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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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standen gut, dass der Kopf des Burggrafen Ottmar de Bruce noch heute auf einem Pfahl vor den Toren der Stadt aufgespießt werden würde.
    Auf einer kleineren Seitentribüne saßen die Gäste von Rang und Namen, reiche Bürger und die Oberhäupter einiger adliger Familien aus der Gegend. Dort hatten auch Wendel und sein Vater Platz genommen. Melisande konnte sehen, dass Wendel nicht bei der Sache war. Seine Augen glitten unruhig über die Menschenmenge, und sie wusste, dass er Merten suchte. Sie hatte ihn noch einige Male nach ihr rufen hören, nachdem sie sich fortgeschlichen hatte, und es hatte ihr fast das Herz gebrochen. Er würde seinen Merten nie wiedersehen.
    Ein Raunen ging durch die Menge. Graf Ulrich III. trat auf die Tribüne. Dem Anlass entsprechend war er in prunkvolle Samtgewänder gehüllt, die ihn als Herrn und Inhaber des Blutgerichts auswiesen. Zum Zeichen des Amtes, das er heute ausführen sollte, trug er zusätzlich eine rote Samtkappe und hielt einen reich verzierten Richterstab in der Rechten. Links von ihm ließen sich sieben nicht weniger prachtvoll gewandete Männer nieder, alles Grafen, mit denen gemeinsam er heute das Urteil fällen würde. Schließlich durfte ein Edelmann wie Ottmar de Bruce nur von seinesgleichen gerichtet werden. Zu Ulrichs Rechten saß der Schreiber. Melisande selbst stand etwas abseits hinter ihm, an einem Platz, der ihr einen guten Blick auf das Geschehen bot.
    An einem Stand, an dem es Gebäck und heißen Würzwein zu kaufen gab, entdeckte Melisande einige von de Bruce’ Rittern. Sie waren unbewaffnet, wie es das Gesetz verlangte, doch Melisande war sicher, dass jeder von ihnen zumindest einen Dolch im Schaft seines Stiefels verborgen hatte. So wie sie selbst. Unter den Rittern war auch Eberhard von Säckingen, de Bruce’ Hauptmann, der damals mit seinen Männern so rücksichtslos den Fronhof durchsucht hatte. In Reutlingen hatte Melisande erfahren, dass er es gewesen war, der die Brandstifter festgesetzt hatte, und dass er noch tagelang in den Wäldern nach der Magd Mechthild gesucht hatte.
    Sie fragte sich, was für ein Interesse der Ritter an ihr haben mochte. Für ein flüchtiges Vergnügen mit einer einfachen Magd hätte er ihr wohl kaum so lange nachgespürt. Der Gedanke, dass es auch nach de Bruce’ Hinrichtung jemanden geben würde, der nach ihr suchte, machte ihr Angst. Es bestand keinerlei Aussicht darauf, dass de Bruce’ Getreue ebenfalls vor Gericht kommen würden. Der Graf hatte ein umfangreiches Geständnis abgelegt und alle Schuld auf sich genommen. Er allein habe einen Schlüssel zu der Kammer besessen und eigenhändig den Wein mit der Goldglätte versetzt. Niemand sonst habe davon gewusst.
    Es hatte Melisande erstaunt, dass ein Mann, dem das Leben anderer nichts wert war, einen solchen Ehrenkodex besaß, wenn es um seine Männer ging. Nun aber begriff sie, was das bedeutete. Sie waren alle hier. Ein schrecklicher Verdacht keimte auf. Würden diese Männer tatsächlich tatenlos zusehen, wie ihr Herr zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde?
    Unruhig blickte sie sich um. Wenn es einen Plan gab, de Bruce in letzter Sekunde zu retten, mussten weitere Männer bereitstehen. Sie entdeckte niemanden, der verdächtig wirkte. Allerdings sah sie ein anderes Gesicht in der Menge, das sie von irgendwoher kannte. Sie hätte schwören können, dass sie das magere Antlitz und das strähnige mausgraue Haar schon gesehen hatte, doch es fiel ihr nicht ein, wo.
    Der Bursche sah zu ihr herüber, und sie erstarrte.
***
    Petter kratzte sich am Kopf. Irgendetwas störte ihn, doch er konnte es nicht greifen. Eben hatte Graf Ulrich höchstselbst mit feierlichen Worten den Prozess eröffnet. Jetzt wurde de Bruce von zwei Bütteln auf das Podest vor der Tribüne gebracht. Man hatte ihm den Kopf geschoren, die Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden. Doch sein Blick war trotzig und herausfordernd wie eh und je.
    Petter leckte sich nervös über die Lippen. Diesen Mann wollte er nicht zum Feind haben, nicht einmal jetzt, wo er seinem Todesurteil entgegenschritt.
    Der Richter verlas die Anklageschrift und forderte de Bruce auf, sein Geständnis zu wiederholen. Mit einem Mal wurde es totenstill auf dem Marktplatz. Alle warteten darauf, dass etwas geschah, dass der Graf leugnete, dass seine Männer, die Petter bei einem Weinstand in der Ecke entdeckt hatte, eingriffen und ihn befreiten. Nichts dergleichen passierte.
    »Ich, Graf Ottmar de Bruce, bekenne mich schuldig, im

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