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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Rückschlüsse auf das Gift zulassen, aber sie sind nicht zwingend vorhanden. Beispiel Zyankali.« Dr. Sinzig hielt in seiner Arbeit inne, sah auf und erklärte: »Hier haftet den Leichen oft ein typischer Bittermandelgeruch an. Es kommt aber auch vor, dass der Geruch nicht vorhanden ist. Bei den meisten Kohlenmonoxidvergiftungen hingegen, also Rauchvergiftungen oder Gasvergiftungen, zum Beispiel hervorgerufen durch Autoabgase, beobachten wir kirschrote Leichenflecken.«
    Das hatte Florian nicht gewusst.
    Dr. Sinzig überlegte, ob er den jungen Mann nicht einfach hinauskomplimentieren sollte, denn er hielt ihn von der Arbeit ab, aber er entschied sich schließlich dagegen, da er ihm sympathisch war. Zudem schien ihm der Tod seines Freundes sehr nahezugehen. Dr. Sinzig sah auf und sagte: »In der Tat scheint mir Max Kilian zu jung für ein plötzliches natürliches Herzversagen, zumal das Herz und alle anderen Organe sehr gesund waren.«
    »Tatsächlich?« Florian stockte der Atem.
    »Ich habe allerdings nichts gefunden, was auf eine unnatürliche Todesursache hinweist. Das Blut, das ich entnommen habe und untersuchen ließ, also unter anderem Blut aus dem Herzen und peripheres Blut aus der oberen Beinvene, ist absolut unauffällig. Kein Hinweis auf eine Vergiftung. Auch keine Kampfspuren, nichts. Ebenso geben Gewebeproben aus den verschiedenen Körperorganen, der Beinmuskulatur sowie sein Gehirngewebe keinerlei Hinweis auf eine unnatürliche Todesursache.«
    Florian fragte sich, ob er sich das wirklich antun müsse, zuzuhören, wie jemand derart unpersönlich über Max’ Körper sprach. Gleichzeitig war ihm klar, dass es kein Zurück gab, denn er durfte das Gespräch mit dem Rechtsmediziner noch nicht beenden, wenn er weiterkommen wollte. Mit der Zunge fuhr er sich über die trockenen Lippen und hakte nach: »Könnte eine mit Frischkäse bestrichene Scheibe Brot den Tod meines Freundes ausgelöst haben?«
    Überrascht sah der Doktor seinen Zuhörer an und ließ die Hände, in denen er zwei sehr filigrane Instrumente hielt, sinken. »Das ist nach unserem jetzigen Kenntnisstand sehr unwahrscheinlich, auch wenn Max Kilian ungefähr eine Dreiviertelstunde vor seinem Tod eine Scheibe Brot aß, das den mit dem Glutamatderivat versetzten Frischkäse enthielt.«
    »Und wenn dem Frischkäse ein Gift hinzugefügt worden wäre? Es gibt doch Gifte, die kaum Geschmack haben, schnell wirksam sind und die sich hervorragend dazu eignen, sie unbemerkt unter Nahrungsmittel zu mischen?«
    Dr. Sinzig sah ihn erstaunt an. »Ja, die gibt es.« Er legte das Besteck beiseite, stützte sich mit der einen Hand auf den Sektionstisch und fuhr sich mit dem Rücken der anderen Hand über das Kinn, so, als wolle er juckende Bartstoppeln kratzen. Nachdenklich sagte er: »Botulinumtoxin zum Beispiel. Eine Substanz, die sich bildet, wenn Nahrungsmittel verdorben sind. Sie kennen das bestimmt, hochgewölbte Dosendeckel bei Wurst- oder Fischkonserven, deren Haltbarkeitsdatum längst überschritten ist. Sie sind ein sicherer Indikator dafür, dass Lebensmittel verdorben und bereits hoch giftig sind. Früher kamen die Menschen noch reihenweise deswegen ins Krankenhaus, inzwischen sind die meisten aber weitgehend aufgeklärt, nehmen entsprechende Produktmerkmale ernst und schmeißen die Sachen weg.« Dr. Sinzig hielt einen Augenblick inne, bevor er weiter sprach. »Botulinumtoxin lässt sich selbstverständlich im Labor als isolierte Substanz herstellen. In Pulverform wäre es hervorragend geeignet, unbemerkt auf Nahrungsmittel aufgebracht zu werden, und je nach Konzentration ginge das tödlich aus.«
    Florian bemerkte, wie eine Gänsehaut seinen Körper entlang kroch. Er war sich sicher, dass sie nicht durch die kühle Temperatur im Sektionssaal hervorgerufen worden war. In diesem Moment entschied er sich, Dr. Sinzig von dem Unbekannten im Sportstudio zu erzählen, denn nur so würde der seinen Verdacht wirklich ernst nehmen. Also berichtete er dem Rechtsmediziner, was er wusste. Er erzählte ihm von Max’ heimlichen Recherchen über Jugendbanden und von seiner Vermutung, dass zwischen den Rechercheergebnissen und den mysteriösen Erkrankungen ein Zusammenhang bestand. Außerdem berichtete er von den dubiosen Telefonanrufen und dem verschwundenen Laptop.
    Dr. Sinzig hörte aufmerksam zu.
    Nachdem Florian geendet und der Rechtsmediziner einen Moment lang nachgedacht hatte, sagte er: »Also gut, gehen wir davon aus, dass Max Kilian mit einer nur schwer

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