Henkerin
Aussehen, obwohl er der Ansicht war, dass sie blass und kränklich wirkte.
»Erweist mir die Ehre, mein Gast zu sein, verehrter Graf«, sagte de Bruce und deutete in Richtung des Palas. »Und für Eure Männer soll ebenfalls gesorgt sein.«
Ulrich hob die Hand. »Habt Dank, Ottmar de Bruce. Doch ich kann Eure Einladung nicht annehmen. Kein Höflichkeitsbesuch führt mich hierher, sondern ein ernstes Anliegen.« Ulrich schaute sich kurz um und stellte fest, dass seine Männer alle strategisch wichtigen Punkte der Burg besetzt hatten.
De Bruce, der sich schon abgewandt hatte, um vorauszugehen, hielt abrupt inne. Langsam drehte er sich um. »Was für ein Anliegen, Graf?«, fragte er lauernd.
Ulrich streckte den Arm aus und ließ sich von seinem Schreiber ein Pergament reichen, die Anklageschrift, die er in aller Eile hatte aufsetzen lassen. Umständlich entrollte er es. »Graf Ottmar de Bruce, Ihr werdet beschuldigt, Wein, den Ihr erwerbt, in Eurem Keller mit Goldglätte zu verschneiden, um ihm künstliche Süße zu verleihen und ihn von höherer Qualität erscheinen zu lassen, als er ist, und diesen verschnittenen Wein dann zu überteuerten Preisen zu verkaufen.« Ulrich machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Unter anderem auch an mich.«
Einen Augenblick lang sagte niemand etwas. Dann brüllte de Bruce los. »Infame Lügen! Alles Lügen! Sagt mir auf der Stelle, wer das behauptet, und ich schlage dem Lügenmaul eigenhändig den Kopf ab!«
De Bruce griff nach seinem Schwert. Der Hauptmann und vier seiner Männer aber waren schneller. Schon hatten sie ihre Schwerter gezogen und den Grafen der Adlerburg umstellt.
De Bruce nahm die Hand vom Schwert, trat einen Schritt zurück und sah Graf Ulrich an. »Mein Wein hat Euch immer gemundet, Graf. Hattet Ihr je Grund zur Klage?«
»Ihr könnt von Glück reden, de Bruce, dass ich gesund bin wie ein Fisch im Wasser«, erwiderte Ulrich. »Anscheinend hat mein Mundschenk nur die unverschnittenen Weine serviert. Allerdings liegt einer meiner Ritter, Reinhard von Traunstein und Hofberg, seit ein paar Tagen mit Krämpfen danieder. Der Medicus sagt, es muss eine Bleivergiftung sein. Goldglätte besteht aus Blei. Und Traunstein hat Eurem Wein immer sehr zugesprochen. Auch einige andere Männer klagen über dieselben Beschwerden.«
De Bruce lachte auf. »Ist er es etwa, der mich beschuldigt? Ihr wollt ihm doch nicht etwa mehr Glauben schenken als mir? Traunstein ist ein Betrüger. Wusstet Ihr, dass er in Eurem Namen Geschäfte macht und den Gewinn für sich einstreicht? Bestimmt hat er Angst, dass ich ihn verrate, deshalb hat er sich diese haltlosen Beschuldigungen gegen mich ausgedacht.«
»Ihr täuscht Euch, de Bruce«, erwiderte Ulrich gelassen. »Traunstein hat nichts damit zu tun. Es hilft Euch also wenig, den Mann zu beschuldigen.« Er winkte seinen Soldaten. »Genug der Worte sind gewechselt, jetzt sollen Taten folgen. Weist meinen Männern den Weg in Euren Weinkeller. Und vergesst nicht, die Kammer aufzuschließen, die sich an seinem Ende befindet.«
De Bruce wurde blass. Für einen Moment sah es so aus, als wolle er Ulrich angreifen, doch dann reichte er einem der Soldaten einen Schlüssel von seinem Gürtel und deutete wortlos auf eine Tür.
Es dauerte nicht lange, bis die Soldaten zurückkehrten und berichteten, was sie gefunden hatten. Graf Ulrich ließ es sich nicht nehmen, den Keller und die Kammer daraufhin selbst zu begutachten. Er schritt alles ab, ließ die verräterischen Tiegel einsammeln, alle Fässer beschlagnahmen und erklärte seinen Hauptmann bis auf weiteres zum Verwalter der Burg.
»Und ihm«, er wies auf de Bruce, »ihm legt Eisen an. Auch wenn er von edler Geburt ist, so hat er sich doch durch seine Schandtaten so erniedrigt, dass er nicht besser behandelt werden sollte als ein gemeiner Verbrecher.«
Othilia warf sich schluchzend in den Staub, als ihr Gatte auf einen Schimmel gesetzt wurde, doch niemand schenkte ihr Beachtung. De Bruce selbst ließ die demütigende Prozedur über sich ergehen, ohne mit der Wimper zu zucken. Sein Blick wanderte zu den Hütten der Handwerker und blieb bei der Schmiede hängen, wo ein Lehrbursche wortlos zusah, wie man seinen Herrn abführte.
»Wohin bringt Ihr ihn, Graf?«, wimmerte Othilia, die sich erhoben hatte und sich mit ihrem Ärmel die Tränen aus dem Gesicht fortwischte.
»Nach Urach, gnädige Frau«, erwiderte Graf Ulrich. »Ihm wird in Urach der Prozess gemacht, dort, wo er den vergifteten Wein
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