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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Räuberbande gehalten hätten. Leider sei ihnen der Fremde entkommen, erzählten sie, doch zuvor hätten sie einen Blick auf sein entstelltes Gesicht erhascht. Die Begegnung habe in der Nähe des Dorfes Eningen stattgefunden, der Mann sei in Richtung Reutlingen geflohen.
    Sie waren ihm also dicht auf den Fersen. Eberhard von Säckingen nippte an dem Wein und schob dann angewidert den Becher weg. »Habt ihr nichts Besseres als dieses ekelerregende Gesöff? Damit habt ihr wohl schon die Töpfe gespült?«
    Die Magd grinste ihn keck an. »Wenn Ihr etwas Besseres wollt, Herr, müsst Ihr es im ›Alten Fuhrknecht‹ versuchen. Dort hilft man Euch bestimmt weiter!«
    Die Männer in der Schankstube grölten, was darauf schließen ließ, dass der »Alte Fuhrknecht« eine noch schäbigere Absteige war.
    »Wenn euer Wein schon nichts taugt, dann bringt mir Bier!«, rief von Säckingen. »Und hüte deine Zunge, Mädchen, sonst schneide ich sie dir heraus.« Mit einer geschmeidigen Bewegung zog er sein Messer aus der Scheide und rammte es in den Tisch.
    Die Magd trippelte geschwind wie eine Maus davon. Als sie kurz darauf mit dem Bier wiederkam, griff von Säckingen nach ihrem Arm. »Du hast ein ziemlich loses Maul, Metze. Das kannst du mit denen da vielleicht machen.« Er deutete auf die übrigen Gäste. »Aber nicht mit mir. Verstanden?«
    Das Mädchen nickte verschreckt. Sie hatte ein schmales, von der Hitze des Schankraums gerötetes Gesicht und ebenso rotes Haar, das sie offen trug. Wie das Mädchen auf dem verlassenen Fronhof. Mechthild, so hatte die Alte sie genannt. Eine seltsame Magd war das gewesen, in einem Kleid, das für die harte Arbeit auf einem Fronhof nichts taugte. Auch ihre Sprache war nicht die einer Bauernmagd gewesen.
    Von Säckingen hätte schwören können, dass er das Mädchen schon einmal irgendwo gesehen hatte. Doch wo? Er war nie zuvor in dieser Gegend gewesen. Aber vielleicht war sie ja gar keine Magd, und vielleicht stammte sie genauso wenig von hier wie er selbst. Hatte sie vielleicht früher in einem Frauenhaus gearbeitet? War sie ihm dort schon einmal über den Weg gelaufen? Unmöglich, da hätte sie nicht einfach so weggehen und ein neues Leben anfangen können. Außerdem würde er sich an eine Hure von solcher Schönheit ganz bestimmt erinnern.
    »Weg mit dir!« Ärgerlich stieß von Säckingen die Magd von sich und nahm einen Schluck Bier. Er hatte schon viel zu viele Gedanken an diese dumme Bauernmetze verschwendet. Er warf ein paar Münzen auf den Tisch und stand auf. Im Uracher Frauenhaus würde er bestimmt rasch auf andere Gedanken kommen. Und wenn seine Lenden erst abgekühlt waren, würde er ein paar Stunden schlafen, um bereit zu sein für seine Begegnung mit Dietrich. Dieser Versager würde für den Ärger teuer bezahlen, den von Säckingen sich seinetwegen eingehandelt hatte.
***
    Melisande war bereits vor Sonnenaufgang wach. Von Säckingen ging ihr nicht aus dem Kopf, immer wieder war sie aufgewacht und hatte seinen Blick auf sich gespürt, diese Mischung aus Geilheit und Verwirrung. Dieser Mann war nicht weniger gefährlich als de Bruce.
    Sie stand auf, sprach ihr Morgengebet, wusch sich und schnallte sich den Korb mit dem ledernen Riemen auf den Rücken. Der Tag versprach sommerlich heiß zu werden. Noch hing weißer Dunst über den brachliegenden Feldern und über den Wipfeln des nahen Waldes, doch in der Luft lag schon die schwere Süße großer Hitze. Hermann hatte Melisande am Abend aufgetragen, Eichenrinde zu sammeln, die er zum Gerben der Felle brauchte.
    »Meinetwegen darf es auch Tannenrinde sein, wenn du nicht genug Eichen findest«, hatte er ihr erklärt. »Die taugt auch gut für die Lohe. Du kannst doch die unterschiedlichen Bäume auseinanderhalten, oder?«
    »Ja, Herr.«
    Hermann hatte wie immer grimmig dreingeschaut, aber sie wusste, dass er sie in dem Moment ins Herz geschlossen hatte, als sie ihn daran gehindert hatte, auf von Säckingen loszugehen.
    »Und sieh zu, dass die Männer des Markvogts dich nicht sehen. Die sind schnell dabei, jemanden des Waldfrevels zu beschuldigen, auch wenn er nur die Rinde umgestürzter Bäume mitnimmt.«
    »Ja, Herr«, hatte Melisande wiederholt. Sie wusste, dass er etwas ganz anderes fürchtete. Eine junge Frau allein im Wald war vielerlei Gefahren ausgesetzt. »Ich gebe auf mich Acht«, hatte sie versichert, und es war ihr ernst gewesen.
    Hermann hatte verstohlen ihre Schulter getätschelt, bevor er sich abgewandt hatte. Ida waren

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