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Henkersmahl

Henkersmahl

Titel: Henkersmahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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Kosuczek lehnte sich in ihren Sessel zurück. Außer dem Knistern des Weidenrohrs, das durch ihre Bewegung verursacht wurde, war kein Laut zu hören. Florian hatte den Eindruck, als sähe sie etwas blasser aus als noch vor fünf Minuten und als hätten sich die Schatten unter ihren Augen verdunkelt.
    »Woher wissen Sie das alles?«
    »Aus sicheren Quellen.« Nach einer kurzen Phase des Schweigens fragte Florian: »Ist Ihnen an dem Abend, an dem Peter starb, etwas Besonderes aufgefallen?«
    »Er war total schlecht drauf.«
    »Inwiefern?«
    »Eifersüchtig. Ich habe ernsthaft geglaubt, er würde Thomas umbringen.«
    Sie streifte die Asche am Rand des Aschenbechers, der auf dem Tisch stand, ab und erhob sich abrupt. Die Füße des Korbstuhls schabten über den Küchenfußboden und verursachten ein hässliches Geräusch. Florian sah ihr dabei zu, wie sie sich auf die Fußspitzen stellte und eine halb volle Flasche Rotwein und zwei Weingläser aus dem Küchenregal angelte und alles auf den Tisch stellte.
    »Auch etwas?« Sie sah ihn fragend an.
    Florian zögerte. Um diese frühe Stunde Alkohol zu trinken, gehörte normalerweise nicht zu seinen Gepflogenheiten, und mit Alkohol, den er nicht kannte, war er momentan etwas wählerisch. Er fragte sich, ob Yvonne Kosuczek öfter so früh am Morgen zum Glas griff oder ob dies eine Ausnahme war.
    Als hätte sie seine Gedanken gelesen, sagte sie: »Keine Angst, der ist weder giftig noch bin ich Alkoholikerin. Aber das brauche ich jetzt.«
    Florian nickte mitfühlend. Um das Bewusstsein gegenseitigen Einvernehmens zu schaffen, schien es ihm angebracht zu sagen: »Ich glaube, ich könnte auch ein wenig vertragen.«
    Ein Lächeln glitt über Yvonne Kosuczeks Gesicht. Sie schenkte ein, und Florian betrachtete versonnen die auffallend intensiv rubinrote Farbe des Weins, schweigend nahmen beide einen Schluck. Der Wein schmeckte hervorragend, Florian registrierte einen satten Ton von reifen Brombeeren und Kirscharomen. Nachdem sie sich wieder gesetzt hatte, sagte sie: »Ich habe, ehrlich gesagt, gar nicht damit gerechnet, dass Peter auf die Party kommen würde. Ich hatte ihn auch nicht eingeladen, aber irgendwie muss er davon erfahren haben. Er kam gegen elf.« Nach einer kurzen Pause ergänzte sie: »Und er war stockbetrunken.«
    Florian betrachtete ihr Gesicht, das einen resignierten und traurigen Ausdruck hatte, und fragte: »Schon, als er kam?«
    »Ich glaube. Er unterhielt sich mit einer Studienkollegin. Sie hat mir später erzählt, dass er Kreislaufprobleme hatte, Schweißausbrüche, Schwindel und so weiter. Irgendwann ist er Richtung Balkon verschwunden, um frische Luft zu schnappen. Auf dem Weg dorthin muss er mich dabei beobachtet haben, wie ich mit Thomas tanzte. Da ist er dann wohl ausgeflippt. Soviel ich weiß, hat er vorher aber etwas gegessen.«
    »Könnte ihm nicht davon schlecht geworden sein?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Ihm war ja offenbar schon schlecht, als er kam. Aber vielleicht hat es ihm den Rest gegeben. Außerdem hätte es in diesem Fall mehrere meiner Gäste erwischen müssen.«
    Florian nickte. Beide nahmen noch einen Schluck Wein und sahen sich über den Gläserrand hinweg an.
    »Wie kam es nun eigentlich zu dem Streit, das habe ich nach wie vor nicht so ganz verstanden«, hakte er nach und strich eine Strähne seines Haars, die ihm über das Ohr gerutscht war, zurück.
    Yvonne Kosuzcek sagte leise: »Vielleicht habe ich mich beim Tanzen zu provokant bewegt. Jedenfalls hat er Thomas unvermittelt, ohne Vorwarnung, eine Bierflasche übers Gesicht gezogen. Die Wunde musste in derselben Nacht genäht werden.«
    Florian hörte aufmerksam zu.
    »Vielleicht hätte ich das alles verhindern können. Vielleicht wäre das alles nicht passiert, wenn ich an dem Abend mehr Rücksicht auf Peter genommen hätte. Wenn ich nicht so aufreizend mit Thomas getanzt hätte. Vielleicht wäre er dann noch am Leben.«
    Yvonne Kosuczek biss sich auf die Lippen und Florian sagte: »Das glaube ich nicht. Ich bin sicher, Sie trifft keine Schuld. Es gibt andere Ursachen für Peters Tod.«
    »Meinen Sie?«
    »Ja, alles, was ich weiß, spricht dafür.«
    »Wie lange waren Sie eigentlich zusammen, wenn ich fragen darf?« Die Frage hatte zwar keine Relevanz hinsichtlich der Informationen, die er zu erhalten hoffte, um in seiner ganz persönlichen Ermittlungsarbeit weiterzukommen, das war Florian klar, aber ihn hatte ein plötzliches Interesse an Yvonne Kosuczek und ihrer Beziehung zu

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