Henkersmahl
Vorlieben? Gab es etwas, was er besonders gern aß?«
»Er trank für sein Leben gern Milch.«
Noch einer, dachte er und fragte: »Sonst noch etwas?«
»Fällt mir jetzt nichts ein.«
»Schokolade?«, hakte Florian nach.
»Eher nicht. Peter hat immer auf seine Figur geachtet.«
Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er hier eine Spur gefunden hätte, dachte er. »Hatte er ein Faible für Frischkäse?«
»Nicht dass ich wüsste. Quark hat er hin und wieder gern gegessen, Frischkäse jedoch selten, der hatte ihm zu viel Fett.«
»Gab es auf der Party eigentlich Frischkäse auf dem Buffet?«
»Nein, ist ja wohl auch eher was für das Frühstück«, erwiderte Yvonne Kosuczek trocken.
»Auch wahr.« Florian erhob sich. »Falls ich noch eine Frage habe, darf ich Sie dann anrufen?«
Sie richtete ihre blauen Augen auf ihn und sagte lächelnd: »Sie können auch gern vorbeikommen.«
25
Burkhard Weidner stützte den Kopf in die Hände. Er war froh, endlich allein zu sein. Für den Referatsleiter im Mainzer Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium war ein voller Terminkalender zwar nichts Ungewöhnliches, aber die letzten Tage waren mehr als anstrengend gewesen, zumal Weidner fürchtete, dass ihr Wein die Krankheitsfälle auslöste. Inzwischen waren weitere Fälle bekannt geworden. Sie lagen außerhalb der Grenzen von Nordrhein-Westfalen an der Ahr und fielen somit in seinen Verantwortungsbereich. Tim selbst hatte ihn ja darauf aufmerksam gemacht, dass vielleicht mit der Neuentwicklung etwas nicht stimmte. Wenigstens hatte er ihm hoch und heilig versichert, nichts mehr davon an Freunde oder Bekannte weiterzugeben. Burkhard Weidner hoffte, dass sein Sohn sich daran hielt. Vormittags hatte er bereits an zwei Konferenzen teilgenommen. Beide waren kurzfristig anberaumt worden und hatten verhältnismäßig lang gedauert.
In der ersten Konferenz war vom Staatssekretär mitgeteilt worden, dass die 45 Krankheitsfälle, die in Köln und Umgebung einschließlich Rheinland-Pfalz aufgetreten waren, möglicherweise auf den Konsum eines nicht näher bekannten Nahrungsmittels oder einer nicht identifizierten Alkoholsorte zurückgeführt werden konnten. Es bestand der Verdacht, dass der Genuss des unbekannten Lebensmittels darüber hinaus bereits drei Todesopfer gefordert habe. Eine Virusinfektion sei definitiv nicht nachweisbar. Burkhard Weidner spürte, wie sich in Gedanken daran sein Magen zusammenzog. Einen Augenblick lang hielt er die Luft an. Als sein Magen sich wieder entkrampfte, atmete er vorsichtig durch.
Es gab allerdings keinerlei Hinweise darauf, dass das Nahrungsmittel oder der Alkohol bewusst vergiftet worden war, beispielsweise von jemandem, der vom Hersteller eine beträchtliche Geldsumme erpressen wollte.
Da das Ministerium in alle öffentlichen Aktionen wie Pressekonferenzen, die mit den Vorkommnissen in Verbindung standen, involviert war, liefen in den betroffenen Abteilungen die Telefone, Faxe und Computer schon seit Tagen heiß.
Am Ende der Konferenz war in Abstimmung mit den Kollegen aus Nordrhein-Westfalen schließlich die Entscheidung gefallen, dass die Öffentlichkeit von den drei Todesfällen erfahren musste. Die Pressekonferenz war für morgen, Freitag, parallel in Köln und Mainz angesetzt worden. Burkhard Weidners Mitarbeiter bereiteten bereits die Informationen für die Journalisten vor und hatten alle Hände voll mit der Organisation der Veranstaltung zu tun.
Burkhard Weidner ließ das Meeting, das hinter ihm lag, Revue passieren. Bislang waren die meisten Erkrankungen hauptsächlich in Köln aufgetreten, einige wenige im Kölner Umkreis von maximal 40 Kilometern und nun erste Fälle an der Ahr. Im restlichen Teil der Republik war nichts Ungewöhnliches vorgefallen. Noch nicht.
Er ging in Gedanken die zweite Konferenz durch, die ebenso wie die erste fast zwei Stunden gedauert hatte. Es war um den Entwurf eines Papiers gegangen, in dem gefordert wurde, den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zur Ländersache zu machen. Hintergrund war, dass die EU-Kommission die europaweit geltenden Verordnungen für den Anbau, den Im- und Export gentechnisch veränderter Nahrungsmittel lockern wollte. Die Bayern setzten sich bereits dafür ein, dass Gentechnologie zur Länderangelegenheit wurde, aber interessanterweise proklamierten sie bislang als einziges Bundesland eine gentechnikfreie Landwirtschaft.
Das Papier, das er verfassen sollte, beschäftigte Burkhard Weidner schon seit Wochen. Er
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