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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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oder? Warum eigentlich?« Eddie sah Florian direkt in die Augen.
    »Ich habe ehrlich keine Ahnung«, antwortete Florian. »Auf einmal hieß es, die Interviewpartner aus dem Gesundheitsamt und dem Innenministerium hätten kurzfristig abgesagt.«
    »Seltsam.«
    »Ja, finde ich auch. Andererseits kommt es öfter vor, dass Talkpartner absagen«, gab Florian zu bedenken.
    »Dann wollen wir mal sehen, ob wir genug Stoff für eine Sondersendung zusammenkriegen. Das wäre doch eine super Schlagzeile: Kölner Blick und Diens-Talk retten Menschen in NRW – Krankheitsursache entdeckt !«, sagte Eddie enthusiastisch.
    »Und hoffentlich auch Max’ Todesursache«, dämpfte Florian seine Begeisterung.
    »Ja, hoffentlich auch die«, erwiderte Eddie langsam. »Inzwischen ist übrigens geklärt, dass ein Virus die Krankheit nicht auslöst. Es gibt hierzu heute Abend eine Pressekonferenz.«
    Florian tat so, als sei er erstaunt. Janas unergründliche Wege durch die verschiedensten Datenbanksysteme hatten längst dazu geführt, dass nicht mehr Eddie, sondern Florian der bestinformierte Journalist der Stadt war. Dagegen hatte er ganz und gar nichts einzuwenden.

     

19
    Bevor Florian sich am späten Nachmittag auf den Weg in die Uniklinik machen wollte, fuhr er mit der Bahnlinie 16 nach Rodenkirchen zu seiner Mutter. Von der Haltestelle aus ging er am neu gestalteten Maternusplatz vorbei, der, wie er fand, auch durch die kürzlich erfolgte Modernisierung optisch nicht gewonnen hatte. Der rechteckige Platz war schlicht geblieben, seine Ausstrahlung nüchtern, und Florian vermisste bei der architektonischen Ausführung insgesamt etwas Esprit. Für ihn war der Platz eigentlich nicht viel mehr als eine weitere städtebauliche Schande, und bis heute bedauerte er von ganzem Herzen, dass die wenigen Bäume, die einst hier gestanden hatten, der Neuanlage weichen mussten. Die Bürgerinitiative Kölsche Baumschützer hatte vergeblich für den Erhalt der Bäume gekämpft. An Markttagen ging Florian allerdings immer noch gern hier einkaufen, dann wurde es auf dem Platz lebendig. Von unterschiedlichen Käsesorten über eine Vielfalt an Gemüse, Blumen und Wild aus der Eifel war hier alles zu kriegen. Die meisten Standbesitzer kannten ihn von Kindesbeinen an, und stets freute er sich darüber, wenn Zeit für ein paar nette oder auch frotzelige Worte blieb, außerdem landete in seinem Korb meist die beste Ware.
    Marie-Louise war nicht zu Hause. Sie hatte Regiebesprechung für den TV-Spielfilm, was Florian sehr recht war. So konnte er ungestört mit Anna plaudern. Sie hatte sich sehr über seinen überraschenden Besuch gefreut und ihn gleich in die Küche bugsiert, wo sie sich nun daran machte, ihm einen frischen Kaffee aufzubrühen. Anna setzte den Wasserkessel auf, der zwar alt und aus der Mode war, aber jedem Wasserkocher, der in den vergangenen Jahren den Weg in ihr Revier gefunden hatte, den Rang streitig gemacht hatte. Dann holte sie Florians Lieblingskanne aus dem Schrank, ein weiß-goldenes Stück aus dem Palast der Republik, das er nach dem Fall der Mauer während eines Berlinbesuchs bei einem Trödler entdeckt hatte. Florian war stolz darauf. Immerhin hatte nicht nur der halbe Kreml daraus getrunken, sondern auch alle Vertreter der Ostblockstaaten, die damals freundschaftliche Beziehungen zur DDR unterhielten.
    »Du siehst schmal aus.« Mit diesen Worten, die aus Annas Mund wie ein Vorwurf klangen, schob sie ihm brüsk ein Stück frisch gebackenen Butterkuchen zu und setzte sich ihm gegenüber an den langen Küchentisch aus alter Eiche. Die Küche war so geräumig, dass sie die schweren Holzmöbel auf dem schwarz-weiß gefliesten Fußboden gut vertrug. Die kupfernen Töpfe und Pfannen, die über der Arbeitsplatte an einer Eisenstange hingen, korrespondierten hervorragend mit dem dunkelbraunen Ton des Holzes und strahlten eine Gemütlichkeit aus, der selbst Annas steif gebügelte weiße Schürze nichts anhaben konnte.
    Er biss beherzt in den Kuchen. »Köstlich!« Das war er tatsächlich. Florian konnte nicht widerstehen und nahm sofort einen zweiten Bissen, wobei einige der obenauf liegenden, gebutterten Mandeln, denen ein leichter Zimtgeschmack anhaftete, vom Kuchen rutschten und auf den Teller fielen. Ohne zu zögern, drückte er seinen Zeigefinger hinein und führte ihn vorsichtig zum Mund, darauf bedacht, keine der am Finger klebenden Mandeln zu verlieren. »Ein Gedicht.« Florian leckte den Finger ab und aß mit Genuss weiter.
    Über

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