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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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seine Frau beim Arm. »Und jetzt lassen wir den Jungen in Ruhe. Er ist immer noch schwach. Geh in die Küche, und sorg dafür, dass man ihm eine heiße Brühe bringt.«
    Katherina sprang auf. »Natürlich. Armer Wendel, du hast ja seit gestern Morgen nichts zu dir genommen. Sicherlich bist du völlig ausgehungert. Ich kümmere mich gleich darum. Eine Brühe und ein heißer Würzwein. Das sollte deine Lebensgeister wieder wecken.« Sie ging zur Tür. »Und während ich fort bin, könnt ihr Männer die Dinge besprechen, die uns Weiber nichts angehen.« Sie zwinkerte Wendel zu und verschwand aus dem Zimmer.
    Die Tür hatte sich kaum hinter ihr geschlossen, als Erhard seinen Sohn streng ansah. »Wir waren uns doch einig, was die Vermählung mit Engellin Urban angeht, oder?«
    »Natürlich, Vater«, sagte Wendel. Obwohl er sich alle Mühe gab, laut zu sprechen, brachte er nicht viel mehr als ein Krächzen zustande. »Doch ich weiß nicht, ob es zu diesem Zeitpunkt klug ist, eine Ehe einzugehen.«
    Erhard zog die Augenbrauen hoch.
    »Wenn Ottmar de Bruce es tatsächlich auf mich abgesehen hat, dann ist auch meine Braut in Gefahr.«
    »Du glaubst doch nicht, dass dieser Teufel dir hier in Reutlingen etwas antun kann? Das würde er nicht wagen. In einer freien Reichsstadt einen angesehenen Bürger anzugreifen – so tollkühn ist nicht einmal er.«
    »Weißt du das sicher, Vater?«
    Erhard kniff die Lippen zusammen. »Deine Mutter freut sich so sehr auf diese Vermählung. Was sollen wir ihr erzählen? Und vor allem: Wie lange soll das so gehen?«
    »Lassen wir ein wenig Gras über die Sache wachsen. Ich möchte erst wieder ganz gesund sein. Dann werde ich mit Freuden Engellin heiraten und ihr ein guter Gemahl sein.« Wendel unterdrückte ein Seufzen. Er musste Zeit gewinnen. Auch wenn er noch nicht wusste, wie er es anstellen sollte, er würde die Wahrheit herausbekommen und de Bruce zu Fall bringen. Erst wenn der Graf ihm nicht mehr gefährlich werden konnte, würde er Ruhe finden. Gut, dass sein Vater nicht ahnte, was er vorhatte – er würde ihn in Ketten legen und ihm zwanzig Ritter zum Schutz an die Seite stellen.
    Erhard Füger trat dicht an das Bett und nahm Wendels Hände in die seinen. »Gut, mein Junge. Das ist vernünftig. Aber bleib in der Stadt, und lass Antonius niemals von deiner Seite weichen.« Er legte Wendels Hände zurück auf die Decke. »Ich finde schon einen Weg, deiner Mutter klarzumachen, dass es mit der Hochzeit noch ein wenig dauern wird. Auch den alten Urban werde ich wohl noch etwas hinhalten können. Er hat sicherlich Verständnis dafür, dass der Bräutigam seiner Tochter erst wieder ganz genesen muss.«
    Wendel drückte die Hände seines Vaters, so fest er konnte. »Ich bin so froh, wieder bei euch zu sein.« Er ließ sich auf sein Kissen fallen. Aber ruhig schlafen werde ich erst wie der, wenn ich weiß, warum de Bruce mich so abgrundtief hasst.
***
    Seit einer Woche quälte sich Sempach schon mit seinem launischen Magen herum, und das Leiden wollte kein Ende nehmen. Eins seiner Gewänder, das ihm gut gepasst hatte, musste er jetzt mit einem Gürtel festzurren, und doch sah es so aus, als trüge er einen Sack. Eine Schande war das, schließlich hatte allein der Stoff ein kleines Vermögen gekostet.
    Es war Dienstag, zwei Tage vor Johannis. Sempach drückte die Schultern nach hinten und nahm Haltung an, bevor er auf die Straße trat. Heute war ein wichtiger Tag: Der Mörder von Benedikt Rengert wurde hingerichtet.
    Sommerhitze lag über der Stadt, auf den Straßen herrschte Festtagsstimmung. Überall boten Händler Leckereien und Getränke an. Gaukler versuchten den braven Bürgern ein paar Heller aus dem Beutel zu entlocken, indem sie vor dem großen Spektakel mit Späßen und Schabernack das Volk bei Laune hielten, während die Beutelschneider so manchen Leichtsinnigen ohne dessen Einverständnis um sein Geld erleichterten.
    Auf dem Marktplatz war die Gerichtstribüne aufgebaut. Sempach nahm zusammen mit den übrigen Richtern und Ratsherren seinen Platz ein.
    »Seid gegrüßt«, rief Remser jovial.
    Sempach hätte ihm gern mit einem gezielten Fausthieb das breite Grinsen aus dem Gesicht geschlagen, doch er rang sich ein herablassendes Lächeln ab und ließ sich zwischen Henner Langkoop und Gerold von Türkheim nieder.
    Wenig später führten die Henkersknechte den Gefangenen Simon Brecht vor. Er steckte im Joch und stank nach Kot und faulem Gemüse, mit dem die Gaffer ihn auf dem Weg vom

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