Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)
dicke Freunde, weißt du.“
Hannah
grinste. „Du bist der schlechteste Lügner, den ich kenne.“
Ich
grinste ebenfalls. Und zog mein Shirt aus um mir damit die Eiscreme aus dem
Gesicht zu wischen.
Hannah
schien irritiert.
„Was?
Soll ich lieber dein Strickjäckchen nehmen?!“
„Sehr
witzig“, meinte sie trocken.
Als
mein Gesicht wieder einigermaßen eisfrei war, musste ich schlucken. Die
Situation war schon merkwürdig.
Ich
mit nacktem Oberkörper und Hannah in einem engen Top.
Normalerweise
bevorzugte sie Schlappersachen. Das letzte Mal hatte ich so viel von ihr beim
Ball gesehen.
Und
nun begann es auch noch zu regnen. Damit hatte sich unser kleiner Ausflug wohl erledigt.
Hannah
funkelte mich über ihre Brillengläser finster an.
„Du
schaust ja schon wieder!“
„‘tschuldigung.“
Mein Kopf machte eine 90-Grad-Drehung nach links. „Sooo viel gibt’s da auch
wieder nicht zu sehen“, murmelte ich, was mir eine heftige Ohrfeige einbrachte.
Hannah
war ein Mädchen. Natürlich kam mir diese Erkenntnis nicht erst jetzt, aber dies
war einer der Momente, in denen es nur allzu offensichtlich war, dass mein
bester Kumpel nicht nur sehr sensibel war, sondern auch über zwei …
X-Chromosome verfügte. Ich muss zugeben, dass mir leicht warm wurde.
„Du
hast Haare auf der Brust“, kommentierte Hannah.
Ich
drehte meinen Kopf zurück zu ihr.
„Was?
Wenn du meine Brust anschaust, dann darf ich das ja wohl auch! Gleiches Recht
für alle.“
Ich
schaute an mir hinunter, da begann sie mich auszulachen.
„Du
und Haare auf der Brust, das hättest du wohl gern. Da fehlen dir wohl ein paar
männliche Hormone. Du bist glatt wie ein Babypopo!“
„Oh,
du! Na warte!“
Ich
begann sie zu kitzeln. Hannah wand sich japsend hin und her. Sie ist einer
dieser besonders kitzligen Mädchen. Es machte Spaß, sie ein wenig zu trietzen.
Doch natürlich ließ sie sich das nicht zu lange gefallen und startete einen
Gegenangriff.
Ich
muss zugeben, dass ich wohl auch zu der Gruppe besonders kitzeliger Mädchen
dazu zähle, denn es trieb mir die Tränen in die Augen, bis ich um Gnade
winselte.
Wir
hatten lauthals losgelacht, bis der eben genannte Haken aufgetaucht war und uns
mit seinen grauen Augen festnagelte.
Dabei
hatten wir gar nichts getan. Wir waren Freunde, sonst nichts. Doch Jeremy
schien das anders zu sehen.
„Jeremy!“, rief Hannah
entsetzt.
„Hallo
Hannah“, sagte er mechanisch.
„Hey
Jeremy!“, rief ich eine Spur zu freundlich. „Wie geht’s so?“
„Prima.“
Seine Antwort war so kalt, dass es mich fröstelte.
Vorsichtig
wollte ich Hannahs verräterisch aussehenden Träger wieder an seinen Platz
bugsieren, da passierte etwas Seltsames. Ein Ruck ging durch Jeremys Körper.
„Fass
sie nicht an!“, presste er aus seinen Zähnen raus. Seine Augen waren blutunterlaufen.
„Oh
nein!“ Hannah sprang aus dem Wagen raus in den mittlerweile strömenden Regen
auf ihn zu. Sie packte sein Gesicht. „Es ist alles in Ordnung. Da ist nichts
zwischen mir und Henry. Kein Grund sich aufzuregen.“
Das
Wasser tropfte aus ihren Haaren.
Sie
wollte ihn beruhigen, doch Jeremy schlug sie von sich. Hannah flog durch die
Luft und landete auf dem Asphalt.
Gott
sei Dank befanden wir uns auf einer einsamen Landstraße. Keine Zuschauer. Auch
wenn ich wusste, wie robust Hannah trotz ihrer zarten Gestalt war, konnte ich
meinen Schrei nicht zurückhalten. Ich sprang aus meinem Polo und stellte mich
Jeremy in den Weg.
„Sie
hat Recht. Es ist nichts zwischen uns. Und nun beruhig dich.“ Doch meine Worte
hätten genauso gut in der Luft verpuffen können. Der Regen rann meinen
Oberkörper hinunter.
Auch
wenn Vampire nicht frieren, spürte ich eine jähe Kälte um mich. Jeremys Augen,
sonst stahlgrau, schienen auf einmal heller. Wie Eis. Ich hörte, wie seine
Glieder ächzten. Wie seine Knochen sich verbogen. Mit einem elektrisierenden
Geräusch bohrten sich Haare aus seiner Haut. Er… glühte.
Jeremy
produzierte eine solche Hitze, dass sein Körper zu dampfen begann. Krampfend
sank er zu Boden.
Er
schrie. Ob vor Schmerz oder Wut, ich wusste es nicht. Instinktiv wich ich
zurück. Er war längst über den Punkt hinaus, an dem man ihn vielleicht hätte
zurückhalten können.
Auf
allen Vieren kniete er auf der Landstraße, unfähig sich gegen das Aufbäumen
seines Körpers zu wehren. Für einen Moment sah es so aus als wolle er sich übergeben,
doch es war nur Wolfsgeheule, dass sich unter offensichtlichen
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