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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Peter Mallmann gepackt.
    Sie schwieg einen Moment und sagte dann leise: »Wir waren sechs Jahre zusammen, sechs lange Jahre.«
    »Eine kleine Ewigkeit«, bemerkte Florian nachdenklich.
    »Ja.« Yvonne Kosuczeks Augen begannen zu schimmern. Sie griff nach einem Taschentuch, das sie aus der Hose zog und schnäuzte hinein.
    »Und warum habt ihr euch getrennt?« Unversehens war er in die Duzform gerutscht.
    »Es hat einfach nicht mehr funktioniert. Ich war nicht mehr glücklich. Peter hat sich nur noch für seinen Sport interessiert.«
    »Aber das ist doch kein Trennungsgrund«, sagte Florian. »Darüber kann man doch reden.«
    Yvonne Kosuczek sah ihn geradeheraus an. »Sie haben recht. Das Problem war, dass Peter immer mehr trank. Im letzten Jahr war er fast jeden zweiten Tag betrunken, und das konnte ich nicht mehr aushalten.«
    Florian wurde hellhörig. »Hatte er Probleme?«
    »Peter hatte zum Schluss Stress im Studium. Er hat das mit seiner Diplomarbeit nicht auf die Reihe gekriegt.«
    »Was hat er studiert?«
    »Sport.«
    »Davon, dass Alkohol gut für die Kondition sein soll, habe ich noch nichts gehört.« Als Florian die Bemerkung ausgesprochen hatte, kam sie ihm plötzlich sehr spitz und bösartig vor. Sie sah ihn mit leeren Augen an.
    »Entschuldigung, ich habe es nicht so gemeint.« Er schluckte.
    »Ist schon o. k.«, sie nickte und schob ihr Glas, das noch fast voll war, zur Mitte des Tisches.
    Vorsichtig fragte Florian nach. »Was hat Peter getrunken, wenn er getrunken hat?«
    Sie schien einen Augenblick zu überlegen. »Wein. Hin und wieder auch mal einen Gin Tonic oder Campari. Aber in der Regel war es Wein.«
    »Solchen wie diesen hier?« Florian nahm interessiert die Flasche zur Hand, sie war unetikettiert.
    »Zum Beispiel«, Yvonne Kosuczek nickte. »Aber davon hatte er nur ein paar Flaschen. Sie waren ein Geschenk.«
    »Von wem?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wissen Sie, was für ein Wein das ist? Franzose, Deutscher, Italiener?«
    »Ich glaube, er stammt von der Ahr, mehr weiß ich nicht. Keine Ahnung.«
    »Es ist jedenfalls ein ziemlich guter Wein«, sagte Florian. »Und von außergewöhnlicher Farbintensität.« Er stellte die Flasche vorsichtig zurück auf den Tisch, zog einen Kugelschreiber aus seiner Jackentasche und machte sich Notizen.
    »Wie viel Flaschen hat Peter denn am Tag so getrunken?«
    »Ein bis zwei zum Abendessen waren Standard, die hat er fast allein geschafft. Oft hat er aber auch mittags schon angefangen. Wenn er keine Trainerstunden gegeben hat. Denn an diesen Tagen war er immer diszipliniert und nüchtern.«
    »Na immerhin.« Florian spürte, wie sich erneut Mitleid in ihm regte. »Konnte er sich das denn leisten?«
    »Tennis-Trainerstunden sind gut bezahlt. Aber einen Premier Cru konnte er sich davon auch nicht jeden Tag kaufen.« Yvonne Kosuczek schnäuzte wieder in ihr Taschentuch. »Obwohl ich mich von ihm getrennt habe, hat er mir zum Abschied sogar den hier noch geschenkt.« Sie deutete auf den Küchentisch.
    Florian zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Normalerweise streitet man sich bei Trennungen doch eher um den Hausrat, als dass man sich Abschiedsgeschenke macht?«
    »Großzügigkeit war eine seiner bemerkenswertesten Charaktereigenschaften. Bevor ich mich endgültig von ihm trennte, ließ er den Tisch für mich bauen. Birkenholz.«
    »Er ist schön geworden.« Nach einem Moment des Schweigens sagte er: »Er muss Sie wirklich sehr geliebt haben.« Sein Blick fiel auf ihre schmalen Hände, die wieder ruhig in ihrem Schoß lagen.
    »Ja«, antwortete sie und sah zum wiederholten Mal aus dem Fenster, das hinaus auf den Hinterhof führte. Kinderstimmen klangen nach oben.
    »Den Tisch hat ein Schreiner aus Dernau angefertigt«, erklärte Yvonne. Sie deutete auf die Weinflasche. »Ach ja, da fällt es mir auch wieder ein. Ich glaube, der Schreiner hat Peter den Wein geschenkt.«
    Florian sah überrascht auf. »Haben sie seinen Namen und die Adresse?«
    »Ich sehe mal nach.« Sie erhob sich, verließ den Raum und kam kurz darauf mit einem Zettel in der Hand zurück. »Ich habe immer überlegt, ob ich mir von ihm nicht auch noch ein Regal bauen lasse, deswegen habe ich die Adresse aufgehoben.« Florian nahm den Zettel entgegen.
    »Peter hat den Schreiner übrigens auf dem Nippeser Markt kennengelernt, wo er seine Möbel verkauft. Vielleicht brauchen Sie ja auch mal etwas Individuelles.« Sie lächelte ihn an.
    Florian lächelte ebenfalls und fragte: »Hatte Peter irgendwelche andere

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