Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung
war noch größer.
»Sag es«, wiederholte er, sich zurückzuhalten kostete ihn soviel Kraft, daß er am ganzen Leibe zitterte.
»Bryan, ich kann ...«
Er packte sie mit einer Hand am Haar und zog ihren Kopf nach hinten, während er seinen Mund auf den ihren senkte. Als seine Lippen nur noch Zentimeter von ihren entfernt waren, hielt er inne. »Sag es. Bitte, Rachel.«
Rachel sah zu ihm auf. Ihr drohte das Herz in der Brust zu zerspringen. Wie sehr sie ihn liebte! Sie wollte doch nicht nur sich selbst, sondern auch ihn schützen. Sie wollte ihn nicht verletzen. Aber als sie in seine Augen sah, begriff sie, daß sie ihn schon jetzt verletzte. Ihr Schweigen traf ihn im Innersten. Er war ein guter Mann. Er war ein Träumer, und in ihrem Leben war kein Platz mehr für einen Träumer. Aber in ihrem Herzen würde es immer einen Platz für Bryan Hennessy und seine Magie geben.
Tränen traten ihr in die Augen und rannen an ihren Schläfen hinab.
»Ich liebe dich«, flüsterte sie. Sie hob den Kopf, um ihn mit zitternden Lippen zu küssen. »Ich liebe dich.«
Bryan presste sie an seine Brust. Ein Sturm von Gefühlen fegte über ihn hinweg, als er langsam in sie eindrang. Er liebte sie mit allem, was er fühlte - Leidenschaft, Zärtlichkeit, Zorn und Schmerz. Er hielt sie, er küsste sie. Als alles vorüber war, sagte er ihr noch einmal, was er für sie empfand. Und sie klammerte sich an ihn und weinte.
»Seht, meine Kleine, weine nicht«, flüsterte er. Er drückte sie an seine Brust und hauchte Küsse über ihr tränennasses Haar. Dann rollte er sich vorsichtig auf die Seite und hielt sie fest. »Es wird sich alles finden. Du wirst schon sehen.«
Rachel hatte den Kopf auf seine feste Brust gebettet und lächelte traurig. Don't fall in love with a dreamer, hieß es in dem Lied. Aber genau das war ihr passiert. Sie hatte sich in einen Träumer verliebt. Und sie konnte es nicht einmal bereuen. Was Bryan und sie eben geteilt hatten, hätte sie um nichts in der Welt missen mögen. Nur schade, daß das Leben sich nicht an das hielt, was sich Menschen wie Bryan wünschten.
»Alles in Ordnung«, sagte sie und rang sich um seinetwillen ein Lächeln ab. Zärtlich strich sie ihm das Haar aus den Augen. »Du muss t zum Friseur.«
»Wirklich?« murmelte er. Ihn überraschte es immer wieder, wie stark sie war. Sie sah so klein und zerbrechlich aus, aber unter dem reizenden, lieblichen Äußeren lag ein stahlharter Kern, der ihr half, alle Widrigkeiten des Lebens zu meistern. Die Vorstellung, daß diese Härte ihr Leben bald bestimmen und sie für immer zeichnen würde, machte ihn krank. Sie durfte ihr Glück und ihre Träume nicht auf dem Altar der Verantwortung opfern. Wenn er ihr nur zeigen könnte, daß sie den Zauber des Lebens nicht zu missen brauchte, daß Einsamkeit nicht zu der Buße für ihre Sünden gegen Addie gehörte. Wenn er ihr nur zeigen könnte, daß seine Liebe nicht verlöschen würde wie ein Regenbogen im Nebel.
»Ich liebe ein blondes Mägdelein mit Haaren wie goldner Sonnenschein, und sie heißt Rachel«, sang er leise. Gedankenverloren spielte er mit den goldenen Strähnen, die um ihr Gesicht wehten. »Ich liebe sie von Herzen, doch was soll ich tun? Sie - aah!«
Die Schaukel schwang urplötzlich zurück. Instinktiv schloss Bryan die Arme um Rachel und zog sie mit sich in die Tiefe. Er traf mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden auf. Sie schrie überrascht auf und landete auf seiner Brust, so daß ihm der Atem aus den Lungen gepresst wurde.
»Ich habe ja gehört, daß sich bei solchen Gelegenheiten bisweilen die Erde auftut, aber das hier ist einfach lächerlich«, erklärte er hustend und blinzelnd, während er wieder Luft in die Lunge zu bekommen versuchte.
»Hast du dir weh getan?« fragte Rachel. Sie setzte sich auf und zog den Sweater wieder an.
»Abgesehen von meinem Stolz ist nichts verletzt.«
Bryans Blick war fest auf einen Punkt hinter der Bank gerichtete. Er tastete nach seiner Brille, setzte sie auf und starrte in die Dunkelheit. Sein sechster Sinn schlug Alarm.
Erstaunt folgte Rachels Blick seinem. »Hast du jemanden gesehen?«
»Nein«, antwortete Bryan gleichmütig. Die Tatsache, daß er nichts gesehen hatte, war viel bedeutsamer, aber er wusste , daß er damit bei Rachel auf taube Ohren stoßen würde. Er stand auf, zog sich wieder an und reichte Rachel die Hand. »Vermutlich war das ein Zeichen, daß wir zum Haus zurückgehen sollen.«
Rachel sammelte die Weingläser auf, dann
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