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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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Meister Wendel. Blau kleidet Euch vortrefflich. Die Farbe betont Euer dunkles Haar und Eure schlanke Gestalt.«
    Wendel war sicher, dass Meister Hellich bei jeder anderen Farbe das Gleiche gesagt hätte, doch es störte ihn nicht. Er wollte diese langweilige Prozedur lediglich so rasch wie möglich hinter sich bringen.
***
    Graf Ulrich III. faltete das Pergament auf, las und fluchte leise. Dann rief er nach dem Hauptmann seiner Leibgarde und gab ihm einige kurze Anweisungen. Er trat ans Fenster, und seine Laune verfinsterte sich noch mehr. Schwere schwarze Wolken hingen tief am Himmel, der Regen, den sie verhießen, war bisher ausgeblieben, doch das konnte sich jederzeit ändern, denn es war Michaelis, der vorletzte Tag im September, und um diese Zeit regnete es immer viel. Er überschlug kurz die Wegstrecke und beschloss, unverzüglich aufzubrechen. Den Hauptmann hatte er angewiesen, fünf seiner besten Ritter als Vorhut auf die Adlerburg zu senden, um Ottmar de Bruce davon in Kenntnis zu setzen, dass er in Kürze eintreffen werde. Den Grund dafür würde der Graf erfahren, wenn er vor ihm stand. Gut, dass er gerade in Urach weilte. Von hier war die Adlerburg nur einen halben mäßig scharfen Tagesritt entfernt.
    Im Hof der Burg Hohenurach hatten sich bereits drei Dutzend Berittene in voller Rüstung und Bewaffnung eingefunden. Ulrich gab dem Hauptmann das Zeichen zum Aufbruch und seinem Pferd die Sporen. Als sie im gestreckten Galopp durch das Ermstal preschten, besserte sich Ulrichs Laune. Der Regen ließ noch immer auf sich warten, gut so, denn auf matschigen Wegen hätten sie nur im Schritt gehen können.
    Nach einer Meile parierte er seinen Wallach durch. Er winkte seinen Hauptmann zu sich. »Ihr sollt den Grund erfahren, warum wir diesen kleinen Ausflug auf die Adlerburg machen, damit Ihr den Ernst der Lage begreift.« Er blickte sich um, bevor er weitersprach. Schweigend ritten die Württembergischen Soldaten hinter ihrem Herrn durch das Tal. Nur das Schlagen der Hufe und ein gelegentliches Schnauben waren zu hören. »Burkhard von Melchingen hat mir einen kleinen Brief geschrieben, in dem er schwere Anschuldigungen gegen de Bruce erhebt.«
    Ulrich wartete auf die Wirkung seiner Worte, aber der Hauptmann reagierte nicht. »Ich zweifle nicht an Burkhards Aufrichtigkeit. Was mich wundert, ist, dass er mir erst jetzt davon Mitteilung macht. Auf dem Grafentag hat er nichts verlauten lassen.«
    Der Hauptmann neigte seinen Kopf, und Ulrich erteilte ihm mit einem Handzeichen das Wort.
    »Womöglich hat er erst vor kurzem die nötigen Beweise gefunden, und da er seine Pilgerfahrt nicht aufschieben konnte, ging er davon aus, dass Ihr Euch darum kümmern würdet.«
    »Klug gedacht. Ihr seid nicht umsonst Hauptmann.« Ulrich lächelte. Männer brauchten von Zeit zu Zeit ein Lob ihres Herrn; sie hatten es genauso nötig wie Geld und Rang. »Die Vorhut wird dafür sorgen, dass de Bruce keinen Verdacht schöpft. Wenn wir auf der Adlerburg einreiten, verteilt Ihr Eure Männer so, dass de Bruce keinerlei Möglichkeit zur Gegenwehr hat. Ich weiß, dass der Graf einen fähigen Hauptmann hat, Eberhard von Säckingen, doch der weilt meines Wissens zurzeit nicht auf der Burg. Das macht die Sache leichter.«
    »Recht so. Sind wir erst im Hof, sitzt de Bruce in seinen eigenen Mauern in der Falle. Ich kenne die Adlerburg, sie ist wohldurchdacht erweitert worden, und müssten wir sie belagern, hätten wir mindestens ein halbes Jahr zu tun.«
    Wenig später erreichte der Trupp das Aichtal. Er durchquerte die Furt bei Aichaha, danach tauchte hinter einer Biegung die Burg auf. Mächtig und uneinnehmbar thronte sie auf dem Felsen. »Wie recht Ihr habt«, sagte Ulrich. »Es wäre kein leichtes Unterfangen, die Burg zu belagern, und ein teures noch dazu.«
    Eine Stunde später ritt Ulrich mit seinem Gefolge über die schmale Zugbrücke auf den Burghof. Eine lange Schlange von Bediensteten stand bereit, um die Gäste zu empfangen, an ihrer Spitze de Bruce in Begleitung seiner Gemahlin Othilia. Der Burgherr schien überrascht, jedoch nicht argwöhnisch, wie Ulrich zufrieden bemerkte. Die Vorhut hatte gute Arbeit geleistet.
    Die üblichen Begrüßungsformeln wurden ausgetauscht, Ulrich saß ab und nippte vorsichtig an dem Wein, den ihm de Bruce eigenhändig einschenkte. Am liebsten hätte er ihn gar nicht angerührt, doch er wollte de Bruce nicht vorwarnen. Er begrüßte Othilia, die übereifrig knickste, und machte ihr Komplimente zu ihrem

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