den beiden Wänden.
Ich schickte einen stummen Gruß zu dem dort liegenden silbernen Skelett des Hector de Valois und fühlte mich besser, denn von hier aus war es nicht mehr weit bis zum Ziel.
Hinter mir lärmten die beiden ›coolen‹ Typen. Ich hörte Papier knistern, und dann hatten sie sich meinen Kopf als Zielscheibe ausgesucht. Die beiden älteren Frauen im Hintergrund waren verstummt.
Wenn ich mich recht erinnerte, konnten die jungen Kerle nicht älter als achtzehn sein, aber sie waren mit den Gehirnen von Kindern ausgestattet. Ich kümmerte mich nicht um sie, was ihnen auch nicht recht war, denn einer von ihnen stand auf und kam auf mich zu, was ich an dem durch den Mittelgang wandernden Schatten erkannte.
Neben meinem Sitz blieb er stehen. »He du!«
»Was ist?«
»Da liegt was auf dem Boden.«
»Bitte?«
Der Knabe zog den Mund in die Breite. »Papier.«
»Stimmt, das sehe ich.«
»Klasse, Mann. Heb es auf!«
»Ich habe es dort nicht hingeworfen.«
»Wer dann?«
»Du – oder dein Freund.«
Auf diese Antwort hatte er gewartet. Seine Hände schössen plötzlich vor, er zerrte mich aus dem Sitz hoch, und mein Kopf schien durch diese heftige Bewegung in Stücke zu fliegen. Vielleicht sah ich auch deshalb rot und hämmerte dem ›coolen‹ Typ die Faust dicht über der Gürtelschnalle in den Leib, daß der Knabe grün wurde und zusammenbrach. Mit einem Tritt beförderte ich ihn weiter im Gang zurück, wo sein Kollege aufgesprungen war.
»Willst du auch was?« fragte ich ihn.
Er starrte mich eine Weile an, dann schüttelte er den Kopf.
»Aber ich will, daß du das Papier aufhebst, und alles andere auch noch.«
»Ja, ja, Monsieur!« riefen die beiden Frauen synchron. »So ist es richtig. Zeigen Sie den Leuten mal, daß nicht alles geht. Ihnen gehört die Welt nicht allein.«
Der zweite Kerl zog das stöhnende Bündel weiter zurück, damit er freie Bahn hatte. Plötzlich kam auch der Fahrer. Ich hatte nicht bemerkt, daß wir angehalten hatten.
»Gut gemacht!« lobte er mich. »Diese Arschgeigen verstehen eben keine andere Sprache.«
»Was traurig ist.«
»Ja, aber so ist die Welt nun mal.«
Da hatte er recht. Oder auch nicht, denn nicht alle jungen Leute waren so.
Wir setzten die Fahrt fort. Da ich die Gegend kannte, wußte ich, daß nach der nächsten großen Kurve der Ort Alet-les-Bains vor uns liegen mußte.
In der Tat konnte ich in die Mulde oder den kleinen Talkessel hineinschauen, wo sich die Häuser zusammendrängten. Weiter oben an den Hängen standen die neueren Bauten, die Bungalows der Fremden, die hin und wieder den Urlaub hier verbrachten.
Als die nächste Haltestelle in Sicht kam, war der Boden sauber. Ich stieg als erster aus, der Fahrer bedankte sich bei mir, und ich gab den Dank zurück.
Ich befand mich bereits in Alet-les-Bains, wo ich fast wie zu Hause war.
Ich brauchte auch nicht weit zu gehen, um das Haus der Templer zu erreichen, was natürlich wichtig für mich war. Absolute Priorität jedoch hatten für mich die beiden Afrikaner und natürlich deren Auto. Der Chrysler konnte sich nicht in Luft aufgelöst haben. Er mußte hier irgendwo abgestellt worden sein, vorausgesetzt, sie hatten ihn nicht vor dem Ort in ein Versteck gefahren.
In der Nähe befand sich ein alter Brunnen, der längst kein Wasser mehr führte. Er stand auf einem kleinen Platz, eine alte Eiche wuchs dort, und die untergehende Sonne warf einen rötlichen Schein auf Platz, Baum und Brunnen.
Es waren
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