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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Annas Gesicht huschte ein Lächeln. Sie erhob sich, hantierte mit dem Kuchenblech und schnitt noch ein weiteres Stück ab, das sie ihm, ungeachtet seines Protestes, auf den Teller lud. Florian sah Anna nachdenklich dabei zu, wie sie das kochende Wasser in den Filter goss.
    Langsam zog er das Foto, das er bei Max gefunden hatte, aus der Hosentasche und legte es auf den Tisch. Auf einmal befiel ihn eine tief sitzende Angst davor, was Anna eventuell dazu zu sagen hatte. »Nun setz dich doch endlich«, sagte Florian.
    Sie überhörte seine Aufforderung und widmete sich mit Hingabe dem letzten Aufguss. Die Kaffeemaschine stand, ebenso wie der Wasserkocher, unbenutzt im Schrank, denn Anna war der Meinung, dass ein von Hand aufgegossener Kaffee entschieden besser schmecke als einer, der maschinell gebrüht wurde.
    »Gleich, er ist fast fertig.« Sie blickte über die Schulter zu Florian und brummte: »Schön, dass du da bist, aber ich habe nicht viel Zeit.«
    »Ach Anna, mach doch mal langsam.«
    »Du hast gut reden. Ich habe mir vorgenommen, heute auf dem Dachboden Ordnung zu schaffen. Da sieht es aus, als wären Staubbomben geplatzt. Wo kommt das Zeug eigentlich her?«
    »Tja.« Florian nahm noch ein Mandelblättchen mit dem Finger auf. Er hatte nicht im Mindesten Lust, auch nur einen Gedanken über die Ursachen von Staub zu verschwenden.
    Als der letzte Wassertropfen im Filter versickert war, schenkte Anna beiden ein, setzte sich auf die Küchenbank Florian gegenüber und nahm zufrieden mehrere kleine Schlucke.
    Ihr Blick fiel auf das Foto und Florian beobachtete, wie sie unmerklich zusammenzuckte. Auch hatte er den Eindruck, als ob sie den Blick schneller als nötig wieder abwandte. »Kennst du alle, die auf dem Foto sind?« Er reichte es ihr.
    Anna nahm das Foto in die Hand, legte es aber gleich wieder zurück auf den Tisch. Vage sagte sie: »Mag sein. Ist in jedem Fall schon lange her.«
    Das wollte er als Antwort nicht gelten lassen und hakte nach. »Wie lange arbeitest du jetzt eigentlich schon für uns?«
    »37 Jahre und zwei Monate.« Annas Antwort kam wie aus der Pistole geschossen.
    Florian musste unwillkürlich lachen. »Und wirst hoffentlich noch mal so lange hier sein«, sagte er augenzwinkernd.
    »Dann bin ich längst tot«, brummte Anna.
    »Ach was, so schnell geben wir dich nicht her. Die Perle des Haushalts!«
    Anna errötete. Sie stand auf, nahm den Kaffeefilter aus dem Spülbecken, warf ihn in den Müll und setzte sich wieder. Florian fiel auf, dass ihr dünnes grauweißes Haar heute glatter lag als üblich. Vielleicht wollte sie ihrem Haar zukünftig die Strapazen der jahrzehntelangen Dauerwelle, die sichtbare Spuren hinterlassen hatte, ersparen.
    »Wenn du schon so lange bei uns bist, müsstest du den Mann, der neben meiner Mutter sitzt, doch kennen.« Florian schob ihr das Foto zu.
    Sie nahm es erneut in die Hand und überlegte. »An das Gesicht kann ich mich erinnern, aber der Name fällt mir nicht mehr ein.« Daraufhin legte sie das Foto zurück auf den Tisch. Florian war enttäuscht.
    »Wenn dir der Name nicht mehr einfällt, dann weißt du vielleicht, wo er herkommt oder was er beruflich so gemacht hat?«
    Anna zögerte einen Augenblick, bevor sie sagte: »Er war Chemiker, wenn ich mich richtig erinnere. Promoviert. Glaube, er ging dann nach Kanada.« Sie stand auf und begann, den Tisch abzuräumen.
    Florian beschloss, direkter zu werden. »Wie lange war meine Mutter mit ihm zusammen?«
    Anna, die die Tassen in die Spülmaschine räumte, sah kurz auf. »Ich habe keine Ahnung.«
    Er hatte also richtig vermutet. Seine Mutter hatte ein Verhältnis mit dem Mann gehabt. Nun beschloss er, zum Frontalangriff überzugehen. »Ist der Mann mein Vater?«
    Die Haushälterin schwieg eine Weile, bevor sie endlich sagte: »Das Privatleben deiner Mutter geht mich nichts an.« Sie wandte sich missbilligend ab und wischte das Spülbecken trocken.
    Florian spürte, wie Wut in ihm aufkam. Er schlug mit der Faust auf den Tisch. »Verdammt noch mal! Seit ich denken kann, stoße ich bei dem Thema auf eine Mauer aus Schweigen!«
    Anna sah ihn überrascht an, aber sie erwiderte nichts. Nach einer Weile murmelte sie knapp: »Ich muss jetzt wirklich nach oben.«

     
    Auf dem Dachboden war es kalt und muffig. Florian war Anna stumm gefolgt, er hatte ihr dabei geholfen, das nötige Putzzeug auf den Dachboden zu tragen.
    Anna steuerte zielstrebig auf einen riesigen alten Kleiderschrank zu, der an der Längswand neben alten

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