Henker-Beichte
etwas wie eine Bestätigung.
Meine Hand näherte sich der Waffe, aber jemand anderer hatte die Bewegung bereits gesehen.
»Laß sie stecken, Mann! Du wärst sonst tot!«
Der Typ hatte nur flüsternd gesprochen. Es hatte für mich ausgereicht, um zu erkennen, wen ich mir da als Gegner ausgesucht hatte.
Drack – ausgerechnet Drack, der Leibwächter, die Kampfmaschine aus dem Schwarzen Erdteil oder wie auch immer. Ich blieb gelassen und drehte den Kopf nach links.
In dem teilzerstörten Gewächshaus war es nicht finster. Aber es herrschte auch ein ungewöhnliches Licht, denn das schwächer werdende Tageslicht wurde von den schmutzigen Fenstern des Gewächshauses noch gefiltert.
Drack mußte geduckt auf mich gewartet haben. Das war nun vorbei, denn er hatte sich in die Höhe geschoben und stand vor mir wie eine gefährliche Gestalt, die etwas in den Händen hielt, auf dem sich Lichtschimmer spiegelten.
Ich wußte sofort, daß es seine Maschinenpistole war und sah ein, wie mies meine Chancen waren. Mit dem Inhalt des Magazins konnte er gleich mehrere Menschen töten, wenn er nur richtig streute.
Als er lächelte, schimmerten seine weißen Zahnreihen. Nur traute ich dem Lächeln nicht, und das zu Recht, denn seine Worte bestätigten mich. Die Stimme hatte einen etwas singenden Klang, der mir erst jetzt richtig auffiel.
»Du hättest dich an unsere Warnung halten sollen, Meister. Wir haben es ernst gemeint. Es war kein Spaß. Wir haben dir sogar eine Chance geben wollen. Warum hast du sie nicht genutzt?«
»Weil es meine Pflicht ist, Menschen vor dem Tod zu retten!« Welch ein Pathos, dachte ich, aber irgendwo stimmte es. Diese Verpflichtung hatte ich übernommen.
»Einen hundertfachen Mörder?«
»Ja!«
»Was ist das für eine Logik? Erkläre sie mir, bevor auch du sterben wirst.«
Den letzten Teil der Antwort wischte ich zunächst zur Seite. »Mit meiner Antwort habe ich nicht sagen wollen, daß ich diese Dinge gutheiße, das auf keinen Fall, aber damals herrschten in dem Land der Diktatur und Tyrannei andere Gesetze. Wir können diesen Henker leider nicht vor Gericht stellen, dann müßten eine Menge Politiker und Präsidenten abgeurteilt werden, aber auch Cresson ist ein Mensch, und wie jeder Mensch hat er ein Recht auf sein Leben, mag es zuvor auch noch so schlimm gewesen sein.«
»Er selbst hat nie an das Recht der anderen gedacht.«
»Das weiß ich.«
»Dann müßtest du auf unserer Seite stehen.«
»Er wird es büßen!«
Drack mußte einfach lachen. »Wie soll er es büßen? Willst du mir das auch erzählen?«
»Das werde ich. Er wird es durch sein Gewissen büßen. Er wird nie mehr in seinem Leben Ruhe finden, das kann ich dir versichern. Ich denke, es sollte Bestrafung genug sein. Ich habe ihn leiden sehen, er macht sich wirklich Gedanken. Er quält sich, seine Träume sind unvorstellbar schlimm, und er wird irgendwann seine Strafe finden, aber nicht durch Okuba.«
»Du hast recht, Okuba selbst wird ihn nicht töten. Er hat nur das Beil mitgebracht. Cresson wird das gleiche Elend erleben, wie es seinen zahlreichen Opfern widerfahren ist. Er wird vor Angst vergehen, dann erst wird er vernichtet.«
»Okuba beherrscht das Beil?«
»Ja und nein.«
»Wer noch?«
Drack kam einen kleinen Schritt näher. Er summte dabei, wurde wieder still und sprach weiter. »Cresson beging einen Fehler, als er Okubas Vater tötete. Einen mächtigen Medizinmann, der unserem Präsidenten ein Dorn im Auge war. Die Macht des Magiers mußte begrenzt werden. Erst sollte er nicht getötet werden, denn wer einen Zauberer und Magier tötet, den trifft der Fluch. So steht es bei uns geschrieben, aber der Medizinmann gab nicht auf. Er hetzte weiter. Er wollte den Umsturz. Da konnte der Präsident nicht anders. Er mußte handeln und ließ den Zauberer gefangennehmen. In der Gefangenschaft noch versuchte der Herrscher persönlich, den Mann von seinen Absichten abzubringen, aber er zeigte keine Einsicht. Noch in der Gefangenschaft belegte er den Präsidenten mit einem der schlimmsten Flüche. Das war sein endgültiges Todesurteil. Man holte den Henker. Und auch Cresson wurde verflucht. Ihm wurde gesagt, daß der Körper getötet werden konnte, aber nicht der Geist. Ein Geist hat Zeit, ein Geist kann warten, ein Geist vergißt die Sache nie, auch wenn es nach menschlichen Maßstäben Jahre dauert. Cresson hatte den Geist nicht töten können, nur den Körper, und er hatte auch vergessen, daß der Medizinmann einen Sohn hatte,
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