Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
Vom Netzwerk:
sein – dagegen ein Waisenknabe war.«
    »Was für ein Narbengesicht?«
    »Ein Mann mit einer hässlichen Narbe, die sein Antlitz spaltet, als wäre der Blitz hineingefahren. Ich habe ihn ein paarmal hier in der Stadt gesehen. Kein sehr freundlicher Zeitgenosse, wenn Ihr mich fragt, Herr.«
    Sempach rieb sich das Kinn. Das musste der Mann sein, den der Ulmer Richter in seinem Brief erwähnt hatte. Der Unbekannte, der Benedikt Rengerts Mörder gedungen hatte. Doch aus welchem Grund suchte der Hauptmann von Ottmar de Bruce nach ihm? Hatte der Graf ebenfalls eine Rechnung mit diesem Verbrecher zu begleichen?
    »Ihr habt Arbeit für mich, Herr?«, fragte Petter.
    »Dort auf dem Tisch liegt ein Schreiben an den Reutlinger Weinhändler Wendel Füger. Es soll unverzüglich überbracht werden.«
    In Petters Gesicht zuckte es kurz. Sempach sah, wie sich unzählige Fragen hinter der Stirn des Boten formten, doch der verneigte sich nur und griff nach dem Brief. »Habt Ihr sonst noch einen Auftrag für mich?«
    »Hört Euch in Reutlingen um. Und versucht, mehr über dieses Narbengesicht herauszufinden. Ich will wissen, was da los ist.« Sempach warf Petter eine Münze zu.
    Nachdem der Bote gegangen war, ließ Sempach sich auf einen Stuhl fallen und rieb sich die Schläfen. Irgendwo im Haus lärmten seine Töchter, vermutlich stritten sie wieder einmal um irgendwelche Haarbänder oder Kleider. Dumme Gänse, die nur Geld kosteten. Warum nur hatte ihm das Schicksal einen Sohn verweigert? Der könnte ihm jetzt wunderbar zur Hand gehen.
    Sempach starrte auf die hölzernen Dielen. Noch vor einer Woche hatte alles so gut für ihn ausgesehen. Er hatte Melchior in der Hand gehabt, kurz davor gestanden, ein äußerst lukratives Geschäft mit dem Henkersbürschchen aufzuziehen. Ein Geschäft, bei dem er viel Geld verdienen und zugleich seinen Neigungen hätte frönen können. Er hatte eine einflussreiche Position im Rat besessen, war auf dem besten Wege gewesen, Johann Remser ins Amt nachzufolgen. Und was war davon übrig? Melchior war spurlos verschwunden, das Geschäft geplatzt, er selbst zum Sündenbock des Esslinger Rates degradiert. Es wurde Zeit, dass er das Ruder wieder herumriss. Er musste beweisen, dass er schlauer war als die anderen.
***
    Wendel biss die Zähne zusammen. Die Schmerzen in den Füßen wollten nicht nachlassen, doch er hatte vor, seinem Vater aufrecht gegenüberzutreten. Als er erfahren hatte, dass Antonius nicht nur schwer bestraft worden war, sondern auch seine Anstellung verlieren sollte, hatte Wendel um eine Unterredung gebeten. Unerträglich war ihm der Gedanke, dass ein anderer für seine Fehler büßen sollte.
    »Antonius trifft keine Schuld«, sagte er mit fester Stimme. »Ich habe ihn gegen seinen Willen heimgeschickt.«
    Erhard Füger stieß einen ärgerlichen Laut aus. »Antonius war auf meine Anweisung bei dir. Er sollte mir gehorchen, nicht dir.«
    »Bitte, Vater. Du hast ihn streng genug bestraft.« Wendel krümmte sich bei dem Gedanken an die Prügel, die sein Leibwächter bezogen hatte. »Gib ihm die Gelegenheit, seine Nachlässigkeit wiedergutzumachen.«
    »Was hängst du nur so an dem Burschen? Ich kann dir ein Dutzend neue Leibwächter besorgen, und das werde ich auch tun. Noch einmal sollst du nicht in eine solche Lage geraten. Du hast mächtige Feinde, mein Sohn.«
    Damit hatte sein Vater ins Schwarze getroffen, aber Wendel wollte nicht von morgens bis abends von fremden Leuten umgeben sein. »Vater, ich brauche kein Dutzend Leibwächter, einer genügt voll und ganz. Antonius ist ein guter Mann, das weißt du selbst. Er nimmt es allein mit dreien auf. Ich möchte ihn, weil ich ihm das schuldig bin. Ich habe ihm eingebrockt, dass er dein Vertrauen verloren hat, also ist es meine Pflicht, bei dir ein gutes Wort für ihn einzulegen.«
    »Du bist ein verdammter Sturkopf, Wendel«, brummte Erhard, schon weniger verärgert. »Und setz dich endlich. Du musst nicht den Helden spielen, ich sehe doch, was für Schmerzen du hast.«
    Wendel wollte protestieren. »Ich –«
    »Keine Widerworte. Setz dich!«
    Gehorsam humpelte Wendel zum Tisch und ließ sich auf der Bank nieder.
    Sein Vater nahm ihm gegenüber Platz und ergriff seine Hände. »Ich bin so froh, dass du hier bist, dass du lebst und nicht am Galgen baumelst«, sagte er leise.
    »Noch ist es nicht ausgestanden, Vater. Die Esslinger werden das nicht auf sich beruhen lassen.«
    »Sie werden nicht an dich herankommen, mein Junge.«
    »Aber ich

Weitere Kostenlose Bücher